Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Unruhen in der Türkei: Erdogan bleibt stur
> Der Gezi-Park in Istanbul soll wie geplant umgestaltet werden, sagt
> Erdogan in Tunis. In Adana stürzte in der Nacht ein Polizist in eine
> Baugrube und starb.
Bild: Bau auf, bau auf! Protestierende errichteten in der Nacht zu Donnerstag e…
ISTANBUL/BERLIN dpa/ap/afp | Trotz der Proteste will der türkische
Regierungschef Recep Tayyip Erdogan an dem umstrittenen Bauprojekt in
Istanbul festhalten. Er werde die Umgestaltung des Gezi-Parks in der
Metropole vorantreiben, sagte Erdogan am Donnerstag in der tunesischen
Hauptstadt Tunis laut einer arabischen Übersetzung seiner Äußerungen.
Ein Polizist ist bei den seit einer Woche andauernden Protesten in der
Türkei ums Leben gekommen. Der Beamte sei in der südtürkischen Stadt Adana
in eine im Bau befindliche Unterführung gestürzt, sagte Gouverneur Hüseyin
Avni Cos am Donnerstag. Er habe dort in der Nacht versucht, eine Kundgebung
aufzulösen und sei nach dem Sturz im Krankenhaus seinen schweren
Verletzungen erlegen.
Damit steigt die Zahl der Toten bei den Protesten in der Türkei auf drei.
Zwei Demonstranten kamen bisher ums Leben, eine weitere Person wird im
Krankenhaus künstlich am Leben erhalten. Nach Angaben der Türkischen
Menschenrechtsstiftung wurden seit vergangener Woche 4300 Menschen verletzt
oder haben wegen den Effekten von Tränengas medizinische Hilfe in Anspruch
genommen. Auch Dutzende Polizisten wurden verletzt, wie die Regierung
mitteilte.
Die türkische Polizei ging unterdessen weiter mit Gewalt gegen
Demonstranten vor. Auch am Mittwoch seien rund um den zentralen
Kizilay-Platz in der Hauptstadt Ankara Wasserwerfer und Tränengas gegen
Protestierer eingesetzt worden, berichteten Aktivisten und türkische
Medien.
Zuvor hatte die türkische Regierung einen weniger harten Kurs angekündigt.
An der Demonstration in Ankara hatten sich bis zum Abend vor allem
Gewerkschaften beteiligt. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolou
wurden neun Menschen festgenommen. In Istanbul etwa demonstrierten
Tausende.
## Ärzteverband zählt 4000 Verletzte
Bisher kamen bei den Zusammenstößen drei Menschen ums Leben. Der Aktivist
sei am Mitwoch seinen Verletzungen erlegen, die er in Ankara erlitten
hatte, erklärte der türkische Ärzteverband TTB nach Angaben der Zeitung
Hürriyet. Die Zahl der Verletzten sei inzwischen auf weit über 4000
gestiegen, teilte der Ärzteverband mit. Davon seien 43 in einem kritischen
Zustand.
Die Bundesregierung forderte die türkische Regierung erneut auf, angemessen
mit protestierenden Bürgern umzugehen. Meinungs- und Versammlungsfreiheit
seien universell akzeptierte Grundrechte, die zu gewähren seien, sagte
Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Reaktionen des
Staatsapparates müssten immer verhältnismäßig und angemessen sein. Das
könne man auch auf weitere Entwicklungen der Türkei anwenden. Ein Sprecher
des Auswärtigen Amtes mahnte, eine Modernisierung des Staates könne nicht
nur auf wirtschaftlichem Aufschwung basieren, sondern müsse sich auch auf
Menschenrechte beziehen.
Erstmals seit Beginn der Proteste gegen die türkische Regierung ging die
Polizei auch mit Festnahmen gegen im Internet aktive Regierungsgegner vor.
In der westtürkischen Stadt Izmir seien mindestens 29 Nutzer des
Kurznachrichtendienstes Twitter in Gewahrsam genommen worden.
Ihnen werde Anstachelung zu einem Aufstand, Propaganda und Desinformation
vorgeworfen, berichteten türkische Medien am Mittwoch. Vertreter der
Demonstranten sagten nach einer Nacht mit neuer Gewalt in mehreren Städten,
die Proteste würden fortgesetzt. Auch Gewerkschaften riefen ihre Anhänger
auf die Straßen.
Eine der führenden Protestinitiativen, die Taksim-Plattform, kündigte nach
einem Treffen mit Vizeregierungschef Bülent Arinc in Ankara an, ihren Kampf
fortsetzen zu wollen, bis die Regierung auf ihre Forderungen eingehe.
## Pfefferspray und Tränengas
Die Aktivisten verlangen unter anderem den Erhalt des Gezi-Parks in
Istanbul, der einem Einkaufszentrum weichen soll. Ferner müsse der Einsatz
von Pfefferspray und Tränengas verboten werden. Alle für die Gewalt gegen
Demonstranten verantwortlichen Funktionäre sollten entlassen werden, hieß
es.
An dem Einsatz im Gezi-Park hatten sich die Proteste entzündet. Inzwischen
richten sich die Demonstrationen vor allem gegen den als immer autoritärer
empfundenen Kurs von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, der
Extremisten für die Demonstrationen verantwortlich gemacht hatte.
Der türkischen Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk äußerte seine
Unterstützung für die Proteste. „Die Erdogan-Regierung ist unterdrückend
und autoritär“, zitierte die Zeitung Radikal den Schriftsteller.
Hacker der Internet-Gruppe Anonymous legten am Mittwoch die Internetseite
des türkischen Ministerpräsidenten lahm. Die Seite war bis zum Nachmittag
vom Netz. Türkischen Berichten zufolge sollen sich die Hacker auch Zugang
zu E-Mail-Konten verschafft haben.
6 Jun 2013
## TAGS
Schwerpunkt Türkei
Protest
Recep Tayyip Erdoğan
Taksim-Platz
Istanbul
Schwerpunkt Protest in der Türkei
Polizei
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Türkei
Taksim-Platz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Türkische Polizei unter Druck: Selbstmorde unter Einsatzkräften
Die Gewerkschaft der türkischen Polizei klagt über Dauereinsätze wegen den
anhaltenden Protesten gegen die Regierung Erdogan.
Erdogan zurück in der Türkei: „Geht nach Hause“
Tausende Anhänger feiern Ministerpräsident Erdogan bei seiner Rückkehr von
einer Reise nach Nordafrika. Er will den Forderungen der Demonstranten
nicht nachgeben.
Erdogan und Social Media: Papi fürchtet das Internet
In der Türkei werden Twitter-Nutzer festgenommen. Ihnen wird Anstachelung
zum Aufstand vorgeworfen – das Netzwerk gilt als Bedrohung.
Proteste in der Türkei: Gespräche mit der Bürgerinitiative
Die türkische Regierung redet zum ersten Mal mit der Besetzern des
Gazi-Parks. Dei Polizeigewalt geht derweil weiter, ebenso wie die Demos.
Proteste in der Türkei: Sehen, wie die Freiheit schmeckt
Die Demonstranten haben den Taksim-Platz in eine befreite Zone verwandelt.
Hier herrscht ein Gemeinschaftsgefühl, das es so noch nie gab.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.