| # taz.de -- Inselhopping: Zu versteckten Grotten | |
| > Zuerst kamen die Schönen, Reichen. Heute ist Segeln für Alle angesagt auf | |
| > der Adria. | |
| Bild: Bötchen fahren dort, wo die Yachten liegen. | |
| Direkt an der Riva von Trogir liegen an den Sommerabenden die luxuriösen | |
| Boote der Reichen, Schönen und Adeligen. Die Königsfamilie der Niederlande | |
| macht hier regelmäßig fest, der Formel-1-Papst Bernie Ecclestone, der mit | |
| einer Kroatin verheiratet ist, amerikanische Schauspieler, Industrielle und | |
| der Anhang dieses Jetsets. | |
| Sie alle genießen die kroatische Inselwelt. Diese Leute waren vor | |
| Jahrzehnten die Ersten, die mit ihren Booten die versteckten Buchten und | |
| Grotten, die Stellen, wo sich Tauchen besonders lohnt, aufgesucht haben. | |
| Jetzt ist Inselhopping zu einem Massenphänomen geworden. Besonders bei | |
| deutschen Touristen ist es populär, für 800 bis 1.500 Euro eine Woche oder | |
| zwei auf einem der typischen dalmatinischen Holzboote, die in kleinen | |
| Werften in Krilo Jasenovac und anderen Küstenorten gefertigt werden, zu | |
| verbringen. | |
| ## Fahrräder sind immer dabei | |
| Igor ist Matrose aus Montenegro, der auf einem der Boote angeheuert hat. | |
| Der 23-Jährige zeigt mir die einfachen Kojen, die engen WCs und die | |
| Holztische, wo die Mitreisenden, wenn nicht gerade Grill am Strand angesagt | |
| ist, essen können. Aber mitnehmen will das Unternehmen den Journalisten | |
| nicht. „Alles ausgebucht“, sagt Igor. Auch bei anderen Firmen sieht es für | |
| mich mau aus. Man ist nicht angewiesen auf gute Presse. Das Geschäft boomt. | |
| Erika aus Monheim in Bayern findet die Reise aufregend und herrlich. Die | |
| sportliche junge Frau hat sich ihr Klapprad mitgenommen und erkundet so die | |
| Inseln, die angelaufen werden. Doch auf den meisten Booten ist für | |
| Fahrräder und organisierte Ausflüge ohnehin gesorgt. | |
| Bleibt nur noch, einen Tagesausflug selbst zu buchen. Ich habe Glück, für | |
| 180 Kuna (22 Euro) die letzte Karte für den nächsten Tag zu ergattern. | |
| „Duje“ heißt das stolze Schiffchen, das von Trogir aus den nördlichen Teil | |
| der Insel Ciovo und dann die nächstgelegene Insel Solta anlaufen soll. Um 9 | |
| Uhr morgens geht es los. Über 100 Menschen drängeln sich auf den | |
| längsseitigen Holzbänken. Wer einen Sitzplatz mit Tisch erkämpft hat, darf | |
| sich über ganztägigen Schatten freuen. Es sind Familien, Rentnergruppen und | |
| Einzelreisende vertreten. | |
| ## Und ein landesüblicher Traubenschnaps... | |
| Am Nachbartisch wird mit bayerischen und Allgäuer Klängen laut über die | |
| Protestbewegungen in der Türkei und in Brasilien diskutiert. „Die | |
| Mittelschichten lassen sich nicht mehr alles bieten“, höre ich. Aufsehen | |
| erregt eine Gruppe aus der Ukraine. Ein gut aussehender junger Mann ist | |
| Hahn im Korb. Vier schöne Mitzwanzigerinnen bemühen sich um ihn. Ihr Lachen | |
| übertönt sogar den Fahrlärm. Polen, Tschechen, Slowaken, Franzosen und | |
| Italiener sind neben den Deutschen und Österreichern dabei. | |
| Die Mannschaft teilt Getränke aus. Stipe, ein schon älterer Matrose, winkt | |
| mich zu sich, nachdem er bemerkt hat, dass ich Kroatisch spreche. Ich | |
| bekomme Saft und einen kräftigen Schluck Loza, den landesüblichen | |
| Traubenschnaps. Die ganze Mannschaft hat etwas getankt. | |
| „Und der Kapitän?“ Sie lachen. „Der natürlich nicht.“ Weil ich währe… | |
| Krieges in Kroatien und Bosnien gewesen bin, erzählt Stipe vertrauensvoll | |
| seine Geschichte, wie er 1995 beim Gegenangriff der Kroaten beim Sturm auf | |
| die Serbenhochburg Knin verwundet worden war. Und dass es nach dem Krieg | |
| für Veteranen schwer war, ins normale Leben zurückzufinden. „Die | |
| Sommersaison dauert nur drei Monate, in dieser Zeit verdiene ich Geld. | |
| Sonst ist Ebbe, es gibt keine Jobs, es bleibt für mich nur, Rakija zu | |
| brennen und Gemüse anzubauen.“ | |
| Langsam zieht die Insel Veliki Drvenik an uns vorüber. „Hier gab es gestern | |
| aus dem Wasser springende Delfine zu bestaunen, leider heute nicht“, | |
| erzählt ein anderer Matrose. Und beginnt ein trauriges Lied zu singen. Das | |
| soll die Delfine anlocken. Klappt aber nicht. | |
| Die Küste der Insel Solta ist aufgetaucht. Kleine Buchten und Höhlen | |
| durchbrechen das poröse vulkanische Gestein. Wir laufen einen kleinen Hafen | |
| an, vertreten uns die Beine, trinken einen Kaffee. Dann geht es schon | |
| weiter. Auf dem Rückweg ist auf der Insel Ciovo schon der am Grill | |
| gebratene Fisch vorbereitet. Jetzt ist auch die Frau des Bootseigners | |
| angekommen. Der Wein stammt von einem Verwandten. So verdienen alle | |
| Familienmitglieder mit. | |
| Den Touristen ist es egal, sie haben hier zwei Stunden Zeit, in dem klaren | |
| Wasser der Adria zu baden, bevor sie abends nach Trogir zur Riva mit den | |
| Yachten der Reichen und Schönen zurückkehren. | |
| 27 Jul 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Erich Rathfelder | |
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