Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Klage gegen Knast-Unterbringung: Mehr als Knast mit Tapete
> Sicherungsverwahrte wollen auf ihre Freilassung klagen. Das neue
> Hamburger Gesetz behandele sie weiter wie Strafgefangene. Die Opposition
> hatte einen therapieorientierten Vollzug angemahnt.
Bild: Der Strafhaft zu ähnlich: Zelle für Sicherungsverwahrte in der JVA Fuhl…
HAMBURG taz | Die in Hamburg einsitzenden Sicherungsverwahrten wollen sich
ihre Haftbedingungen nicht gefallen lassen. Sobald das neue Vollzugsgesetz
zur Sicherungsverwahrung am 1. Juni in Kraft getreten ist, wollen die circa
20 Männer aus Hamburg und Schleswig-Holstein auf ihre Entlassung klagen.
Ihre Unterbringung im Gefängnis Fuhlsbüttel ähnele mehr einer Straf- als
einer Präventivhaft, argumentieren sie in ihrem Antrag. Das mit den Stimmen
von SPD und CDU beschlossene Gesetz betreibe Etikettenschwindel. Es
enthalte „hauptsächlich Strafregelungen gegen den Sicherungsverwahrten“ und
sei unterm Strich rechtswidrig.
Die deutschen Bundesländer sind durch Urteile des Bundesverfassungsgerichts
gezwungen worden, Sicherungsverwahrte deutlich anders unterzubringen als
Strafgefangene. Sicherungsverwahrte haben ihre Strafe verbüßt und dürfen
nur in Haft gehalten werden, wenn es wahrscheinlich ist, dass sie weitere
Straftaten begehen.
„Mit dem neuen Gesetz haben wir die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts
umgesetzt“, versichert die Justizbehörde. Trotzdem wird sich jetzt das
Landgericht damit befassen müssen. Das Thema weckt starke Emotionen:
Versuche, entlassene Sicherungsverwahrte dezent in normalen Wohnungen
unterzubringen, waren bei Anwohnern in den betroffenen Stadtvierteln
regelmäßig auf Widerstand gestoßen.
Der Anwalt Ernst Medecke, der einen der Kläger vertreten wird, hält das
Begehren der Sicherungsverwahrten für „logisch und konsequent“. Das
Hamburger Gesetz sei an sich schon verfassungswidrig. „Und auch die
Auswirkungen des Gesetzes auf die Hamburger Sicherungsverwahrten sind nicht
vertretbar“, findet Medecke. Dass es auch anders gehe, zeigten die Länder
Niedersachsen und Bremen, die in Rosdorf bei Bremen ein spezielles
Gefängnis für Sicherungsverwahrte errichtet haben.
Die Kläger monieren, sie seien ähnlichen Unannehmlichkeiten ausgesetzt wie
Strafgefangene. In den Zellen gebe es nur kaltes Wasser zum Zähneputzen und
Geschirrspülen. Die Toilette sei nur durch eine Schamwand abgetrennt. Sport
könne nur zusammen mit den Strafgefangenen getrieben werden.
Überhaupt kämen sie regelmäßig mit diesen in Berührung. „So macht der
alltägliche Gefängnisablauf zusammen mit den Strafgefangenen den
Bestrafungscharakter der Sicherungsverwahrung weiterhin deutlich“, heißt es
in dem Entlassungsantrag.
Wie die Verwahrten hatten Grüne, Linke und FDP in der Hamburger
Bürgerschaft kritisiert, dass der Senat der Justiz einen Freibrief beim
Umgang mit den Häftlingen erteilt habe: Nicht nur aus Gründen der
Sicherheit, sondern auch um eine „Störung der Ordnung“ abzuwenden, dürfe
das Personal die Freiheit der Häftlinge einschränken. Das sei aus
rechtsstaatlicher Sicht problematisch.
Die enge Kontrolle, die das Gesetz ermöglicht, mache es schwierig, die
Gefangenen zu resozialisieren, kritisiert der Abgeordnete Farid Müller
(Grüne). „Böse Zungen sagen: Dieser Gesetzentwurf wurde von der
Bild-Zeitung geschrieben“, sagt Müller mit Blick auf die
Boulevard-Berichterstattung, die das Thema immer wieder skandalisiert
hatte.
31 May 2013
## AUTOREN
Gernot Knödler
Gernot Knödler
## TAGS
Sicherungsverwahrung
BGH
Sicherungsverwahrung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gefangene kritisieren Haftbedingungen: Briefe aus dem Knast
Die „Knast-Soligruppe Göttingen“ veröffentlicht auf ihrer Internetseite
Berichte, Beschwerden und Gedichte von Gefängnisinsassen der JVA Rosdorf.
BGH-Urteil zur Sicherheitsverwahrung: Sexualtäter erstreiten Entschädigung
Vier Männer saßen jahrelang in Sicherungsverwahrung – zu Unrecht. Der BGH
spricht ihnen insgesamt 240.000 Euro Schadensersatz zu.
Justiz in Hamburg: Der Haken ist das Wie
Hamburg streitet über die Sicherungsverwahrung: SPD-Regierung und CDU
sprechen von Resozialisierung, Linke, Grüne und FDP sehen nur Schein.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.