| # taz.de -- Neuer Film „Gloria“: Immer Ärger mit Rodolfo | |
| > In „Gloria“ hat die Heldin eine heftige Affäre, viel zu kiffen und auch | |
| > sonst in der Mitte des Lebens alles im Griff. Dazu läuft zu Donna Summers | |
| > „I Feel Love“. | |
| Bild: Alles dann doch nicht so einfach: Paulina Garcia als Goria und Sergio Her… | |
| Eine Party, bunte Lichter, Leute tanzen oder sitzen an Tischen. Das | |
| Publikum ist 50 oder älter, hat sich aber gut gehalten. Es läuft „I Feel | |
| Love“, die große Discohymne von Donna Summer, die seit 36 Jahren in vielen | |
| Versionen immer wieder den Höhepunkt von Disconächten markiert. Man sieht | |
| eine Frau, Gloria (Paulina García), unbeschwert tanzen, flirten, sich | |
| unterhalten. Im Film soll sie 58 Jahre alt sein; die Schauspielerin ist 52, | |
| man würde ihr kein Alter zuordnen oder sagen, sie befinde sich in ihrer | |
| Lebensmitte. | |
| Gloria trifft Rodolfo, dem man durchaus ansieht, dass er über 60 ist. Sie | |
| landen im Bett. Eine Liebesgeschichte mit vielen Sexszenen beginnt. | |
| In einem deutschen Film über eine Heldin Ende fünfzig, die wie ein junges | |
| Mädchen immer noch auf Partys geht, sich vergnügt, auf der Suche nach Sex | |
| ist und vielleicht auch nach einer Beziehung, würde eher sentimentale, | |
| ihrem Entstehungsjahr verhaftete Musik laufen, und eine Liebesgeschichte | |
| hätte immer auch etwas von einem Déjà-vu. Dass es in dem Film von Sebastián | |
| Lelio keine Sentimentalitäten gibt, dass Gloria also tatsächlich zu leben | |
| und zu tanzen scheint, wie sie immer gelebt und getanzt hatte, ist wohl | |
| einer der Gründe, weshalb der Film und seine Hauptdarstellerin auf der | |
| diesjährigen Berlinale gefeiert und Paulina García mit einem Silbernen | |
| Bären für die beste darstellerische Leistung ausgezeichnet wurde. | |
| Zwar werden Probleme angedeutet; die Heldin verbringt viel Zeit damit, sich | |
| mit Yoga und Schwimmen fit zu halten; sie fühlt sich manchmal einsam in | |
| ihrer Wohnung und unterhält sich dann mit der haarlosen Katze des Nachbarn, | |
| die sie mal aufgelesen hat, doch eigentlich ist sie eine Powerfrau, wie man | |
| früher gern sagte. Sie hat einen guten Job, von dem man nicht mehr erfährt, | |
| fährt unbeschwert durch Santiago de Chile und singt die Lieder im Autoradio | |
| mit, hat ein gutes Verhältnis zu ihrer Patchworkfamilie und ihr Leben unter | |
| Kontrolle. | |
| ## Sie kommt zurecht | |
| Der ältere Rodolfo dagegen ist der schwächere Part der Beziehung. Schon | |
| allein körperlich; er hat eine Magenverkleinerungs-OP hinter sich, aber vor | |
| allem psychisch: Als er auf einem Familienfest seiner neuen Freundin | |
| eingeladen ist, verschwindet er plötzlich, weil er sich wie das fünfte Rad | |
| am Wagen fühlt. Er kann oder will sich nicht ganz entscheiden und | |
| verschweigt Gloria deshalb zunächst, dass er immer noch mit seiner Exfrau | |
| verbunden ist, worauf sich Gloria von ihm trennt. Auch mit ihrem | |
| Trennungsschmerz kommt sie ganz gut zurecht. | |
| Sie findet ein Päckchen mit Gras, beginnt zu kiffen und rächt sich sehr | |
| humorvoll an Rodolfo. Das Thema Kiffen im Alter tauchte in den letzten | |
| Jahren häufig im Film auf (zuletzt in der schönen französischen Komödie | |
| „Paulette“ von Jérôme Enrico), ist hier aber etwas übertrieben inszenier… | |
| während politische Implikationen nur angedeutet und nicht ausgeführt sind. | |
| „Gloria“ ist ein Wohlfühlfilm mit einigen großartigen Szenen, leidet | |
| manchmal aber auch darunter, dass er ausschließlich aus der Perspektive | |
| seiner Heldin erzählt ist. | |
| 8 Aug 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Detlef Kuhlbrodt | |
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| Berlin | |
| Deutscher Film | |
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