Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Neue RTL-Soap „Doc meets Dorf“: Fritzi Frühling und der Stenz
> Wenn der Landarzt romantisch wird: Die neue RTL-Serie „Doc meets Dorf“
> ist schriller, amüsanter Plastiktrash mit Stiersperma.
Bild: Mal nicht besudelt: Schauspieler Bert Tischendorf und Inez Björg David.
Ein Kaff irgendwo im ostdeutschen Nichts. Dorthin kehrt ein gefallenes
Großstadtgör unfreiwillig wieder zurück. Stöckelt auf High Heels über den
Bahnsteig, während einer der beiden Züge, die hier am Tag so halten, sich
langsam wieder in Bewegung setzt. „Doc meets Dorf“, Landarztserie „meets�…
romantische Komödie, kann beginnen.
In diesem quietschbunten „Romantic Drama“ (so die offizielle Umschreibung)
geht es also um eine Herzchirurgin (Inez Bjørg David), die sich in ihrem
Spital zum Horst macht und Hals über Kopf aufs Land flüchtet, weil dort
gerade auch ihre Tante beerdigt wird.
Besagte Tante hat ihr noch ein Landgut vermacht, das von einer
schießwütigen Deutsch-Vietnamesin (Linda Chang) bewacht wird. Natürlich hat
das ganze Dorf nur auf die Gelegenheit gewartet, die Abtrünnige wieder
zurück an die Heimat zu binden, schließlich wird eine Landärztin gebraucht;
und Dr. Fritzi Frühling (ja, so heißt die Figur) muss sich schließlich
darauf einlassen.
Gerade in der ersten Folge geht alles drunter und drüber – natürlich fernab
jedwelcher Logik. Was wir sehen, ist eine völlig durchgeknallte, typisch
rheinländische Serie, hinter der nicht umsonst RTL steht. Rheinischer
Surrealismus. Diddle-Maus-Figuren, für die das Wort „Charaktere“ eine
maßlose Übertreibung wäre, mit losem Mundwerk in einer
modelleisenbahnartigen Landschaft, die sich gar nicht wirklich verorten
lässt (daher spricht hier auch niemand irgendeinen Dialekt). Es könnte halt
überall sein. Überall in Deutschland.
## Rheinischer Surrealismus
Und alles ist so dermaßen überzeichnet, die Klischees derart überhöht, dass
es weh tut und – funktioniert. Man kann nämlich auch Spaß haben mit diesem
schrillen Plastiktrash – und besonders das weibliche RTL-Publikum wird ihn
wohl auch haben.
Dafür sorgen nicht zuletzt die männlichen Figuren. Da gibt es – Vorsicht
Spoiler! – den Exfreund und Tierarzt (Bert Tischendorf), der aussieht wie
aus einem Frisurenmagazin ausgeschnitten, und als Gegenpart den muskulösen
Handwerkerstenz (Steve Windolf) mit stets vorzeigbarem Body und reizvoller
Espressomaschine (Fritzi Frühling ist nämlich koffeinsüchtig).
Dazu einen trotteligen Kumpel, der hauptberuflich den Dorfpolizisten macht
und heimlich in die schon vergebene Sprechstundenhilfe verliebt ist, die
wiederum geistig leicht von gestern ist, dafür in ihrer Schrulligkeit
besonders charmant.
## Frau Dr. Frühling ist im Dorf nicht unumstritten
Aber es ist nicht nur witzig, nicht nur auf „kesse Lippe“, wie man früher
einmal sagte, wir haben es ja mit einem „Romantic Drama“ zu tun. Ab Folge 2
nimmt das Drama zu: Natürlich ist Frau Dr. Frühling im Dorf nicht
unumstritten, kann sich aber mit den richtigen Rettungs- und
Diagnoseaktionen in die Herzen der Bewohner und der Zuschauer hinein
doktorn.
Dann geraten auch Tiere ins Bild – Fritzi muss sich die Praxis ja mit dem
Veterinär teilen. Und langsam entfalten sich Liebeskonflikte – mit dem Ex
versteht sich Fritzi F. saugut, im Bett landet sie aber vorerst doch lieber
mit dem Stenz.
Lassen wir also die Kirche – die hier übrigens weitgehend und wohltuend
fehlt – im Dorf: Bei aller Durchgeknalltheit ist das hier am Ende genauso
provinziell wie es der größte Teil unseres Landes eben ist. Die romantische
Idee wird auch nicht vergehen, nur weil frau versehentlich mit Stiersperma
vollgespritzt wird.
22 Aug 2013
## AUTOREN
René Hamann
## TAGS
RTL
Soap
Wahlkampf
TV-Serien
Public Viewing
Peter Stöger
London
## ARTIKEL ZUM THEMA
Fernsehen und Wahl: Hass und Verachtung
Die TV-gesteuerte Verblödung der Bevölkerung ist von den meisten Parteien
gewollt. Darum gehört das Fernsehen nicht in ihr Wahlprogramm.
„Game of Thrones“-Schauspieler: Der das Weite sucht
Schauspieler Tom Wlaschiha aus Dohna bei Dresden macht international
Karriere. Nach „Game of Thrones“ erhält er eine der Hauptrollen in
„Crossing Lines“.
Kommentar Bundesligastart: Das Runde im Eckigen
Die Gastronomie mit Bildanschluss kann sich freuen: Die Goldgrube
Fußballübertragung geht in die nächste Runde, Saison genannt.
Kolumne Press-Schlag: Mit Brille und Gebiss
Österreich, Köln und Zweiteklassigkeit – das ist eine klassische
Kombination. Mit Peter Stöger kommt ein Wiener Meistertrainer an den Rhein.
John Lanchesters „Capital“: Die gentrifizierte „Pieps-Straße“
Lanchesters jüngster Roman porträtiert die Bewohner einer Straße Londons.
Sie sind Profiteure der Finanzkrise – wären da nicht diese Ansichtskarten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.