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# taz.de -- Jugendgewalt in Honduras: Todfeinde wollen friedfertig sein
> Die kriminellen Jugendbanden der Maras kündigen einen Waffenstillstand
> an. Von der Regierung fordern sie Arbeitsplätze, doch die stellt sich
> taub.
Bild: Mitglieder der Gang Barrio 18 im Gefängnis von San Pedro Sula bei ihrer …
SAN SALVADOR taz | Die beiden großen Verbände der Maras genannten
gewalttätigen Jugendbanden von Honduras wollen dem Beispiel ihrer
salvadorianischen Brüder folgen: Am Dienstag kündigten Sprecher der Mara
Salvatrucha und von Barrio 18 im Gefängnis von San Pedro Sula im Nordosten
des Landes an, sie wollten in Zukunft friedfertig sein.
Ein gemeinsamer Auftritt der auf Mord und Totschlag verfeindeten Gruppen
war noch nicht möglich: Ihre maskierten Mitglieder traten in getrennten
Pressekonferenzen auf. Beide Gruppen wurden begleitet von Rómulo Emiliani,
dem Erzbischof von San Pedro Sula, und einem Vertreter der Organisation
Amerikanischer Staaten. Emiliani hatte den Waffenstillstand zwischen den
beiden Mara-Verbänden ausgehandelt.
„Wir wollen arbeiten, wir wollen Frieden mit Gott, wir wollen Frieden mit
der Gesellschaft und mit der Regierung“, sagte der Sprecher der Mara
Salvatrucha, der sich als Marcos vorstellte. Seine vom Erzbischof
angekündigte Entschuldigung formulierte er eher vorsichtig: „Sollten wir
der Gesellschaft je Schaden zugefügt haben, so bitten wir um Verzeihung.“
Maras sind für tausende von Morden verantwortlich. Wie viele genau es sind,
weiß niemand. Honduras ist mit 87 Morden pro 100.000 Einwohner im Jahr das
weltweit gefährlichste Land außerhalb von Kriegsgebieten. Da die meisten
dieser Verbrechen nicht aufgeklärt werden, ist eine Zuordnung zu
Tätergruppen unmöglich.
Die beiden großen Mara-Verbände, denen jeweils mehrere tausend Jugendliche
angehören, liefern sich blutige Kämpfe um die von ihnen beherrschten
Territorien. Dort erpressen sie Schutzgeld von Handwerkern, Händlern und
Firmen – sie selbst nennen das „Kriegssteuer“. Sie beherrschen den
Straßenverkauf von Drogen und arbeiten für örtliche und mexikanische
Kartelle, sie sind in den illegalen Waffenhandel verstrickt und den
organisierten Autodiebstahl und sie verdingen sich als Auftragskiller.
## Arbeitsplätze als Gegenleistung
Das soll jetzt anders werden: „Keine Verbrechen mehr, keine Gewalt auf der
Straße“, versprach Marcos. Als Gegenleistung vom Staat müsse es
Arbeitsplätze geben. Kurz darauf stimmte ihm der Sprecher von Barrio 18 in
der zweiten Pressekonferenz zu: „Dies ist der Beginn eines
Verhandlungsprozesses“, sagte er. „Wenn man uns Arbeit gibt, können wir
weiterreden.“
Die Regierung jedoch spricht noch nicht mit den Maras. Präsident Porfirio
Lobo hatte bereits tags zuvor gesagt, er sei bereit, Erzbischof Emiliani zu
unterstützen. Maras aber will er weiterhin strafrechtlich verfolgen. Die
Mara Salvatrucha und Barrio 18 haben Mitglieder in fast ganz
Zentralamerika, Mexiko und den USA. Groß und stark geworden sind sie in El
Salvador.
Dort ist seit März 2012 ein Waffenstillstand zwischen den beiden Verbänden
in Kraft. Er war im Auftrag der Regierung vom Militärbischof und einem
weiteren Vermittler ausgehandelt worden. Den Chefs der beiden Maras wurden
Hafterleichterungen gewährt, inzwischen gibt es erste
Arbeitsbeschaffungsprogramme. Schutzgelder werden von den Banden weiterhin
erpresst. Die Zahl der täglichen Morde aber ist seit dem Beginn des
Waffenstillstands von durchschnittlich fünfzehn am Tag auf fünf
zurückgegangen.
Ob dieser vorläufige Frieden halten wird, ist noch ungewiss. Im eben
beginnenden Wahlkampf vor der Präsidentschaftswahl im kommenden März hat
der Bürgermeister der Hauptstadt San Salvador und Kandidat der ultrarechten
Arena-Partei, Norman Quijano, bereits angekündigt, er sei an einem
Waffenstillstand mit den Jugendbanden nicht interessiert. Er will sie
wieder mit aller Härte verfolgen. Laut ersten Umfragen kann er die Wahl
durchaus gewinnen.
29 May 2013
## AUTOREN
Toni Keppeler
## TAGS
Honduras
Gewalt
Morde
Honduras
Drogenkrieg
El Salvador
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