# taz.de -- Kolumne Die Eine Frage: Wozu Grün ohne Fell? | |
> Der Abgeordnete Hans-Josef Fell hat die Bürger-Energiewende mit den | |
> Grünen verknüpft. Nun verlässt er den Bundestag. | |
Bild: Hans-Josef Fell: „Notfalls muss es eben auch ohne Politik gehen.“ | |
Es fing damit an, dass der Vater des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes bei der | |
Listenaufstellung der bayerischen Grünen durchgereicht wurde. Platz 12. | |
Unprofessionell, dachte Hans-Josef Fell damals. Aber na ja. Die Partei | |
stand in Umfragen bei 15 Prozent und schon 11,5 würden ihm reichen. Der | |
Rest der Geschichte ist bekannt. | |
Am 18. Oktober werden die Computer abgeschaltet. Bis dahin muss Fell aus | |
seinem Abgeordnetenbüro raus sein. Das ist die Folge eines Wahlkampfs, in | |
dem sich die Grünen für alles Mögliche interessierten, nur für eines nicht: | |
die Energiewende und die große sozial-ökologische Modernisierung mit ihrem | |
globalen Gerechtigkeitsversprechen. Anruf. Nur die Mailbox. Halbe Stunde | |
später ruft er zurück. Wie geht es Ihnen, Herr Fell, sind Sie am Boden | |
zerstört? „Überhaupt nicht“, sagt er. Stimme fest. | |
„Ach, der Fell“, sagt ein grüner Großdenker. Er war ihnen immer zu … tj… | |
unterfränkisch fachlich. Was ihn radikal ungeschmeidig erscheinen ließ. Und | |
dann auch noch dieser Lebensstil. Eigene Stromerzeugung, Holzhaus, | |
E-Mobilität: Er lebt zu Hause in Hammelburg, wovon sie reden. Das geht dann | |
doch zu weit. Vielleicht war es manchmal auch zu viel habitueller | |
Ökolehrertouch. | |
Jedenfalls hat Fell in der ganzen Welt erklärt, dass und wie 100 Prozent | |
Erneuerbare funktionieren. Vor allem hat er in den Schröder/Fischer-Jahren | |
das EEG entworfen, es mit Michaele Hustedt (Grüne), Dietmar Schütz und | |
selbstverständlich Hermann Scheer (beide SPD) entwickelt und im Jahr 2000 | |
durchgesetzt. | |
## Er steht für die Bürger-Energiewende | |
Ich habe auch lange gebraucht, bis ich es kapiert hatte: Hans-Josef Fell | |
hat nicht nur die Grünen in den Solar- und Windinitiativen verankert, er | |
steht als Person für die Bürger-Energiewende und als Politiker dafür, dass | |
sie die Grünen braucht, gegen Stimmungspolitiker wie Altmaier und Gabriel. | |
Und er steht dafür, dass die kulturell-habituelle Vorstellung vom | |
Progressiven nicht mehr nach dem alten Özdemir-Denken (wir Rock ’n’ Roll, | |
die anderen Heino) funktioniert. | |
Es ist hart, aber es ist so: Die Ewiggestrigen schwadronieren in ihren | |
urbanen Milieus von Gerechtigkeit und „Breaking Bad“ und heizen dabei total | |
asozial zum Fenster raus. Derweil kommt die energetische Revolution aus der | |
bayerischen und schleswig-holsteinischen Provinz. Von Bürgern, die mit dem | |
Sepplhut auf dem Kopf „Wetten, dass..?“ gucken. | |
Die Frage ist: Was wird aus der Energiewende, da Hermann Scheer tot ist, | |
Hans-Josef Fell nicht mehr im Parlament, die Kräfte in Industrie und Medien | |
immer stärker werden, die alles killen wollen – wenn Union und SPD eine | |
große Konzern- und Kohle-Koalition bilden? Nie war die Energiewende der | |
Bürger, also der freie Zugang zu Investitionen in Erneuerbare, stärker | |
gefährdet als heute. | |
„Das macht mir sehr große Sorge“, sagt Fell. Vor sechs, sieben Jahren hät… | |
er sich aber noch mehr Sorgen gemacht, erinnert er sich. Zur Not müsse und | |
werde es auch ohne Politik gehen. „Deshalb setze ich auf selbst tragende | |
Kräfte.“ Auf Bürger. Auf Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien als | |
„ökonomischer Selbstläufer.“ | |
## Comeback 2017? | |
Er selbst wird weiter in Berlin präsent sein, weil sich hier die deutsche | |
Energiewende entscheidet. Und er will als Vortragender weltweit unterwegs | |
sein, weil er Energiewende lokal und global denkt. | |
Und ein Comeback im Bundestag 2017? Er sei 61 Jahre alt, sagt er, und wenn | |
man den üblichen Hinweis einstreut, dass Adenauer ja mit 73 erst Kanzler | |
wurde, sagt er, dass er sich mit Adenauer nicht vergleichen wolle. | |
Hans-Josef Fell ist ein ernster Mann. | |
Eine Woche vor der Wahl rief er die energiewendebewussten Bürger im | |
Bundesland Bayern auf, mit Zweitstimme Grün zu wählen, um Fell zu wählen. | |
Aber die sagten ihm: Wozu sollen wir die Grünen wählen, wenn sie Fell | |
dermaßen nach hinten schieben? | |
Es ist eine ganz bittere Pointe: Die Grünen wissen schlicht nicht, was sie | |
an Hans-Josef Fell haben. | |
12 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Peter Unfried | |
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