# taz.de -- Proteste in Tunesien: „Ihr seid gescheitert, jetzt geht!“ | |
> Tausende Tunesier haben am Samstag den Rücktritt der Regierung gefordert. | |
> Eine Expertenregierung soll ins Leben gerufen werden. | |
Bild: Friedlich geblieben: Proteste in Tunis. | |
TUNIS ap | In Tunesien haben am Samstagabend Tausende Menschen die | |
islamistisch geführte Regierung zum Rücktritt aufgefordert. Vor dem | |
Parlament in der Hauptstadt Tunis riefen sie Sprechchöre. Die Polizei | |
beobachtete die Demonstration und durchsuchte Handtaschen. Anders als bei | |
früheren Protesten, bei denen auch Tränengas eingesetzt wurde, blieb es | |
friedlich, wie Behörden mitteilten. | |
Die Demonstration gab den Startschuss für eine Woche von Protesten einiger | |
Oppositionsparteien, die sich unter dem Namen Nationale Rettungsfront | |
zusammengeschlossen haben. Sie fordern den Rücktritt der Regierung von | |
Ministerpräsident Ali Larayedh und bis zu Neuwahlen die Einsetzung eines | |
Kabinetts aus Technokraten. | |
Larayedhs Ministerrunde wird vorgeworfen, unfähig zu sein, die Sicherheit | |
im Land zu garantieren und die Wirtschaft zu stärken. „Wir haben Euch | |
ausprobiert, Ihr seid gescheitert, jetzt geht!“, riefen die Demonstranten | |
am Samstag. | |
Aus Protest gegen die Regierung haben Oppositionspolitiker ihre Arbeit im | |
Parlament mittlerweile ausgesetzt. An der Demonstration vom Samstag nahmen | |
sie mit Leibwächtern an ihrer Seite teil – viele von ihnen hatten | |
Morddrohungen bekommen. | |
## Regierung ohne Vorbedingungen auflösen | |
Seit der Wahl 2011 regiert die islamistische Ennahda-Partei zusammen mit | |
zwei weltlichen Koalitionspartnern. Die Lage im Land ist seit der Ermordung | |
des Oppositionspolitikers Mohammed Brahmi Ende Juli angespannt. Er war vor | |
seinem Haus mit 14 Schüssen niedergestreckt worden. Bereits im Frühjahr | |
hatte es nach dem Mord an einem anderen Oppositionspolitiker, Chokri | |
Belaïd, Unruhen in dem Land gegeben, das als Ausgangspunkt des Arabischen | |
Frühlings gilt. | |
Die Regierung vermutet hinter beiden Morden islamische Extremisten. Die | |
Opposition ihrerseits sieht darin ein Zeichen, dass die Regierung ihre | |
Bürger nicht schützen kann. Tunesiens größte Gewerkschaft UGTT vermittelt | |
bereits zwischen beiden Seiten, um die von der Opposition geforderte | |
Expertenregierung ins Leben zu rufen. Die Ennahda-Partei stimmte am | |
Donnerstag einem solchen Kabinett „im Prinzip“ zu, allerdings nur nach | |
weiteren Verhandlungen. | |
Das wertete die Opposition jedoch als Hinhaltetaktik. Die Regierung | |
aufzulösen sei eine Vorbedingung für Gespräche. „Die Opposition ist | |
entschlossen, nein zu allen Verhandlungen zu sagen, bis die Regierung | |
aufgelöst ist“, sagte Karima Suid von der linksgerichteten | |
Al-Massar-Partei. Ende Juli hatte die Regierung für den 17. Dezember | |
Neuwahlen angekündigt und damals gleichzeitig Rücktrittsforderungen | |
zurückgewiesen. | |
Tunesien mit seinen zehn Millionen Einwohnern und seiner großen, gebildeten | |
Mittelschicht gilt als dasjenige Land mit den besten Chancen, den Übergang | |
zu einer funktionierenden Demokratie zu schaffen. Anfang 2011 war | |
Machthaber Zine El Abidine Ben Ali unter dem Druck der Proteste | |
zurücktreten. Dies markierte den Beginn des Arabischen Frühlings. | |
25 Aug 2013 | |
## TAGS | |
Tunesien | |
Tunis | |
Ennahda | |
Tunesien | |
Tunesien | |
Tunesien | |
Feminismus | |
Tunesien | |
Tunesien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Tunesiens Islamisten: Demokratie wieder in Sichtweite | |
Tunesien wird oft belächelt in der arabischen Welt, so klein, so | |
unbedeutend. Aber sie könnten die ersten sein, die es zur Demokratie | |
schaffen. | |
Übergangsregierung in Tunesien: Islamisten geben Druck nach | |
Nach langen Verhandlungen tritt die von Ennahda geführte Regierung ab. Nun | |
solle es eine neue Verfassung, ein Referendum und Neuwahlen geben. | |
Proteste gegen Verhaftungen in Tunesien: Die Stimme des Volkszorns | |
Die Regierung hat offenbar große Angst vor kritischen Stimmen: In Tunesien | |
werden engagierte Rapper und Filmemacher weggesperrt. | |
Tunesische Aktivistin: Amina macht Schluss mit Femen | |
Die junge Aktivistin Amina Sbouï wirft der Frauenrechtsgruppe | |
Islamfeindlichkeit vor. Sie fordert die Organisation auch auf, ihre | |
Geldquellen offen zu legen. | |
Proteste in Tunesien: Ein erster Sieg der Straße | |
In Tunis demonstrieren Zehntausende gegen die Regierung der islamistischen | |
Ennahda-Partei. Als Reaktion setzt die verfassunggebende Versammlung ihre | |
Arbeit aus. | |
Proteste in Tunesien: Zehntausende demonstrieren friedlich | |
Regierungsgegner, wie -anhänger zeigen Stärke. In der Nacht zum Sonntag | |
sind sie auf Tunis' Straßen unterwegs. Neuwahlen sind für Dezember geplant. |