# taz.de -- Skandal um NSA-Überwachung: Die „Green Badges“ im Visier | |
> Seit 9/11 arbeitet eine Vielzahl externer Dienstleister wie Edward | |
> Snowden für US-Geheimdienste. Dessen Enthüllung halten viele für | |
> „mangelnden Berufsethos“. | |
Bild: Weniger zuverlässig als Staatsdiener? Edward Snowden in Medienberichten | |
WASHINGTON afp | Edward Snowden war zwar nicht bei der National Security | |
Agency (NSA) angestellt, doch der Computertechniker einer externen | |
Beratungsfirma konnte problemlos auf vertrauliche Informationen zu den | |
Überwachungsaktivitäten des US-Geheimdienstes zugreifen. | |
„Tausende“ Dokumente habe ihm Snowden übergeben, sagte ein Journalist des | |
britischen Guardian, der die umstrittenen Spähprogramme vergangene Woche | |
enthüllte. Der Fall hat ein Schlaglicht auf die zunehmende Beteiligung | |
privater Unternehmen an den Arbeiten der Geheimdienste in den Vereinigten | |
Staaten geworfen. | |
Externe Mitarbeiter tragen in den US-Regierungsbehörden grüne | |
Dienstausweise („green badge“), die Staatsdiener haben dagegen blaue | |
Ausweise („blue badge“). Es sei nicht verwunderlich, dass das Leck ein | |
„green badge“ gewesen sei, zürnt der frühere NSA-Beamte John Schindler, d… | |
nun am Naval War College im Bundesstaat Rhode Island lehrt. Das von außen | |
eingekaufte Personal habe nicht das gleiche Berufsethos und die | |
Verschwiegenheit von Geheimdienstlern, die ihre ganze Karriere den | |
Sicherheitsbehörden verschrieben hätten. | |
Seit den 90er Jahren haben immer mehr Angestellte von privaten Firmen | |
Aufgaben im US-Geheimdienstkosmos übernommen, die lange für Beamte | |
reserviert waren. Die Externen kümmern sich um die Verwaltung von | |
Computersystemen, die Analyse von Geheimdienstinformationen und sogar um | |
die Ausbildung von Spionen. Der Grund für das Outsourcing waren vor allem | |
die klammen Haushalte: Die vorübergehende Beschäftigung von externen | |
Kräften ist für den Staat günstiger als die Einstellung von Heerscharen | |
neuer Beamter. Heute sind fast 30 Prozent der Mitarbeiter von | |
US-Geheimdiensten bei Subunternehmen angestellt. | |
Vor allem nach den Anschlägen vom 11. September 2001, als dringender | |
Personalbedarf für die Jagd nach Terroristen herrschte, boomte der Markt | |
für private Dienstleister in der Geheimdienst- und Verteidigungsbranche. | |
Rund um Washington entstand eine Vielzahl von Firmen, die an dem | |
Milliardengeschäft mitverdienen wollten. Etwa in dieser Zeit begann Snowden | |
seine Tätigkeit in der abgeschirmten Welt der Sicherheitsbehörden – | |
zunächst als Computertechniker beim Auslandsgeheimdienst CIA und ab 2009 | |
dann beim Beratungsunternehmen Booz Allen. Das setzte ihn fortan bei der | |
NSA ein. | |
## Zwischen Staatsdienst und Privatfirmen | |
Viele Angestellte von Firmen wie Booz Allen sind frühere Geheimdienstler, | |
auch ein Wechsel zurück in den Staatsdienst ist nicht selten. Der Nationale | |
Geheimdienstkoordinator James Clapper etwa, der Snowdens Enthüllungen als | |
„verwerflich“ und Gefahr für die Sicherheit der USA verurteilt hat, stand | |
eine Zeit lang auf der Gehaltsliste von Booz Allen. Kritiker warnen, diese | |
Nähe öffne Korruption Tür und Tor. | |
Auch der frühere US-Verteidigungsminister Robert Gates sah die zunehmende | |
Abhängigkeit von externen Mitarbeitern skeptisch. „Wir wollen Leute, die | |
dabei sind, weil sie leidenschaftlich sind und sich um ihr Land sorgen – | |
und nicht wegen des Geldes“, sagte er 2010 in einem Interview mit der | |
Washington Post. | |
## Nicht grundsätzlich unzuverlässiger | |
James Lewis, Experte für Cybersicherheit am Washingtoner Think-Tank Center | |
for Strategic and International Studies, hält dagegen externe Mitarbeiter | |
nicht grundsätzlich für unzuverlässiger als Staatsbedienstete. Lewis | |
erinnert an den Soldaten Bradley Manning, dem derzeit wegen des größten | |
Geheimnisverrats der US-Geschichte der Prozess gemacht wird. Der 25-jährige | |
Manning hatte vor drei Jahren hunderttausende Geheimdokumente von Militär | |
und Diplomatie an die Enthüllungswebseite Wikileaks weitergeleitet. | |
Lewis sieht eher ideologische Gründe hinter den jüngsten Enthüllungen. | |
Teile der jungen Generation hätten ein tiefes Misstrauen gegenüber der | |
Regierung in Washington, sagt der Experte. Der 29-jährige Snowden hatte als | |
Motiv angegeben, die „massive Überwachungsmaschine“ der US-Regierung | |
bloßstellen zu wollen. Während des Vorwahlkampfes um die republikanische | |
Präsidentschaftskandidatur spendete er für den ultraliberalen Bewerber Ron | |
Paul, der die USA auf dem Weg in die Tyrannei sieht und einen radikalen | |
Rückzug des Staates fordert. | |
12 Jun 2013 | |
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