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# taz.de -- Armeeeinsatz in Ägypten: Mittags ist Kerdassa „befreit“
> Ein von ägyptischen Islamisten kontrollierter Ort wird von Polizei und
> Militär zurückerobert. Das war nicht das erste Mal in dieser Woche.
Bild: Einsatz von Polizei und Armee in Delga
KAIRO taz | Kerdassa ist ein kleiner Ort im Westen von Kairo, dort wo die
Außenbezirke der ägyptischen Hauptstadt in ländliches Gebiet übergehen.
Normalerweise kann man hier zusehen, wie die Bauern am Ende des Tages ihre
Wasserbüffel nach Hause treiben.
Doch am Donnerstag, nachdem die Polizei den Ort am Morgen rüde gestürmt
hat, herrscht hier Ausnahmezustand. Direkt neben einem Bewässerungskanal am
Ortseingang hat die Armee eine Sperre errichtet. Hier kommt keiner raus und
rein, solange die Operation läuft, mit Ausnahme von Polizisten und
Journalisten.
Drinnen wirkt Kerdassa wie ausgestorben. Die Polizei hat die Bewohner
aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Nur im Zentrum, bei der Polizeiwache,
herrscht reges Treiben. Der Platz ist voll mit Polizei und
Staatssicherheit, die mit ihren Kalaschnikows auf den nächsten Einsatz
warten. Manche Polizisten sind maskiert.
Die Polizeiwache ist vollkommen ausgebrannt, ebenso wie mehrere davor
geparkte Polizeifahrzeuge. Im Juli, als die Sicherheitskräfte die
Protestlager der islamistischen Pro-Mursi-Anhänger in Kairo brutal
aufgelöst hatten, war in Kerdassa die Wache gestürmt worden. Elf Polizisten
waren dabei ums Leben gekommen. Seitdem war der Ort für die
Sicherheitskräfte eine No-go-Area.
## „Ort von kriminellen Elementen befreit“
Bis die Polizei jetzt den Ort „zurückeroberte“. Bei Feuergefechten kam ein
hoher Polizeioffizier ums Leben – der Vizepolizeichef der Provinz Giseh,
Nabil Farrag. Gegen Mittag scheinen die Sicherheitskräfte die volle
Kontrolle zurückgewonnen zu haben. Bereits am Montag hatten Soldaten die
von bewaffneten Islamisten kontrollierte Stadt Delga im Zentrum des Landes
gestürmt.
„Wir sind um sechs Uhr morgens gekommen, um den Ort von kriminellen
Elementen zu befreien“, erklärt Offizier Medhat El-Minshawy, der die
Operation in Kerdassa leitet. „Die Operation läuft noch.“
Bis zum Nachmittag wurden 51 Verhaftungen gemeldet. Die Staatssicherheit
geht mit Listen der angeblich für die Stürmung der Polizeiwache
Verdächtigen von Haus zu Haus. „Die Bewohner Kerdassas unterstützen uns, so
gut sie können“, meint El-Minshawy.
## Mit verbundenen Augen abgeführt
„Polizei und Armee kamen bei Morgengrauen und haben befohlen, die Läden
geschlossen zu halten. Jeder, der ihnen nicht gefolgt ist oder doch auf der
Straße war und womöglich noch einen Bart trug, wurde verhaftet“, erzählt
ein Handwerker unweit der Polizeistation. Diejenigen, die am Morgen auf die
Polizei geschossen haben, seien nicht aus Kerdassa. „Wir unterstützen die
Polizeioperation“, sagt er. Um das Ganze zu untermalen, klatscht die
Gruppe, als mehrere gepanzerte Polizeifahrzeuge die Straße entlang kommen.
Am Nachmittag wiederholt das ägyptische Fernsehen immer wieder Bilder von
Verhaftungen. Junge Männer werden in den Feldern um Kerdassa festgenommen
und mit verbundenen Augen abgeführt. Kein Wunder, dass an diesem Tag keine
Anhänger der Muslimbrüder oder Gegner des Polizeieinsatzes im Ort zu finden
sind. Ihre Handys sind abgeschaltet.
19 Sep 2013
## AUTOREN
Karim Gawhary
## TAGS
Muslimbrüder
Ägypten
Islamismus
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