# taz.de -- Norwegische Grünenpolitikerin: Utopische Realistin | |
> Kreativer als die anderen: Dass die Grünen in Norwegen den Sprung ins | |
> Parlament schaffen könnten, liegt auch an ihrer Spitzenfrau Marcussen. | |
Bild: Dass man sie und ihre Partei als utopisch kritisiert, stört Hanna Elise … | |
STOCKHOLM taz | Hanna Elise Marcussen hat einen großen persönlichen Anteil | |
daran, dass die norwegischen Grünen vor den Parlamentswahlen am 9. | |
September die Überraschung des Wahlkampfs sind. Nicht nur viel Zeit und | |
Arbeit hat die Vorsitzende in den letzten 5 Jahren in die Parteiarbeit | |
gesteckt, sondern auch eine Erbschaft von rund 70.000 Euro. | |
Der Erfolg: Die Partei, die auf nationaler Ebene 25 Jahre bei Stimmanteilen | |
mit einer Null vor dem Komma vor sich hin dümpelte, ist nun eine | |
schlagkräftige Organisation mit über 5.000 Mitgliedern und 100 | |
Lokalorganisationen geworden und hat eine realistische Chance, erstmals die | |
Sperrklausel ins Storting zu nehmen. Das gelang einer Partei in Norwegen | |
zuletzt vor 40 Jahren. | |
„Wenn das so rollt wie jetzt, hat sich jede Minute gelohnt“, freut sich die | |
35-jährige Archäologin. Ins Kommunalparlament von Oslo hatte sie es für die | |
Grünen schon vor zwei Jahren geschafft. Der Partei selbst war sie erst | |
2007, ein Jahr bevor sie zur Spitzenfrau gewählt wurde, beigetreten. Aus | |
Frustration über eine Regierung, die sich rot-grün nannte, aber so wenig | |
für Umwelt und Klima tat. Und weil sie über Facebook das Parteiprogramm der | |
Grünen entdeckte. | |
Soziale Medien sind auch ein wichtiger Kanal, über den Marcussen jetzt ihre | |
grüne Botschaft verbreitet: Zu den großen Wahldebatten wird sie nämlich | |
nicht eingeladen. „Das hat uns nur geholfen, etwas kreativer als die | |
anderen zu sein“, meint die „taleskvinna“ (Sprecherin), die in den letzten | |
Wochen mit der Botschaft das Land bereiste, das Ölland Norwegen müsse sich | |
vom Öl verabschieden und deshalb den Gürtel enger schnallen, höhere Steuern | |
und mindere Kaufkraft akzeptieren. Ob man damit Stimmen gewinnen kann? | |
„Klar, die Leute sind doch nicht dumm. Ich mache die Erfahrung, dass sie | |
froh sind, weil das endlich jemand mal klar sagt.“ | |
Dass man sie und ihre Partei als utopisch, unrealistisch, naiv und | |
verantwortungslos kritisiert, stört die Singlefrau, zu deren Vorbildern | |
Petra Kelly und die norwegisch-französische EU-Parlamentarierin Eva Joly | |
gehören, nicht: „Ich finde, wir sind realistisch. Wollen wir so weiterleben | |
wie jetzt, bräuchten wir drei Erden.“ | |
3 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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