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# taz.de -- Verleger über Lohnverhandlungen: „Es fehlen die Geschäftsmodell…
> Ab Freitag wird über den Lohn von Redakteuren verhandelt. Georg Wallraf
> vertritt die Verleger. Ein Gespräch über enger zu schnallende Gürtel.
Bild: Wenn die Probleme größer werden, müssen alle zurückstecken.
taz: Herr Wallraf, während Sie nun in Frankfurt darum ringen, den
Flächentarifvertrag für Zeitungsredakteure zu verlängern, entziehen sich
immer mehr Verlage diesem Instrument. Jüngstes Beispiel ist der
„Nordbayerische Kurier“. Er soll in diverse GmbHs filetiert werden – und
die Flucht aus dem Tarif antreten. Lohnen sich Ihre Gespräche noch?
Georg Wallraf: Diese Entwicklung ist am Ende doch nur eine Konsequenz der
letzten Tarifrunde, die Gehaltssteigerungen brachte, aber keine neue
Struktur. Da haben viele Verleger das Vertrauen in die Gestaltungskraft der
Tarifverträge verloren. Das heißt aber nicht, dass es bei dieser Bewegung
bleiben muss: Mir haben OT-Verlage, also Verlage ohne Tarifbindung, klar
den Eindruck vermittelt, dass sie sich vorstellen könnten, wieder
zurückzukommen – wenn ein neuer Tarifvertrag auch ihre Probleme
berücksichtigt.
Was das heißt, hat Ihr Verband artikuliert: In den Redaktionen möge endlich
eine „moderne Unternehmenskultur“ ankommen, womit schlicht Leistungsprämien
gemeint sind. Woran wollen Sie denn die Effizienz von Journalisten messen?
Das können ganz unterschiedliche Kriterien sein: die Entwicklung der
Auflagen, der Reichweiten oder Anzeigenumfänge etwa, aber auch Zitate der
eigenen Recherchen in den Agenturen. Auch die Zahl exklusiver Geschichten
kann ein Parameter für den Erfolg einer Redaktion sein. Genauso kann
belohnt werden, wer nicht nur Texte liefert, sondern seine Redaktion auch
repräsentiert, etwa mit der Moderation einer Veranstaltung.
Das Gehalt eines Redakteurs soll an die Werbebuchungen gekoppelt werden?
Kann sein, muss aber nicht. Letztlich bietet sich ein Mix an aus konkreten
Jahreszielen für den Einzelnen und gemeinsamen Zielen für alle. Uns ist am
Ende daran gelegen, dass auch Verlage die Möglichkeit haben,
Unternehmensziele bei der Bemessung der Gehälter zu berücksichtigen. In
anderen Branchen wird diese Praxis schon lange gelebt. Außerdem geht es ja
nicht darum, automatische Gehaltsstaffeln ganz abzuschaffen.
Stürzt mit derartigen Prämienmodellen nicht die Mauer zwischen Redaktion
und Vertrieb ein?
Das ist Unsinn, da wird nichts verwässert! Außerdem: Im Grundgesetz ist
zwar von Pressefreiheit die Rede, aber eben auch davon, dass die Presse
privatwirtschaftlich organisiert sein soll: Staatsferne, aus guten Gründen.
Wir müssen dafür aber auch das Geld verdienen, um den Apparat am Laufen
halten zu können.
Und wenn die Sache besser läuft als gedacht, freuen sich bloß die Verleger.
Dann sollen daran natürlich auch alle partizipieren – so wie im Gegenzug
alle den Gürtel enger schnallen, wenn die Probleme und Risiken dominieren.
Stehen die Verlage denn wirklich so sehr unter Druck?
Der Transformationsprozess, vom Gedruckten zum Digitalen ist teuer. Für
viele neue Angebote fehlen noch die endgültigen Geschäftsmodelle. Trotzdem
wird oft seit Jahren in Redaktion und Technik investiert – zusätzlich zum
Stammgeschäft.
Klar, der Wandel kostet Kraft – das weiß in den Redaktionen jeder. Aber
eben auch, dass Ihre Branche gegensteuert: mit Outsourcing, Synergien,
günstigeren Produktionsmethoden. Was für Renditen bleiben denn unterm
Strich?
Die sind doch für unser Thema gar nicht aussagekräftig. Manch ein Haus
verdient unter anderem mit Handelsplattformen im Netz dazu. Wenn wir auf
das Stammgeschäft, die Zeitungen, schauen, dann sind die verlässlichen
Größen Auflagen und Anzeigen. Und diese Kerngrößen laufen eben seit Jahren
beide konsequent in die falsche Richtung.
Renditen im zweistelligen Prozentbereich sind bei Zeitungen also ein
Märchen?
Sagen wir es so: Ich kenne Häuser, bei denen die Rendite im niedrigen
einstelligen Bereich ist. Und sonst sind ja auch alle bemüht, Rücklagen zu
bilden. Wer weiß schon, wie lange es dauert, bis Journalismus im Digitalen
funktioniert?
Tarifabschlüsse sind am Ende große Deals. Was werfen Sie in den Ring?
Wenn die Konditionen stimmen, dann können wir gerne über zwei Dinge reden:
zum einen über die Laufzeit des Tarifvertrags. Der könnte ja auch mal über
drei Jahre für Ruhe sorgen und Sicherheit bieten. Und zum anderen sind da
die Onliner, also Journalisten, die sich in den Verlagen um die Internet-
und Mobilauftritte kümmern. Die sind wichtig für die Zukunft, laufen aber
noch immer außerhalb des Tarifs. Das muss nicht so bleiben.
Ohne Leistungsprämien geht es aber nicht, oder?
Wir haben über die Stellschrauben gesprochen. Jetzt werden wir versuchen,
mit allen Beteiligten vorsichtig daran zu drehen – ohne dass uns das Ganze
um die Ohren fliegt.
18 Jul 2013
## AUTOREN
Daniel Bouhs
## TAGS
Verleger
Tarifverhandlungen
Redakteur
Tarifverhandlungen
Wolfgang Büchner
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ZDF
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