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# taz.de -- Neue Rennbahn im Teutoburger Wald: Mit 250 Kmh durch den Teuto
> Ein Landadeliger baut sich einen Rundkurs mitten in den Teutoburger Wald.
> Das „Bilster Berg Drive Resort“ ist eine Katastrophe – nicht nur für d…
> Naturschutz.
Bild: Stolz präsentiert Markus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff die Pläne für…
BOCHUM taz | Im ostwestfälischen Bad Driburg am Fuß des Eggegebirges ist
Graf Marcus von Oeynhausen-Sierstorpff ein einflussreicher Mann. Rund um
das knapp 19.000 Einwohner zählende Städtchen betreibt der Landadelige
Kurkliniken, eine Mineralwasserproduktion („Bad Driburger“) und das
Luxushotel „Gräflicher Park“.
Am Wochenende kann der Autofetischist, der bei Rennen selbst gern mit einem
historischen Jaguar E-Type an den Start geht, eine Neueröffnung feiern. Am
Naturpark Teutoburger Wald hat sich der Graf eine eigene Rennstrecke
gebaut, die er stolz „Bilster Berg Drive Resort“ nennt. Auf dem Gelände
eines ehemaligen Waffenlagers der britischen Armee entwarf Bauingenieur
Hermann Tilke, der schon für Formel-1-Pisten etwa in Bahrain und Schanghai
verantwortlich war, einen Rundkurs für Spitzengeschwindigkeiten von 250
Stundenkilometer.
Dabei wollten Bad Driburg und der nur vier Kilometer vom Bilster Berg
entfernte Kurort Nieheim eigentlich mit sanftem Tourismus punkten. Viel
Wald und Fachwerkhäuschen sollten Ruhesuchende nach Ostwestfalen locken.
Jetzt aber schwärmt der als Berater eingekaufte ehemalige
Rallye-Weltmeister Walter Röhrl, das „Drive Resort“ könne es „mit groß…
Naturstrecken wie Spa-Francorchamps aufnehmen“ – an Renntagen herrscht dort
ein infernalischer Lärm, der auch im angrenzenden Wald kilometerweit zu
hören ist.
Möglich wurde die Piste durch massive Unterstützung der Lokalpolitik: Der
mittlerweile verstorbene Landrat Hubertus Backhaus von der CDU, eigentlich
zur neutralen Prüfung des Baus verpflichtet, war von dem angeblich mehr als
30 Millionen Euro schweren Investment so beeindruckt, dass er in einem
Werbevideo („Drive with Style“) für den Rennparcours auftrat. „Backhaus …
immer klargemacht, er werde alles dafür tun, dass genehmigt wird“, sagt
Ulrich Kros von der Interessengemeinschaft „Ruhe am Bilster Berg“, die sich
seit Jahren gegen die Rennstrecke wendet. „Und der amtierende CDU-Landrat
Friedhelm Spieker fährt den gleichen Kurs.“
## Angst vor dem Arm des Grafen
Viele Kritiker vor Ort wirken deshalb eingeschüchtert, wollen anonym
bleiben: „Ich weiß nicht, wie weit der Arm des Grafen reicht“, sagt einer,
der um seinen Job fürchtet. „Auch meine Kinder sollen hier gut leben
können“, mahnt eine andere. Die Interessengemeinschaft will trotzdem weiter
kämpfen. Auf dem lange im Dornröschenschlaf vor sich hindämmernden Gelände
sind seltene Tierarten heimisch geworden: Nachgewiesen wurden etwa
Kamm-Molche, Rotmilane und verschiedene Spechtarten – trotz Artenschutz
stehen sie vor der Vertreibung. Mit schwersten Maschinen sei ein uralter
Wald zerstört worden, klagt Tierarzt Kros.
Außerdem fürchtet der SPD-Mann Kros, der auch Ratsherr in Nieheim ist, um
Touristen: „Wenn die den Lärm der Rennstrecke hören, kommen die doch nie
wieder.“ Von den Arbeitsplätzen, auf die Befürworter des Parcours hoffen,
ist dagegen nicht viel zu sehen. Aktuell gebe es „leider keine Vakanzen“,
ist auf der Homepage des gräflichen Unternehmens zu lesen. Nachfragen sind
nicht möglich: Der Pressesprecher des „Drive Resorts“ ruft nicht zurück.
Unterstützt wird die lokale Initiative vom Naturschutzverband BUND. Der
will weiter gegen die Piste klagen – trotz Niederlage in erster Instanz.
„Das Verwaltungsgericht Minden hat viele unserer Argumente nicht
berücksichtigt“, so der nordrhein-westfälische Bund-Landesvize Bernd
Meier-Lammering.
## EU-Verfahren angestrebt
Die Richter beriefen sich dabei auf das Instrument der sogenannten
Präklusion. Danach braucht Kritik, die nicht schon im behördlichen
Genehmigungsverfahren vorgebracht wurde, nicht berücksichtigt werden.
„Damit wird das Klagerecht der Umweltverbände ausgehebelt“, sagt
Meier-Lammering – und hofft auf ein Verfahren der EU, das die deutschen
Präklusionsvorschriften als zu restriktiv kritisiert.
In zweiter Instanz könnte die Klage gegen den Bilster Berg deshalb gute
Chancen haben. Unterstützer rufen im Internet bereits zu Spenden auf – die
Prozesskosten dürften mindestens 20.000 Euro betragen. „Das Projekt Bilster
Berg hat keine Rechtsgrundlage“, betont Umweltschützer Meier-Lammering:
„Die Strecke müsste zurückgebaut werden.“
30 May 2013
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Umweltschutz
Naturschutz
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