# taz.de -- Frankreich verbietet Fabrikschließungen: Krisenpolitik à la Holla… | |
> Allein in diesem Jahr haben Unternehmer in Frankreich 191 Werke | |
> geschlossen und damit 17.000 Jobs vernichtet. Künftig drohen dafür hohe | |
> Strafen. | |
Bild: Arbeitersolidarität vor dem Goodyear Dunlop-Sitz nahe Paris: Ein Arcelor… | |
BERLIN taz | Frankreichs sozialistische Regierung packt im Kampf gegen den | |
Niedergang der Industrie nach dem Zuckerbrot nun auch die Peitsche aus. Am | |
Dienstagabend verabschiedete die Nationalversammlung ein Gesetz, das es | |
verbietet, profitable Standorte zu schließen. | |
Unternehmern, die sich nicht daran halten, drohen künftig Bußgelder: Pro | |
entlassenem Arbeiter können bis zu 28.600 Euro fällig werden, das ist das | |
20fache des gesetzlichen Mindestlohns. Allerdings, und das ist die Crux an | |
dem Vorstoß, müssen Gewerkschaften oder Behörden dem Unternehmen | |
nachweisen, dass sie sich drei Monate lang nicht ausreichend bemüht haben, | |
einen Käufer zu finden. | |
Dass das Gesetz tatsächlich kommt, ist relativ klar: Zwar muss es der Senat | |
noch überprüfen, aber die von Präsident Francois Hollandes Sozialisten | |
kontrollierte Nationalversammlung hat das letzte Wort. Und Hollande erfüllt | |
damit eines seiner Wahlversprechen. | |
Der Hintergrund: Frankreichs industrielle Basis schrumpft rapide, | |
gleichzeitig steigen die Arbeitslosenzahlen. Seit 2009 sind netto 613 | |
Fabriken geschlossen worden, berichtete kürzlich Trendeo, eine | |
Beratungsfirma, die aktuelle Veröffentlichungen und offizielle | |
Informationen zeitnah auswertet und damit schneller vorläufige Daten | |
liefert als die Statistischen Ämter. 140.000 Arbeitsplätze seien dabei | |
unterm Strich verloren gegangen. | |
Und der Prozess gewinne an Dynamik: In diesem Jahr machten bis Mitte | |
September 191 Betriebe und Werke dicht , etwa so viele wie im Vorjahr, es | |
seien aber ein Viertel weniger neu entstanden. Dadurch seien 17.000 Jobs | |
weggefallen. Grob gerechnet würden für jede neue Fabrik zwei alte | |
abgewickelt. | |
## Streiks und Straßenschlachten | |
Der Frust der Beschäftigten, die oft erst spät oder über die Medien von | |
geplanten Schließungen erfahren, entlädt sich immer wieder in Protesten, | |
die auch schon mal gewalttätig werden können. Im Februar und März etwa kam | |
es wochenlang zu Demonstrationen, Streiks und regelrechten | |
Straßenschlachten, nachdem den 1.200 Arbeitern des Goodyear-Reifenwerks in | |
Amiens angekündigt worden war, dass ihr Werk dicht gemacht werden sollte. | |
Dass ihnen das neue Gesetz geholfen hätte, ist allerdings unwahrscheinlich: | |
Im Mai kündigte Goodyear an, dass es keinen Käufer gebe und das Aus damit | |
besiegelt sei. Es wird schwer, dem Konzern das Gegenteil zu beweisen. | |
Das Gesetz gegen die Schließung profitabler Werke ist die vorerst letzte | |
Maßnahme, mit der die Regierung Hollande versucht, die Probleme in den | |
Griff zu bekommen. Bislang laufen bereits Anreizprogramme wie | |
Innovationsförderung und Steuererleichterungen. Die Industrieverbände, die | |
lautstark gegen das neue Gesetz protestieren, kritisieren allerdings, dass | |
diese Subventionen vor allem den Dienstleistern zu gute kämen. | |
2 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Beate Willms | |
## TAGS | |
Frankreich | |
Unternehmen | |
Francois Hollande | |
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