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# taz.de -- Glücksspiel in Deutschland: Weniger Spielautomaten in Kneipen
> Der Bundesrat stimmt am Freitag über Röslers Glücksspielnovelle ab. Das
> Ergebnis ist offen. Suchtexperten fordern drastische Maßnahmen.
Bild: Schmale Grenze zur Sucht: Spielcasino.
BERLIN taz | Womöglich lassen sich die Bundesländer am Freitag eine große
Gelegenheit entgehen, Spielsucht zu bekämpfen. Wenn die Länderkammer die
Novelle des Bundeswirtschaftsministers Philipp Rösler (FDP) zur
Spielverordnung annimmt, würde laut Experten der Betrieb von Spielautomaten
zwar stärker reguliert, doch greife die Novelle viel zu kurz.
Die Novelle soll unter anderem die Zahl der Automaten in Gaststätten
reduzieren und den Höchstgewinn deckeln. Doch die Verordnung ist
umstritten, weil sie wichtige Aspekte außen vor lässt. „Ich würde mich
wundern, wenn nicht in allen Ländern ein Dissens zwischen
Gesundheitsministerien auf der einen und den Wirtschaftsministerien auf der
anderen Seite herrscht“, sagte etwa die nordrhein-westfälische
Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) zur taz.
Der Gesundheitsausschuss des Bundesrats fordert eine drastische
Verschärfung der Verordnung. So soll nur ein Automat pro Gaststätte erlaubt
sein. Vor allem fordert der Ausschuss das Verbot des Punktespiels an
Automaten. Bei dieser Variante spielt der Spieler nicht um Geld, sondern um
Punkte, die in Geldgewinne umgewandelt werden.
So werden die Schranken für Maximalgewinne und die Mindestdauer von Spielen
ausgehebelt. Der Wirtschaftsausschuss ist zurückhaltender. Er fordert zwar
auch die Reduzierung der Automatenzahl, erwähnt aber das Punktespiel
überhaupt nicht.
So könnte es zu einem Kompromiss kommen, der den Forderungen des
Wirtschaftsausschusses sehr ähnelt. Rösler könnte seine Verordnung dann
entsprechend überarbeitet in Kraft treten lassen, und die weitergehenden
Forderungen der Gesundheitsminister fielen unter den Tisch.
## Die Hälfte der Einnahmen stammt von Süchtigen
Suchtforscher Gerhard Meyer von der Universität Bremen verzweifelt langsam
an der Politik: „Ich habe den Eindruck, wir leben in einer
Bananenrepublik“, sagt er. „Jeder weiß, dass mit dem Punktespiel die
Regelungen einfach umgangen werden, aber das Ministerium weigert sich,
etwas dagegen zu tun.“
Es mache keinen Sinn, den Maximalgewinn zu begrenzen, wenn durch das
Punktespiel ein Gewinn von 1.500 Euro möglich bleibe. „Gerade diese Spiele
führen in die Sucht“, erklärt der Psychologe. Eben darum wolle die
Industrie sie unangetastet lassen. Laut mehreren Studien stammt über die
Hälfte der Einnahmen aus Spielautomaten von Süchtigen.
Meyer verweist in seinem Ärger auch auf die „bekannte Nähe“ zwischen der
Gauselmann-Gruppe, Deutschlands größtem Automatenhersteller, und der FDP.
Wie angeblich auch Union, SPD und Grüne sollen die Liberalen über Jahre
hinweg Spenden von Gauselmanns Mitarbeitern erhalten haben. Der
Automatenhersteller und ihm nahestehende Berater investierten zudem in
FDP-eigene Unternehmen. Meyer verlangt vom Bundesrat, die Novelle scheitern
zu lassen.
Einmal geändert, hätte die Verordnung sonst vermutlich über Jahre Bestand.
Er setzt auf effektivere Maßnahmen in der kommenden Legislaturperiode. „Die
Bereitschaft der Länder, etwas zu tun, war noch nie so groß. Diese
Gelegenheit sollte man nicht verstreichen lassen.“
4 Jul 2013
## AUTOREN
Denis Schnur
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Automaten
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Alkohol
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