# taz.de -- V-Leute in Thüringen: Vom Verfassungsschutz verraten | |
> Der Thüringer Verfassungsschutz soll die Namen von Linksradikalen an | |
> einen rechtsextremen V-Mann weitergereicht haben. | |
Bild: Justizminister Holger Poppenhäger auf dem Weg zum Trinkaus-Untersuchungs… | |
DRESDEN taz | Schon im Dezember des vergangenen Jahres hatte Kai-Uwe | |
Trinkaus, Neonazi und ehemals V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes, | |
behauptet, er sei von Verfassungsschützern mit Informationen über | |
Linksautonome versorgt worden. | |
So war auf der NPD-Internetseite eine Liste mit Namen von Linksautonomen | |
aufgetaucht, die des Überfalls auf einen Erfurter Neonazitreff verdächtigt | |
wurden. Jetzt stützt ein Gutachten des ehemaligen Landtagsabteilungsleiters | |
Norbert Engel die Behauptungen des V-Manns. Engel kommt außerdem zu dem | |
Schluss, dass der Neonazi Trinkaus nie als V-Mann hätte eingesetzt werden | |
dürfen. | |
Neben Thomas Dienel und Tino Brandt ist Trinkaus in Thüringen die dritte | |
schillernde rechtsextreme Figur mit einem Doppelleben, die erst durch die | |
Aufdeckung der NSU-Mordserie ins Blickfeld der Öffentlichkeit geriet. Die | |
Eltern des heute 47-Jährigen waren im Diplomatischen Dienst der DDR tätig. | |
Trinkaus saß bis 1995 für die PDS im Erfurter Stadtrat. | |
Im Mai 2006 bot er sich dem Geheimdienst selbst als Informant an. In den | |
folgenden beiden Jahren erhielt er für Berichte insgesamt 16.200 Euro, die | |
er nach eigenen Angaben für die NPD einsetzte. In die Landtagsfraktion der | |
Linken schleuste er kurzzeitig einen Spitzel ein. Erst 2012 wurde Trinkaus | |
enttarnt. | |
## Landesamt kennt keine Regeln | |
Im Auftrag der Thüringer Parlamentarischen Kontrollkommission hatte Norbert | |
Engel seit Jahresbeginn den Fall Trinkaus untersucht. Aus Indizien schließt | |
er, dass die von der NPD veröffentlichte Namensliste linker Verdächtiger | |
tatsächlich vom Verfassungsschutz stammen könnte. Trinkaus will sie von | |
seinem V-Mann-Führer abgeschrieben haben. Gegenüber der Originalliste | |
fehlen bei der Veröffentlichung aber drei Namen, die wiederum in der | |
geheimen Datenbank des Landesamtes als Rechtsextremisten eingestuft werden. | |
Engel folgert, dass der Spitzel „diese Information nur aus dem Landesamt | |
für Verfassungsschutz haben konnte“. Außerdem deuteten Ungenauigkeiten auf | |
hastiges Abschreiben hin. | |
Nach Erkenntnissen des Gutachters muss der Thüringer Verfassungsschutz | |
unter großem Erfolgsdruck gestanden haben, als er die Vereinbarung mit | |
Trinkaus traf. Die Verfassungsschützer hätten sich nicht einmal die Mühe | |
gemacht, die früheren Verbindungen ihres Informanten zur PDS zu | |
recherchieren. „Lieber ein problematischer Zugang als gar keine Quelle“, | |
zitiert Spiegel Online aus dem Gutachten. Ein solch labiler Mann, der von | |
der NPD wiederum zur DVU wechselte, hätte nicht als V-Mann eingesetzt | |
werden dürfen, kritisiert der Gutachter. | |
„Das Landesamt verstößt immer wieder und wissentlich gegen die eigenen | |
Regeln“, kommentiert Martina Renner, innenpolitische Sprecherin der | |
Linksfraktion im Erfurter Landtag, das Engel-Gutachten. Es bestätige sich | |
außerdem, dass die Landesregierung ihren Geheimdienst nicht kontrolliere. | |
Den damals zuständigen heutigen Innenstaatssekretär Bernhard Rieder (CDU) | |
sieht die Linke erneut belastet. | |
Auch der Koalitionspartner SPD übt Kritik. Fraktionschef Uwe Höhn nannte | |
die Vorwürfe des Gutachters „beschämend“ und verwies ebenfalls auf die | |
Personalie Rieder. Innenministerium und die ohnehin angeschlagene | |
Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) gerieten zum wiederholten | |
Mal in Erklärungsnot. | |
28 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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