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# taz.de -- Spielervermittler beim Fußball: Die modernen Menschenhändler
> Der Ruf von Spielervermittlern hat zuletzt stark gelitten. Interessieren
> sich manche von ihnen auch für den Fußballer als Menschen?
Bild: Gutes Geschäft für den Berater (nicht im Bild): Gareth Bale von Tottenh…
BERLIN taz | Wie viel ist Gareth Bale wert? Darüber verhandeln gerade die
Präsidenten von Real Madrid und Tottenham Hotspur. Dort ist der Waliser in
der vergangenen Saison zum besten Spieler der englischen Premier League
geworden. Die Professional Footballers’ Association hat den 24-Jährigen
schon zum zweiten Mal als Spieler des Jahres ausgezeichnet. Höchste Zeit,
so scheint es, sich einen neuen Verein zu suchen.
Für 120 Millionen Euro dürfe er zu Real wechseln, hieß es. Damit wäre Bale
der teuerste Spieler aller Zeiten. Die Verhandlungen laufen. Mit am Tisch
sitzt David Manasseh von der Agentur Stellar Football, Bales Berater. Wenn
der Deal ausgehandelt wird, geht es auch um die Provision des Vermittlers.
Die Berater als finstere Menschenhändler?
Hierzulande gelten Maik Barthel und Cezary Kucharski als besonders miese
Vertreter des Spielervermittlermarkts. Sie vertreten den polnischen Stürmer
Robert Lewandowski, der bei Borussia Dortmund zum Star geworden ist. Sie
sind es, die immer wieder die Wechselabsichten Lewandowskis in die
Öffentlichkeit tragen, die nichts dagegen unternommen haben, als auf allen
Kanälen über einen bevorstehenden Wechsel der Stürmers zum FC Bayern
München gesprochen wurde, die selbst immer wieder Vereine nennen, die
Lewandowski angeblich unbedingt haben wollen. Ein Spieler in der Hand
skrupelloser Menschenhändler, die im Millionenspiel Fußball nur an ihren
eigenen Profit denken?
„Der Ruf der Branche war schon immer schlecht – und zwar zu Recht“, sagt
Jörg Neubauer, auf das miese Image der Berufsgruppe angesprochen, der er
selbst angehört. Neubauer ist einer der Großen in der Branche. Zu seinen
Klienten zählen die Nationalspieler Sami Khedira und René Adler sowie
Dortmunds zweifacher Meistertorhüter Roman Weidenfeller. Er hat Jerome
Boateng zum FC Bayern vermittelt und Christoph Metzelder zu Real Madrid.
Seine Arbeitsgrundlage ist sein guter Name. Auf der Liste der in
Deutschland von der Fifa lizensierten Spielerberater ist er nicht
vertreten.
## 450 Vermittler sind beim DFB registriert
Diese Liste wird immer länger. Derzeit sind 450 Spielervermittler beim DFB
registriert. Wer beim Verband eine Prüfung ablegt und die Police einer
Berufshaftpflichtversicherung hinterlegt, darf loslegen und sich an die
Spieler heranmachen, die Beratung bei einem Vereinswechsel brauchen. Die
Prüfung, mit der das Wissen um die Fifa-Regularien zum Transferrecht
getestet wird, ist berüchtigt. Von einer Durchfallquote von 75 Prozent ist
die Rede.
Ein Markt für die Prüfungsvorbereitung ist entstanden. Ein Übungswochenende
beim Sportjuristen Tom Eilers, dem Sohn des früheren DFB-Justiziars Götz
Eilers, kann für 630 Euro gebucht werden. Ein anderer Anbieter, der
Spielervermittler Holger Zimmer, verlangt 500 Euro für die Vorbereitung zu
dem Test, den auch Lewandowskis Berater Barthel schon einmal nicht
bestanden hat.
Henry Hennig kann sich noch gut an seine Prüfung erinnern. „Das war die
schwerste meines Lebens“, sagt er und denkt dabei an das 90-minütige
Ausfragen um die Jahrtausendwende. Der Fragebogen, den es heute auszufüllen
gilt, sei dagegen harmlos, meint Hennig. Er ist in der Spielerberaterliste
die Nummer 32, ein Urgestein unter den geprüften Beratern, einer, der schon
ein paar Spieler in die Bundesliga gebracht hat, der Tim Borowski entdeckt
hat, der aber nicht am ganz großen Rad dreht.
Er weiß von vielen Glücksrittern, die mitspielen wollen im Millionenspiel
Fußball und die Prüfung doch nie geschafft haben. Einer sei gleich sechs
Mal durchgefallen, mit Spielern deale er dennoch. Wie das geht? Ganz
einfach. Anwälte dürfen Kicker vermitteln, auch wenn sie keine Lizenz
haben, und so treten die gescheiterten Prüflinge eben immer gemeinsam mit
einem Juristen auf.
