Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Konflikt in Ägypten: Muslimbrüder-Lager vor Räumung
> Die Regierung will in den nächsten 48 Stunden zwei Protestcamps der
> Mursi-Anhänger einkesseln. Die gingen am Freitag wieder auf die Straße,
> es blieb vergleichsweise friedlich.
Bild: Beten für die Muslimbrüder: Freitagabend in Kairo.
KAIROP ap | In Ägypten geben die Islamisten weiterhin keinen Fingerbreit
nach: Tausende Anhänger des vom Militär geschassten Staatschefs Mohammed
Mursi sind am Freitag erneut auf die Straße gegangen. Die Islamisten und
Muslimbrüder fordern die Wiedereinsetzung des an einem unbekannten Ort
inhaftierten Mursis ins Präsidentenamt. Sie versammelten sich vor dem
Medienzentrum im Kairoer Vorort 6. Oktober, um gegen die aus ihrer Sicht
einseitige Berichterstattung zu protestieren.
Tatsächlich unterstützen die meisten Medien den Sturz Mursis durch das
Militär am 3. Juli. Die Demonstranten hätten einen Komplex mit den
Redaktionen mehrerer Medien angegriffen, sagte ein Vertreter der
Sicherheitskräfte. Die Partei für Gerechtigkeit und Freiheit der
Muslimbrüder erklärte dagegen, ihre Anhänger seien bei friedlichen
Protesten vor den Gebäuden mit Tränengasgranaten beschossen worden.
Im Süden der Hauptstadt gab es heftige Zusammenstöße mit der Polizei, die
Tränengas einsetzte. 23 Menschen wurden verletzt. Die Polizei meldete zudem
Dutzende Festnahmen. Bisher ist die Polizei gegen die beiden Lager vor
einer Moschee in Nasr City im Osten Kairos und vor der Universität in Giseh
noch nicht mit Gewalt vorgegangen. Binnen 48 Stunden wollen die
Sicherheitskräfte nun zwei Anfang Juli errichtete Protestlagers einkesseln.
Doch wurde am Freitag sogar ein drittes Lager errichtet. Im östlichen
Stadtteil Heliopolis bauten Tausende Demonstranten Zelte auf und
blockierten den Verkehr, wie der Demonstrant Hani al-Schafei der
Nachrichtenagentur AP sagte. Über dem neuen Protestlager kreiste ein
Militärhubschrauber. Doch später bauten die Demonstranten ihre Zelte wieder
ab und verließen den Ort.
## Gescheiterter Dialog
Die Regierung bezeichnet die Camps als „Bedrohung der nationalen
Sicherheit“. Sie hatte nach Berichten der Tageszeitung Al-Masry Al-Youm die
Anhängern der Muslimbrüder aufgefordert, die Camps zu räumen und die
Regierung anzuerkennen. Im Gegenzug sei ihnen die Freilassung aller
inhaftierten Muslimbrüder angeboten worden sowie eine Beteiligung ihrer
Partei am politischen Prozess, heißt es weiter. Die Islamisten hätten dies
aber abgelehnt. An den Kontakten mit einigen Vertretern der
Islamisten-Organisation sei auch Übergangsvizepräsident Mohammed ElBaradei
beteiligt gewesen.
US-Außenminister John Kerry rief alle Konfliktparteien in Ägypten zur
Zusammenarbeit auf, um gemeinsam eine friedliche Lösung zu erreichen. „Das
letzte, was wir wollen, ist mehr Gewalt“, sagte Kerry in London. Damit
schien er seine kontroversen Äußerungen vom Vortag etwas abschwächen zu
wollen.
In einem Interview des pakistanischen TV-Senders Geo hatte Kerry erklärt,
dass das ägyptische Militär die „Demokratie wiederhergestellt“ habe. Die
Einlassung war von einigen Beobachtern als Signal gewertet worden, dass
sich die USA auf die Seite der ägyptischen Armee schlagen will. Allerdings
hat das Außenministerium in Washington wiederholt betont, dass die USA sich
keiner Seite in dem Konflikt verpflichtet fühlten.
## Al Qaida agitiert
Die Extremisten-Organisation Al Qaida hat derweil per Internetbotschaft
Mursis Anhänger aufgefordert, für die Einsetzung der Scharia zu kämpfen. In
einer am Samstag auf mehreren radikal-islamischen Webseiten
veröffentlichten Aufnahme drängte Al-Kaida-Chef Ajman al-Sawahri die
Muslimbrüder und andere Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi,
sich von der Demokratie abzuwenden und für eine Regierung auf Grundlage des
islamischen Rechts einzusetzen. Die Legitimität liege nicht in Wahlen und
Demokratie sondern in der Scharia. Was in Ägypten geschehen sei, sei der
beste Beweis, dass Demokratie als Weg zur islamischen Herrschaft nicht
tauge.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warnte vor einem
drohenden „Blutbad“. Sprecher Nadim Houry erklärte, die Führung des Landes
müsse das Recht der Demonstranten auf friedliche Versammlung gewährleisten.
Allerdings berichtete eine andere Menschenrechtsorganisation, Amnesty
International, von Fällen mutmaßlicher Tötungen und Folter durch
Mursi-Anhänger in den Protestlagern. So sei einem Mann die Kehle
durchgeschnitten und ein anderer erstochen worden.
Seit Mursis Entmachtung Anfang Juli sind bei gewalttätigen Zusammenstößen
mit Sicherheitskräften mindestens 130 Mursi-Anhänger getötet worden,
Hunderte weitere wurden verletzt.
3 Aug 2013
## TAGS
Mohammed Mursi
Ägypten
Muslimbrüder
Kairo
Demonstrationen
Kairo
Kairo
Ägypten
Ägypten
Muslimbruderschaft
USA
## ARTIKEL ZUM THEMA
US-Diplomatie vermittelt in Ägypten: Aktivismus aus Washington
Zwei US-Senatoren und der Vizeaußenminister sollen in Kairo Wogen glätten.
Die USA wollen die Milliardenhilfe für Ägypten nicht einfrieren, um ihren
Einfluss zu behalten.
Mursi-Anhänger erwarten Armee-Sturm: Die Steine liegen bereit
Kommt der Angriff der Armee noch vor dem Ende des Ramadan, fragen sich die
Islamisten. Die USA versuchen weiterhin, zu vermitteln.
Mursi-Anhänger in Ägypten: Streiten beim Fastenbrechen
Angesichts der drohenden Räumung des Protestcamps in Kairo bleibt die
Führung der Muslimbrüder hart. Doch andere üben Kritik und denken weiter.
Unruhen in Ägypten: Islamisten sind unerschrocken
Die Anhänger des gestürzten Präsidenten Mursi fordern die Staatsmacht
heraus. Trotz der Drohung der Regierung, die Protestcamps aufzulösen,
demonstrieren sie weiter.
Politische Krise in Ägypten: Die Artisten unter den Islamisten
Die salafistische Nour-Partei balanciert nach der Absetzung Mursis auf dem
politischen Drahtseil: Religiöse Doktrin – oder mit dem Militär gegen die
Muslimbrüder.
Machtkampf in Ägypten: Obama schickt Emissäre nach Kairo
Nach Catherine Ashton reisen nun auch zwei US-Senatoren an. Sie sollen den
Druck auf die neue Führung erhöhen, die Macht rasch an eine Zivilregierung
zu übergeben.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.