| # taz.de -- Neue Serie auf Arte: Ohrfeige mit Schmetterlingseffekt | |
| > Ein einziger Schlag verändert das Leben aller Augenzeugen und | |
| > Betroffenen. Davon erzählt die australische Serie „The Slap“ – aus acht | |
| > Blickwinkeln. | |
| Bild: Sieht nicht amüsiert aus: Connie (Sophie Lowe) auf einer Party | |
| Die letzte australische Fernsehserie, an die sich die Autorin dieses Textes | |
| erinnert, war „Neighbors – Nachbarn“ mit der blutjungen Kylie Minogue Mit… | |
| der 80er. Vor allem der Titelsong der deutschen Synchronfassung ist ihr | |
| unwiderruflich in den Kopf eingebrannt: „Kommst du nach Haus, gleich Tür an | |
| Tür, sind nette Menschen da, fast ein Stück von dir“. | |
| Heute startet auf Arte eine neue Fernsehserie aus Down Under. „The Slap – | |
| Nur eine Ohrfeige“ ist eine über acht Folgen in sich geschlossene | |
| Geschichte, die nicht nur hinter die frisch verputzten Reihenhausfassaden | |
| gucken will, sondern ein Panorama der gesamten australischen Gesellschaft | |
| zeichnet, quer durch Einwanderermilieus und soziale Schichten. | |
| Die Geschichte geht so: Hector (Jonathan LaPaglia), Sohn griechischer | |
| Einwanderer, feiert seinen 40. Geburtstag, ein Barbecue mit Familie und | |
| Freunden. Währenddessen flirtet er wild mit Connie (Sophie Lowe), der 17 | |
| Jahre alten Sprechstundenhilfe seiner Frau Aisha (Sophie Okonedo), als sein | |
| Cousin Harry dem vierjährigen Sohn eines befreundeten australischen | |
| Hippiepärchens eine schallende Ohrfeige gibt. Vor aller Augen. | |
| Jonathan LaPaglia spielt den Hector als eine Art Brad Pitt mit der arrogant | |
| geschwollenen Schrankwandbrust eines Tom Cruise. Sophie Lowes Connie | |
| changiert perfekt zwischen Albernheit und Stärke, Sophie Okonedo wird als | |
| Aisha scheinbar in jeder Folge ein Jahr älter. | |
| Denn via Schmetterlingseffekt wird aus dem Luftzug der Ohrfeige ein Orkan, | |
| der das Leben sämtlicher Partygäste verändern wird. Jede der acht Folgen | |
| wird aus der Perspektive einer anderen Figur erzählt, ähnlich wie in Eugen | |
| Ruges „In Zeiten des abnehmenden Lichts“. | |
| ## Alle Entscheidungen allein getroffen | |
| Nur wird hier nicht immer wieder zurückgespult und derselbe Geburtstag aus | |
| unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet wie in dem DDR-Roman, sondern es | |
| wird gewissermaßen geradeaus weitererzählt. Perfekter Stoff für eine | |
| Fernsehserie. | |
| Die Gattung Serie gilt als das epische Erzählformat der Gegenwart, der | |
| Roman des 21. Jahrhunderts. „The Slap“ ist sogar eine Verfilmung eines | |
| Romans, des Bestsellers „Nur eine Ohrfeige“ von Christos Tsiolkas. Im Roman | |
| wird das Vergangene im Erinnern der Figuren gegenwärtig; ein Effekt, der im | |
| Film schwer zu erreichen ist. Für die Verfilmung wurde die Handlung deshalb | |
| verdichtet und teilweise umsortiert. Es wurden Zusammenhänge geschaffen, wo | |
| vorher keine waren, was wiederum im Gesamtverlauf Konsequenzen fordert. | |
| Siehe Schmetterlingseffekt. | |
| Die zweite Folge erzählt zum Beispiel – wie das zweite Romankapitel – die | |
| Geschichte aus der Perspektive von Anouk (Essie Davis) weiter. Sie ist die | |
| beste Freundin von Aisha und Rosie, der Mutter des Jungen, der die Ohrfeige | |
| bekommen hat. Anouk interessiert diese ganze Ohrfeigensache herzlich wenig. | |
| Sie ist Chefdramaturgin einer australischen Seifenoper, die sich über den | |
| gesamten Globus verkauft (Nachbar, Nachbar, ick hör dir trapsen), und hat | |
| eine Affäre mit Rhys, dem Star dieser Serie, der theoretisch ihr Sohn sein | |
| könnte. Eine selbstbewusste, coole Frau, die weiß, was sie will. | |
| Theoretisch. Denn eigentlich würde sie viel lieber endlich ihren Roman | |
| schreiben. Und nun ist sie schwanger. | |
| Im Buch wägt sie ihre Möglichkeiten gegeneinander ab, überlegt, was ihre | |
| Freundinnen sagen würden, zieht sie dann aber nicht ins Vertrauen und | |
| trifft alle Entscheidungen allein. Im Film behält sie ihre Geheimnisse | |
| nicht für sich und beschwört ein Drama herauf. Nichts bleibt ohne Folgen. | |
| 5 Sep 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Lea Streisand | |
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