| # taz.de -- Gesetz zum Kauf von Ackerland: Ungarns Land in Ungarnhand | |
| > Ein neues Gesetz macht den Grunderwerb für Ausländer faktisch unmöglich. | |
| > Der rechtsextremen Jobbik-Partei ist die Linie noch nicht hart genug. | |
| Bild: Wenn es nach der Regierung geht, sollen Ausländer in Ungarn weitgehend d… | |
| WIEN taz | Ungarns neues Bodengesetz wird der EU noch viel Kopfzerbrechen | |
| bereiten. Im kommenden Mai läuft die Übergangsfrist ab, die es Ungarn | |
| erlaubte, EU-Bürger vom Kauf von Ackerland auszuschließen. Ein unlängst | |
| beschlossenes Gesetz verlängert dieses Kaufverbot de facto. Und es | |
| ermöglicht die Enteignung ausländischer Landwirte, die die strengen | |
| Bedingungen nicht erfüllen. | |
| Premier Viktor Orbán lanciert kein Gesetzesvorhaben, ohne an die | |
| nationalistischen Gefühle seiner Landsleute zu appellieren. Daher rief er | |
| den „Krieg gegen Spekulanten“ aus, bevor das Landgesetz ins Parlament | |
| geschickt wurde. Vor allem Österreicher stehen im Verdacht, in den letzten | |
| 20 Jahren Land Grabbing betrieben und sich illegal Ackerflächen verschafft | |
| zu haben. Es wird geschätzt, dass zwischen 15 und 20 Prozent der | |
| landwirtschaftlichen Nutzfläche in Ungarn von ausländischen Bauern und | |
| Unternehmen bewirtschaftet werden. | |
| Bis 1994 war der Landverkauf an Ausländer nicht geregelt. Der Preis eines | |
| Hektars Ackerland betrug damals etwa ein Hundertstel dessen, was ein | |
| Landwirt in Österreich für die gleiche Fläche hinlegen musste. 1994 wurde | |
| Ausländern der Landerwerb verboten. Mit dem Ende der Übergangsfrist zehn | |
| Jahre nach Ungarns EU-Beitritt, im Mai 2014, muss der Markt geöffnet | |
| werden. | |
| Orbán ist bekannt dafür, dass er jedes Gesetzesvorhaben von Juristen auf | |
| EU-Kompatibilität prüfen lässt. Wenn es schon dem Geist von Brüssel | |
| widerspricht, soll es zumindest juristisch unanfechtbar sein. So stellt das | |
| neue Bodengesetz Bedingungen auf, die unerwünschte Ausländer weiter daran | |
| hindern, in Ungarn Landwirtschaft auf eigenem Boden zu betreiben. | |
| EU-Bürger dürfen künftig Ackerland nur kaufen, wenn sie eine in Ungarn | |
| anerkannte Ausbildung als Landwirt nachweisen können. Auf welche | |
| ausländische Ausbildung das zutrifft, ist noch nicht festgelegt. Sollte der | |
| Nachweis nicht gelingen, dann kommen nur jene EU-Bürger zum Zug, die | |
| mindestens drei Jahre in Ungarn auf eigene Rechnung und eigenes Risiko | |
| Landwirtschaft oder Viehzucht betrieben haben. | |
| ## Der Staat hat ein Vorkaufsrecht | |
| Doch selbst dann dürfte der Ankauf in den meisten Fällen wohl scheitern. | |
| Denn der Staat sichert sich ein Vorkaufsrecht. Wenn er darauf verzichtet, | |
| geht das Vorkaufsrecht auf die Nachbarn, ortsansässige Bauern und | |
| schließlich alle Landwirte in einem Umkreis von 20 Kilometern über. Den | |
| Preis legt die Grundverkehrskommission nach ortsüblichen Kriterien fest. | |
| Auch wenn er mehr bietet, kann der ausländische Interessent sich nicht | |
| dagegen durchsetzen. Die EU dürfte das als Eingriff in die Vertragsfreiheit | |
| beanstanden. | |
| Die rechtsextreme Partei Jobbik fand diese Bestimmungen noch zu weich, | |
| schmähte die Fidesz-Regierung als Verräter an der „heiligen, ungarischen | |
| Erde“ und inszenierte bei der Abstimmung einen theatralischen Protest gegen | |
| den „Ausverkauf an die zionistische Mafia“. | |
| Die Opposition links von Fidesz stößt sich an der Praxis, Ländereien „im | |
| öffentlichen Interesse“ zu enteignen und staatliche Liegenschaften an Kader | |
| und Verwandte von Fidesz-Funktionären zu verpachten. Leute, die mit | |
| Landwirtschaft wenig zu tun hatten, gewinnen durch Grund und Boden | |
| ökonomischen Einfluss in ihren Gemeinden. Die Grünen (LMP) sprachen von | |
| einem neuen Feudalsystem von „Landlords“. | |
| 13 Aug 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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