| # taz.de -- Unruhen in der Türkei: Gewalt und Festnahmen | |
| > In der Türkei reißen die Proteste gegen die islamisch-konservative | |
| > Regierung nicht ab. Die Polizei nimmt Dutzende Twitter-Nutzer fest. | |
| Bild: Wasserwerfer und Steine: Auseinandersetzung am Taksim-Platz | |
| ISTANBUL dpa/afp | In Istanbul ist es auch in der Nacht zum Mittwoch wieder | |
| zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Regierungsgegnern und der | |
| türkischen Polizei gekommen. Außerdem wurden mindestens 25 Menschen wegen | |
| der Verbreitung „irreführender und beleidigender Informationen“ im | |
| Onlinekurzbotschaftendienst Twitter im Zusammenhang mit den | |
| regierungskritischen Protesten festgenommen. | |
| Als eine Gruppe von Demonstranten nach einer friedlichen Kundgebung auf dem | |
| zentralen Taksim-Platz in den Stadtteil Besiktas gezogen sei, habe die | |
| Polizei sie mit Hilfe von Wasserwerfern und Tränengas gestoppt, meldete der | |
| Nachrichtensender NTV. In Besiktas befindet sich auch das Istanbuler Büro | |
| von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. „Regierung, Rücktritt“, | |
| forderten die Demonstranten. | |
| Auf dem Taksim-Platz hatten zuvor Zehntausende friedlich gegen die | |
| Regierung protestiert. Nach Angaben von Augenzeugen herrschte | |
| Feierstimmung. Viele Menschen hätten selbstgemalte Plakate, auf denen sie | |
| Erdogan und seine islamisch-konservative Partei kritisierten oder | |
| veralberten, gezeigt. Die Polizei habe sich zurückgehalten. | |
| Zusammenstöße wurden in der Nacht auch aus anderen Städten gemeldet. | |
| Aktivisten und türkische Medien berichteten, in der östlichen Stadt Tunceli | |
| habe die Polizei sich schwere Straßenkämpfe mit Demonstranten geliefert. | |
| Die Polizei habe Tränengas und Gummigeschosse eingesetzt. | |
| ## Vizeregierungschef entschuldigte sich | |
| Der Sender CNN Türk berichtete, in Izmir habe die Polizei 16 Menschen wegen | |
| im Kurznachrichtendienst Twitter verbreiteter Nachrichten in ihren | |
| Wohnungen festgenommen. Die Onlineausgabe der Zeitung Zaman Today | |
| berichtete zudem, dass in Ankara ein Iraner festgenommen worden sei, der | |
| verdächtigt werde, zu Protesten aufgestachelt zu haben. | |
| Am Dienstag, dem fünftem Tag der landesweiten Protestwelle, hatte sich die | |
| türkische Regierung erstmals um Deeskalation bemüht. Vizeregierungschef | |
| Bülent Arinc entschuldigte sich nach einem Treffen mit Staatspräsident | |
| Abdullah Gül für die Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten im | |
| Istanbuler Gezi-Park. An diesem Einsatz hatten sich die Proteste entzündet, | |
| bei denen bisher mindestens zwei Menschen getötet mehr als 2300 weitere | |
| verletzt wurden. | |
| Inzwischen richten sich die Demonstranten vor allem gegen den als immer | |
| autoritärer empfundenen Kurs Erdogans, der Extremisten für die | |
| Demonstrationen verantwortlich gemacht hatte. Vize-Regierungschef Arinc | |
| warnte, die Protestierer sollten sich nicht mit illegalen Gruppen | |
| einlassen. Am heutigen Mittwoch will Arinc mit Vertretern der Demonstranten | |
| zusammenkommen, wie der Sender CNN Türk berichtete. | |
| Bundesaußenminister Guido Westerwelle sieht in der Protestwelle in der | |
| Türkei eine Bewährungsprobe für Erdogan. „Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem | |
| die türkische Regierung beweisen kann und muss, dass sie es mit der | |
| Modernisierung der Türkei ernst meint“, sagte Westerwelle am Dienstag in | |
| Berlin. | |
| Die Proteste zeigten, dass es dort „in zunehmendem Maße eine lebendige | |
| Zivilgesellschaft gibt“, die ihre Stimme erhebe und ihre Rechte einfordere. | |
| Eine erfolgreiche und moderne Türkei sollte sich „auch durch das gelebte | |
| Bekenntnis zu Pluralismus und Bürgerrechten beweisen“ und nicht nur durch | |
| wirtschaftliche Dynamik glänzen. | |
| 5 Jun 2013 | |
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