# taz.de -- Kommentar Israels neue Propaganda: Gehirnwäsche via Netz | |
> Wie verzweifelt muss Israels Regierung sein, wenn sie Studierende | |
> anwirbt, damit sie das Land via Facebook loben? Sehr verzweifelt. | |
Bild: Ein israelischer Soldat besucht die Facebook-Seite der IDF. | |
Es muss ernst um ein Land bestellt sein, wenn es seine Jugend mobilisiert, | |
um das eigene Image im Ausland aufzupolieren. Israel lockt 550 Studierende | |
mit Stipendien. Gut 600.000 Euro hält der Fiskus umgerechnet für sie | |
bereit, wenn sie im Gegenzug über Facebook und Twitter die Politik der | |
Regierung anpreisen. | |
Ob man den Bau in den Siedlungen oder Benjamin Netanjahus harte Haltung | |
gegenüber den Palästinensern wirklich unterstützt, ist für eine Bewerbung | |
auf das seltsame Stellenangebot nebensächlich. Wichtig sind gute | |
Sprachkenntnisse und Ausdrucksfähigkeiten. Ideale und Prinzipientreue sind | |
nicht länger gefragt. | |
Man stelle sich Avi vor, der Anfang 20 ist, oder die gleichaltrige Leah. | |
Anstatt ihre Studiengebühren als Kellner oder Putzhilfen zu verdienen, | |
sitzen sie in vollklimatisierten und mit Computern ausgestatteten Räumen, | |
die die Uni eigens zur Verfügung stellt, und posten gemütlich von | |
Regierungserklärungen inspirierte Kommentare. Das ist so verlockend wie | |
gefährlich. Wenn man lange genug die Vorstellungen anderer verbreitet, | |
glaubt man irgendwann daran. | |
Damit aber noch nicht genug der Gehirnwäsche. Da liest ein sozialer | |
Netzwerker die Facebook-Kommentare und hat keine Ahnung davon, dass er es | |
mit einem bezahlten Propagandisten zu tun hat. Ganz ähnlich ist das bei | |
Fernsehserien, in denen die Helden immer dieselbe Sorte Kaffee trinken oder | |
eine bestimmte Zigarettenmarke rauchen, da der Sender sich von diesen | |
Unternehmen die Drehkosten finanzieren lässt. Jetzt betreibt auch der Staat | |
Israel Schleichwerbung. | |
Die jungen Botschafter sollen gegen die internationale Isolation des Landes | |
und die immer häufigeren Boykottaufrufe wirken, indem sie den Pluralismus | |
Israels preisen, die Religionsfreiheit und demokratische Werte. Hier jedoch | |
beißt sich die Katze in den Schwanz, denn als demokratisch kann diese Form | |
der Propaganda eben nicht bezeichnet werden. | |
Diese Quadratur des Kreise hat einen Namen: Danny Seaman, ehemals Chef des | |
Staatlichen Pressebüros und Erfinder der neuen Propagandastrategie. Seaman | |
soll die Nationale Informationsabteilung für interaktive Medien leiten, ein | |
Posten, der eigens für ihn geschaffen wurde, was schon deshalb absurd ist, | |
da er selbst nach einer Serie rassistischer Kommentare nicht mehr auf | |
seiner Facebook-Seite veröffentlichen darf. | |
„Gibt es eine diplomatische Formulierung für 'Go f.... yourself'“, schrieb | |
er auf die palästinensische Forderung, den Siedlungsausbau zu unterbinden. | |
Zu einem diplomatischen Eklat führte sein Eintrag am 8. August. "Ich bin | |
diese Japaner leid", wenn sie "ihre jährlichen, selbstgerechten | |
Gedenkveranstaltungen für die Opfer von Hiroshima und Nagasaki abhalten“. | |
Die Angriffe seien „Konsequenz japanischer Aggression" gewesen. | |
Die Entscheidung, Seaman einen Maulkorb anzulegen, ist überfällig. Einen | |
„Tritt in den Hintern“, so erklärte er einst in aller Öffentlichkeit, | |
verdienten die Korrespondenten. Wer es wirklich auf demokratische | |
Öffentlichkeitsarbeit anlegt, sollte Seaman also schleunigst aus seinem Amt | |
befördern. Sein Programm für die studentischen Hilfskräfte kann er dann | |
gleich mitnehmen. | |
20 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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