| # taz.de -- Kommentar Parteisongs: Mit Fremdscham zur Wählerstimme | |
| > Müssen Parteisongs furchtbar und peinlich sein? Ja, natürlich! Die Top | |
| > Five der peinlichsten Vertreter eines ehrlosen Musikgenres. | |
| Bild: Wahlkampfsong der CDU „An jedem neuen Tag“. Schlimmer geht's nicht? D… | |
| Als hätte Leslie Mandoki dem hiesigen Pop mit seiner | |
| Ethno-Trash-Travestie-Combo Dschingis Khan seinerzeit nicht genug angetan, | |
| kommt es aktuell noch schlimmer. Mandoki schickt als offiziellen | |
| Wahlkampfsong 2013 der CDU das Stück [1][„An jedem neuen Tag“] ins Rennen … | |
| und erntet mit dem bestürzend charismabefreiten Pop-Schlager sensationelle | |
| Missfallensraten auf youtube. Müssen Parteiensongs wirklich so furchtbar | |
| sein? Klare Antwort: Ja. Hier die fünf peinlichsten Vertreter eines ohnehin | |
| völlig ehrlosen Musikgenres. Mit Fremdscham zur Wählerstimme. | |
| Platz Fünf „Wähl auch Du CDU / CDU | |
| Dieses Stück konnte 1972 nicht verhindern, dass Willy Brandt das beste | |
| Bundestagswahlergebnis für seine Partei und damit den Wahlsieg einfuhr. | |
| Musikalisch bleibt das Desaster überschaubar, pompöse Bläser und eine | |
| Gesangsstimme nah an Udo Jürgens wirken im Rückblick auch nicht skurriler | |
| als viele parteilose Schlager jener Epoche. Die Selbstdemontage liefert | |
| eher der unsägliche Battle-Text gegen die amtierende Regierung: „Die Lage | |
| ist fatal / Schall und Rauch blieb das Erneuern und die Senkung uns’rer | |
| Steuern / und die Preise stiegen maximal!“ | |
| Platz Vier „Der Unterschied“ / Die Grünen | |
| Der Song zur letztjährigen Landtagswahl in NRW. Die Gruppe Half A Running | |
| Ghost erfüllt bis zur Schmerzgrenze das Klischee von bemühtem | |
| Sparkassenrockkitsch mit „Message“. Das gitarrige Gemuckere kann mit | |
| größtem Mitgefühl noch als Loser-Independent-Musik durchgehen. „Man kann | |
| nicht wissen / wie die Welt von morgen ist / aber du hast gerafft / dass es | |
| nur eine davon gibt“. Gute Güte! | |
| Platz Drei „Hoch auf dem gelben Wagen“ / FDP | |
| Als leider unsterblich erweist sich die Performance von Walter Scheel zu | |
| „Hoch auf dem gelben Wagen“. Mit abgemilderter Marschmusik, Väterchen | |
| Wirtschaftswunder-Attitüde und der Biederkeit eines | |
| Eiche-Rustikal-Einbauschrankwohnzimmers trällert der damalige Außenminister | |
| der FDP urdeutsches Liedgut. Die dumpf erbauliche Gemütlichkeit zeichnet | |
| ein bedrückendes Bild der kulturellen Verfasstheit des Jahres 1973. | |
| Platz Zwei „Ich bin ein echter Pirat“ / Die Piraten | |
| Die ohnehin nie als peinlichkeitsresistent aufgefallenen Piraten haben sich | |
| ebenfalls auf musikalischem Terrain versucht. Zur Bundestagswahl 2009 | |
| glänzen sie mit „Ich bin ein echter Pirat“, bei dem man sich unwillkürlich | |
| an die von Ilja Richter gesungene Titelmelodie der Zeichentrickserie | |
| „Duckula“ erinnert sieht. Dazu die perfekte Peinlichkeit in Pop: | |
| Sprechgesang von jemandem, der nicht rappen kann. „Freiheit für das | |
| Internet / kämpft dafür / sonst ist es weg!“ Hätte man doch „Lass mich D… | |
| Pirat sein“ von Nena verwendet – aber waren wohl die GEMA-Rechte zu | |
| teuer... | |
| Platz Eins „Harzer Septemberwind“ / SPD | |
| Ganz oben natürlich jene Partei, die traditionell beim Thema Wahlkampfsongs | |
| am ausgiebigsten mit heruntergelassener Hose durch’s Dorf rennt: Genau, die | |
| SPD. Ein ganz besonderes Highlight liefert da Mario Hennig mit seinem | |
| aktuellen Song „Harzer Septemberwind“. In weichgespültem Schlumpftechno | |
| singt der Kandidat für den Bundestag dort: „Wir haben die Idee / Das ist | |
| die SPD“. Dass er den Ton nicht halten kann, schreckt ihn genauso wenig wie | |
| sein Schweinsgalopp hinter und neben dem Rhythmus. | |
| Wer bis dato Dieter-Bohlen-Songs für den Bodensatz elektronischer Popmusik | |
| hielt, kann hier den Keller besichtigen. Gerade bei Parteiensongs stehen | |
| Kult und Katastrophe nah beieinander. Vielleicht holt also die musikalische | |
| Selbstentblößung manch Sympathiepunkt ab, den Profi-Auftritte wie das | |
| Kanzlerduell liegen ließen. Dann hätte die akustische Quälerei zumindest | |
| einen Sinn. | |
| Außer Konkurrenz: „Starkes Hessen“ / CDU | |
| Bei Roland Kochs Wahlkampfsong von 2007 weiß man nicht, was Schlimmer ist: | |
| Der Song oder die Bilder von Roland Koch. | |
| 22 Sep 2013 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.youtube.com/watch?v=PWMMPjPOX9U | |
| ## AUTOREN | |
| Linus Volkmann | |
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