| # taz.de -- SPD-Abgeordnete über Haasenburg: „Dinge, die mich tief belasten�… | |
| > Sylvia Lehmann würde Kinder sofort aus den Haasenburg-Heimen nehmen. | |
| > Damit stellt sich die brandenburgische SPD-MdL gegen ihre Ministerin | |
| > Martina Münch. | |
| Bild: Winken sie um Hilfe? Hasensilhouetten auf einem Haasenburg-Schild in Babe… | |
| taz: Frau Lehmann, Sie haben als Sozialdezernentin in Lübben die Haasenburg | |
| GmbH ganz zu Beginn kennengelernt. Wann traten erste Zweifel auf? | |
| Sylvia Lehmann: Bei der Kostensatzverhandlung waren wir über die enorm | |
| hohen Sätze erstaunt. Bei den Hilfeplangesprächen wurden dann unsere | |
| Sozialarbeiter nicht ernst genommen. Die Mitarbeiter der Haasenburg GmbH | |
| traten extrem dominant auf. Das hat uns dann irgendwann gereicht und wir | |
| haben gesagt, dann bringen wir dort eben keine Kinder und Jugendliche mehr | |
| unter. Es blieb ein mulmiges Gefühl. | |
| Blieb die Haasenburg GmbH ein Thema? | |
| Ein Tabu-Thema. Gelegentlich hatten sich Mitarbeiter an die Zeitung gewandt | |
| und die schlechten Bedingungen beklagt. Und dann las ich nun diese | |
| Berichte. | |
| Was unternahmen Sie? | |
| Mittlerweile habe ich mit vielen Jugendlichen, Eltern und Erziehern | |
| gesprochen. Ein Jugendlicher kam mit 10 Jahren in diese Einrichtung. Der | |
| Psychologe hat gesagt: Dieser Junge ist nicht mehr therapiefähig, und das | |
| mit 10 Jahren! | |
| Was erlebte er? | |
| Er hat Dinge geschildert, die mich tief belasten. Ich weiß bis heute nicht, | |
| wie ich damit umgehen kann. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass | |
| so etwas in Einrichtungen passieren kann, die öffentlich finanziert werden. | |
| Und ich habe keine Veranlassungen, an den Schilderungen des jungen Mannes | |
| zu zweifeln. Denn ich habe seine Aussagen mit Erziehern überprüfen können. | |
| Ich habe auch das Gespräch mit seinen Eltern gesucht. | |
| Was erzählte er? | |
| Der Junge berichtet von Gewalt, die er dort als 10-Jähriger erfahren hat. | |
| Es ist unbeschreiblich. | |
| Seit einem dreiviertel Jahr berichtet die taz über die Missstände. Die | |
| Reaktion Ihrer Ministerin Münch war ein Belegungsstopp. Was mit den Kindern | |
| dort aktuell passiert, scheint ihr nicht so wichtig zu sein. | |
| Ich glaube, ein Belegungsstopp wird nicht ausreichen. Positiv ist, dass nun | |
| die Untersuchungskommission ihren Bericht vorziehen wird. Ich glaube, die | |
| Kommission wird die richtigen Schlüsse ziehen. Wir brauchen keine | |
| Haasenburg, eine solche Einrichtung darf es nicht geben. | |
| Sie haben Ihre Partei unterrichtet. Wie war denn das Echo? | |
| Ich habe meiner Fraktion ausführlich berichtet. Die Kollegen waren sehr | |
| betroffen und warten gespannt auf die Ergebnisse der Kommission. Die | |
| Haasenburg ist ein trauriges Kapitel in der Jugendhilfe. | |
| Gibt es Alternativen? | |
| Zum Beispiel in Jänschwalde. Da wird sehr viel mit den Kindern geredet. Das | |
| Zuhören und Eingehen auf die jungen Menschen ist entscheidend: Zeit, Luft | |
| und Raum geben. Dort spricht auch niemand von Bestrafen. Ich besuchte auch | |
| eine Einrichtung in der Uckermark. Auch da gibt es sehr gute Alternativen. | |
| Schon vor mehreren Monaten forderte ein Abgeordneter, dass nun gehandelt | |
| werden müsse. Die Politik werde sich sonst mitschuldig machen. In der | |
| Zwischenzeit sind Jugendliche abgehauen, die wieder von Misshandlungen | |
| berichten. Haben Ihre Partei und Ihre Ministerin Schuld auf sich geladen? | |
| Die Ministerin hat betont, dass sie der Einrichtung aktuell nicht | |
| nachweisen kann, dass dort Missbrauch stattfindet. Ich meine: Die | |
| Beweislast müsste umgekehrt werden. So verstehe ich auch die neue Regelung | |
| des Kinder- und Jugendhilfeschutzgesetzes. Wendet sich ein Nachbar an ein | |
| Jugendamt und sagt, dass ein Kind geschlagen wird, dann würde das Jugendamt | |
| das Kind in Obhut nehmen. Andersherum muss genauso gehandelt werden. | |
| Es wird nun erneut erwogen, den Belegungsstopp aufzuheben, obwohl Ende des | |
| Monats der Bericht der Untersuchungskommission vorliegt. | |
| Ich wiederhole: Ich bin für die Schließung der Einrichtung. Ich habe mich | |
| nun bemüht, die Untersuchungskommission zu unterstützen. Es muss | |
| Verantwortung übernommen werden. Viele Namen sind bekannt. Es stellt sich | |
| über die Haasenburg hinaus die Frage: Ab wann geben wir in unserer | |
| Gesellschaft Kinder auf? Aber jetzt warte ich auf die Ergebnisse der | |
| Untersuchungskommission. Hinter vorgehaltener Hand wünschen viele die | |
| Schließung der Haasenburg. | |
| Sollten den Kindern Entschädigungen gezahlt werden? | |
| Wenn die Jugendhilfe Lebensläufe zerstört, muss es Entschuldigungen geben. | |
| Bei der Odenwaldschule gab es einen bundesweiten Aufschrei, der hier | |
| ausblieb. Drückt sich darin ein bürgerliches Desinteresse an der | |
| Unterschicht aus? | |
| Das habe ich in meinen Gesprächen leider feststellen müssen: Diese | |
| Jugendlichen haben keine Lobby. Manchmal sind diese Kinder wie Monster | |
| dargestellt worden, als würde dies ein solches Vorgehen rechtfertigen. Es | |
| ist traurig. Gute Jugendhilfe ist so ein toller Bereich. Es können Kinder | |
| vom Abgrund gerettet werden, wenn man es richtig macht. | |
| 15 Oct 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Kai Schlieter | |
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