## Alle Begabten haben Berater
Der DFB bemüht sich gemeinsam mit der DFL, den Markt zu regeln. Für
Neubauer ein hilfloses Unterfangen. Wer einen einmaligen Spieler bei einem
Spitzenverein unterbringen wolle, dem werde das schon gelingen. Es komme
eben auf die Ware an, die man im Angebot habe.
An die zu kommen wird immer schwieriger. „Es gibt heute keinen begabten
U19-Spieler mehr, der noch keinen Berater hat“, meint Hennig, der sich auch
deshalb schwertut im Vermittlerbusiness, weil er keine minderjährigen
Spieler anspricht. Hennig, der einst in der Jugend von Werder Bremen zu den
besseren Spielern gehörte, hat miterlebt, wie die Jugendlichen ihre
Schulausbildung vernachlässigten, sobald sie von einem Berater die
Möglichkeit einer Profikarriere aufgezeigt bekämen.
Hennig sieht sich als Vaterfigur für seine Spieler. Vor zwölf Jahren hat er
„Goldene Regeln auf dem Weg zum Profifußballer“ formuliert, die er bis
heute jedem jungen Spieler in die Hand drückt. Darin stehen Sätze wie: „Für
mich ist jedes Training genauso wichtig wie ein Ligaspiel.“ Oder: „Ich
akzeptiere, dass Fußball Arbeit ist.“ Doch die Ratschläge gehen noch
weiter: „Ich pflege mich gezielt, indem ich jeden Tag meine Muskelpartien
abbürste (Stielbürste mit Naturborsten und Noppen).Eine intakte
Durchblutung reduziert die Verletzungsgefahren.“
Für den 20-jährigen Robert Hermann, der vor der Saison von Union Berlin zur
U23 von Hannover 96 gewechselt ist, sollte er zunächst eine Wohnung mit
Familienanschluss in Hannover besorgen. Dann hieß es, die Freundin Hermanns
wolle mitkommen nach Niedersachsen. Dafür brauche sie aber einen
Ausbildungsplatz. Hennig hat mitgeholfen, einen solchen zu finden. Viel
Engagement für einen Spieler, der sich erst noch entwickeln muss. Erst bei
Vertragsabschlüssen in der Bundesliga lohne sich das Engagement wirklich,
meint Hennig.
Auch Neubauer kann in den unteren Ligen nicht allzu viel kassieren. Als
Ersatzpapa, der die Spieler erst zu Profis erziehen muss, sieht er sich
auch nicht. „Ich biete kein Rundum-sorglos-Paket. Ich sehe mich als
spezifischer Berater, kümmere mich um den Arbeitsvertrag, die Vermarktung,
das mediale Auftreten oder Versicherungsfragen. Einen Handyvertrag kann
jeder Spieler allein abschließen“, sagt er.
## Kassieren, was der Markt hergibt
Berührungsängste mit minderjährigen Spielern hat Neubauer auch nicht.
„Gerade Eltern von noch nicht volljährigen Spielern brauchen professionelle
Beratung, wenn sie vor der Unterzeichnung des ersten Vertrags ihres Sohnes
stehen.“
Später soll sich das Geschäft schon lohnen. Von Obergrenzen für
Provisionen, wie sie der Fifa und dem DFB vorschweben, hält er nichts. Er
kassiert, was der Markt hergibt. „Die Provisionen richten sich in ihrer
Höhe schon auch danach, ob der Verein einen Spieler wirklich will oder
nicht“, meint er. Außerdem müssten auch in Provisionsfragen immer die
beiden am Vertragsabschluss beteiligten Parteien zustimmen: der Spieler und
der Verein.
Dem Berater, der in das Business eingestiegen ist, nachdem er als
Pressesprecher des DDR-Fußballverbands die ersten Ost-West-Transfers
mitabgewickelt hat, ist es in der Tat schon passiert, dass ein Klub eine
Provision in der Höhe von drei Monatsgehältern eines Spielers nicht zu
zahlen bereit war. Holger Stanislawski habe als Verantwortlicher beim FC
St. Pauli nicht so viel blechen wollen, erzählt Henry Hennig, der den
Trainer einige Jahre lang betreute. Und er schildert Stanislawski, der den
Zweitligisten 1. FC Köln nach einem Jahr wieder verlassen hat, als fast
hoffnungslosen Romantiker im Fußballmarkt. „Ich glaube, der wollte einfach
zurück nach Hamburg.“
Was Gareth Bale oder Robert Lewandowski wirklich wollen, wissen die beiden
vielleicht selbst nicht mehr. Für ihre Berater ist das ein gute
Geschäftsgrundlage.
13 Aug 2013
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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