| # taz.de -- Kommentar Beschluss zum Kirchenrecht: Sicher wie das Amen | |
| > Das Unrecht beim Kirchenrecht regiert weiter: Der 94 Jahre alte | |
| > Verfassungsauftrag in punkto Trennung von Kirchen und Staat wurde vom | |
| > Bundestag schlichtweg abgesagt. | |
| Bild: Sich mit den Kirchen anlegen? Wo's doch so schön aussieht? | |
| Gerade 40 Sekunden benötigte der Bundestag, um den lästigen | |
| Tagesordnungspunkt abzuhandeln. Im Schnellverfahren votierten am frühen | |
| Freitagmorgen die wenigen noch im Plenum anwesenden Abgeordneten um 0.26 | |
| Uhr ohne Aussprache, aber mit großer Mehrheit dafür, weiterhin das | |
| Grundgesetz zu ignorieren. Wenn es um das gute Verhältnis zu den beiden | |
| Großkirchen geht, kommt es für die Fraktionen von CDU, CSU, FDP, SPD und | |
| Grünen nicht so drauf an. Gemeinsam stimmte die ganz große Koalition gegen | |
| einen Gesetzentwurf der Linkspartei, der den Einstieg in den Ausstieg aus | |
| den historisch begründeten Staatsleistungen an die Kirchen bedeutet hätte. | |
| Unglaublich, aber wahr: Damit bleibt ein seit 94 Jahren bestehender | |
| Verfassungsauftrag nach wie vor unerfüllt. Dabei ist der Auftrag eindeutig: | |
| "Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden | |
| Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die | |
| Landesgesetzgebung abgelöst. Die Grundsätze hierfür stellt das Reich auf." | |
| So legte es 1919 die Weimarer Verfassung fest, so wurde es auch ins | |
| Grundgesetz übernommen. Geschehen ist seither: nichts. Der jetzt | |
| gescheiterte Vorstoß der Linkspartei war der erste überhaupt seit Gründung | |
| der Bundesrepublik, die skandalöse staatliche Alimentierungspraxis zu | |
| beenden. | |
| Es geht um inzwischen 481 Millionen Euro, die die Bundesländer jährlich den | |
| beiden Großkirchen zur freien Verwendung überweisen. Insgesamt summieren | |
| sich die Zahlungen seit Gründung der BRD auf mehr als 15 Milliarden Euro. | |
| Damit kein Missverständnis aufkommt: Es geht hier nicht um die Zuwendungen | |
| für kirchliche Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser oder karitative | |
| Einrichtungen. Es geht nicht um die Bezahlung von TheologieprofessorInnen, | |
| ReligionslehrerInnen oder MilitärseelsorgerInnen - obwohl sich auch darüber | |
| trefflich streiten ließe. Es geht bei den historisch begründeten Dotationen | |
| einzig und allein um Zahlungsverpflichtungen, die sich aus höchst | |
| fragwürdigen vordemokratischen Rechtstiteln herleiten. | |
| Wer es ernst meint mit der grundgesetzlich festgeschriebenen Trennung von | |
| Kirche und Staat, der muss endlich Schluss machen mit diesem Aberwitz. Etwa | |
| 9,4 Milliarden Euro beträgt das jährliche Kirchensteueraufkommen. Da dürfte | |
| der Verlust der Staatsleistungen für die evangelische und die katholische | |
| Kirche verkraftbar sein. Trotzdem wird sich auf absehbare Zeit nichts an | |
| dieser Geldverschwendung zu Lasten der SteuerzahlerInnen ändern. | |
| Dazu bedürfte es des Mutes und des Willens, sich mit den Kirchen anzulegen. | |
| Denn finanzierbar wäre eine Ablösung nur, wenn eine eventuelle | |
| Entschädigung weit niedriger ausfiele, als es sich die Kirchenoberen | |
| vorstellen. Doch an einem solchen Konflikt haben weder die schwarz-gelbe | |
| Regierung noch die rot-grüne Opposition ein Interesse. Deshalb wird auch | |
| nach der Bundestagswahl alles so bleiben wie es ist. In gläubiger | |
| Verbundenheit mit den Kirchen werden CDU, CSU, SPD, FDP und Grüne auch | |
| weiter tapfer den Auftrag des Grundgesetzes ignorieren. | |
| 28 Jun 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Pascal Beucker | |
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