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# taz.de -- Meeresschutz: Der Schrecken der Meere
> Der wachsende Müll in Nord- und Ostsee ist Thema beim Umweltsymposium in
> dieser Woche in Hamburg. Plastik gefährdet Fische, Vögel und
> Meeressäuger.
Bild: Stammen vermutlich vom Land und gefährden nun Fische, Vögel und Meeress…
HAMBURG taz | Er ist überall, meist giftig und ungeheuer langlebig:
Kunststoffmüll hat sich zum Schrecken der Meere entwickelt. Mehr als sechs
Millionen Tonnen Plastikabfälle landen jährlich neu in den Weltmeeren,
allein in der Nordsee treiben laut Umweltbundesamt mehr als 500.000
Kubikmeter Müll – das entspricht einem Würfel mit 80 Metern Kantenlänge.
„Deshalb ist die Vermüllung ein Konferenzschwerpunkt“, sagt Monika
Breuch-Moritz, Präsidentin des Bundesamtes für Seeschifffahrt und
Hydrograhie (BSH) in Hamburg.
Zum 23. Mal veranstaltet das BSH am Dienstag und Mittwoch dieser Woche in
der Hansestadt sein jährliches Meeresumweltsymposium, das sich zum
wichtigsten Kongress dieser Art in Deutschland gemausert hat. Mehr als zwei
Dutzend ReferentInnen aus Wissenschaft, Naturschutz und Behörden werden
neueste Forschungsergebnisse über Offshore-Windkraft, Schifffahrt,
Fischerei, Küstenschutz und eben auch Meeresmüll präsentieren – und
versuchen, sich auf Handlungsempfehlungen für die Politik zu einigen.
Vor allem beim Abfall, „der zu etwa 80 Prozent vom Land stammt, auch von
Touristen“, sagt Breuch-Moritz. „Die Schifffahrt trägt nur einen kleinen
Teil zur Vermüllung von Nord- und Ostsee bei.“ Das ist eine Erkenntnis, die
bei Naturschutzprojekten an den Küsten gewonnen wurde. Auf der
ostfriesischen Insel Juist hat im September 2012 die Umweltorganisation
BUND den Kunststoffmüll am Strand und in den Dünen gesammelt und
analysiert. 900 Kilogramm Plastik kamen auf eineinhalb Kilometer Strand
zusammen. Die Hitliste führen Schnüre und Netze an (56 mal), es folgen
Plastiktüten (53), Chips- und Süßigkeitentüten (34), Papier (16),
Schaumgummi (13), Luftballons (11), Trinkhalme (8) und Verschlüsse (6).
Das führt zu hohen Kosten der Gemeinden für die Strandreinigung, über die
diese gerne schweigen, um keine Urlauber abzuschrecken. Allein die
Ostseebäder an der Lübecker Bucht geben jährlich mehr als eine Million Euro
aus, um ihre Strände zu säubern. Zudem sind die Kunststoffe eine Gefahr für
Fische, Seevögel und Meeressäuger: Sie zerbröseln, sind giftig und nicht
selten tödlich.
Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes hält sich eine Plastiktüte bis zu
20 Jahre im Meer, eine Getränkedose bis zu 200 Jahre, Wegwerfwindeln
doppelt so lange, Angelschnüre mindestens ein halbes Jahrtausend. Dabei
werden sie zu Mikroplastik abgebaut – Teilchen von weniger als fünf
Millimeter Größe, mit bloßem Auge schwer zu erkennen und am Strand von
Sandkörnern kaum zu unterscheiden.
Der BUND und andere Umweltorganisationen fordern deshalb Maßnahmen, um den
Müll in Nord- und Ostsee bis 2020 zu halbieren und bis 2035 auf Null zu
senken, vor allem ein Verbot von Plastiktüten oder eine Abgabe darauf. In
Irland, wo 44 Cent je Tüte erhoben werden, verringerte sich das Aufkommen
pro Kopf und Jahr von 328 auf 18 Tüten.
Eine unsichtbare, aber nicht weniger große Gefahr geht inzwischen von
Medikamenten aus. Etwa 90 Prozent der Arzneimittel sind biologisch schwer
abbaubar und landen über die Kanalisation letztlich in Nord- und Ostsee.
Als besonders hartnäckig haben sich Antibiotika und Hormone erwiesen. Hier
würden erst neue Kläranlagen Abhilfe schaffen.
In einem Langzeitprojekt des Umweltbundesamtes an der mecklenburgischen
Ostseeküste wurde jetzt nachgewiesen, dass viele männliche Aalmuttern – ein
aalähnlicher, lebendgebärender Küstenfisch – auch weibliche
Geschlechtsteile entwickeln, während in weiblichen Tieren „ein hoher
Prozentsatz degenerierter, abgestorbener ungeborener Larven“ gefunden
wurde. Ursache seien zu hohe Hormonkonzentrationen in Küstengewässern, so
die Studie.
Die Medikamente entwickelten sich „zu einem größeren Problem als
Schwermetalle und Phosphate“, sagt Breuch-Moritz. Deshalb sei auch dieses
Thema ein Symposiums-Schwerpunkt.
9 Jun 2013
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Plastik
Windkraft
Plastiktüten
Antarktis
Erneuerbare Energien
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