# taz.de -- Gesetzesinitiative in Mexiko: Softdrinksteuer gegen Übergewicht | |
> Viele Mexikaner sind zu dick. Mit einer Zwangsabgabe auf zuckerhaltige | |
> Getränke will die Regierung der Fettleibigkeit nun den Kampf ansagen. | |
Bild: Mit der Steuer wird der Getränkekasten noch schwerer. | |
MEXIKO-STADT dpa | Wenn Mario Eduardo Nájera frühmorgens sein kleines | |
Foto-Studio im Ausgehviertel von Mexiko-Stadt aufschließt, kocht er sich | |
keinen Kaffee. Er öffnet seine erste Flasche Cola. „Ich kaufe immer die | |
ganz Großen“, sagt der 48-Jährige. „Es ist schon eine schlechte | |
Angewohnheit. Aber Wasser schmeckt nicht. Und die Softdrinks sind gut gegen | |
den Stress.“ | |
Der übergewichtige Fotograf denkt gar nicht daran, seine Gewohnheiten zu | |
ändern, auch wenn ihn die Schwäche für Cola und Limonade bald teuer zu | |
stehen kommen könnte. Im mexikanischen Kongress wird zurzeit über eine | |
Steuer auf zuckerhaltige Getränke diskutiert. Mit der Strafabgabe wollen | |
die Abgeordneten etwas gegen die grassierende Fettsucht im Land | |
unternehmen. | |
Die Gesetzesinitiative sieht eine Steuer von einem Peso (sechs Cent) pro | |
Liter vor, ungefähr zehn Prozent des Preises. Die Regierung von Präsident | |
Enrique Peña Nieto rechnet damit, dass die Abgabe im kommenden Jahr 12,5 | |
Milliarden Pesos (etwa 700 Millionen Euro) in die Staatskasse spülen | |
könnte. | |
In Mexiko ist eine heftige Debatte um die Besteuerung von Softdrinks | |
entbrannt. Die Erfrischungsgetränke-Hersteller argumentieren, Übergewicht | |
sei ein vielschichtiges Problem und werde nicht allein von ihren Produkten | |
verursacht. | |
## Übergewicht und Diabetes | |
Verbraucherschutzverbände und Gesundheitsorganisationen dagegen weisen auf | |
den Zusammenhang zwischen zuckerhaltigen Getränken, Übergewicht und | |
Diabetes hin. | |
Mit einem jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von 140 Litern liegen die Mexikaner | |
beim Konsum von Softdrinks an zweiter Stelle hinter den Vereinigten | |
Staaten, wie aus den jüngsten Erhebungen der US-Universität Yale und von | |
Industrieverbänden hervorgeht. | |
Schlechte Ernährung und mangelnde Bewegung haben außerdem dazu geführt, | |
dass es mittlerweile in Mexiko prozentual mehr Übergewichtige gibt als in | |
den USA. 70 Prozent der Erwachsenen sowie 30 Prozent der Kinder und | |
Jugendlichen gelten als zu schwer. Fast jeder zehnte erwachsene Mexikaner | |
leidet an Diabetes. | |
## Unbeliebtes Trinkwasser | |
In Mexiko-Stadt trinkt kaum jemand Leitungswasser. Trinkwasser wird | |
abgefüllt verkauft und viele Menschen bevorzugen gezuckerte Getränke. Der | |
Verband für gesunde Ernährung fordert deshalb, die zusätzlichen | |
Steuergelder in Trinkbrunnen in Schulen und öffentlichen Einrichtungen zu | |
investieren. | |
„Wenn man einem Kind schon in jungen Jahren süße Getränke gibt, ist es sehr | |
schwer es später dazu zu bringen, Wasser zu trinken“, sagt der Direktor des | |
Verbraucherschutzvereins El Poder del Consumidor, Alejandro Calvillo. Der | |
Zugang zu Trinkwasser in Mexiko sei eine Katastrophe. | |
Der Kampf um die neue Steuer wird mit harten Bandagen geführt. Während | |
Verbraucherschutzorganisationen und linke Abgeordnete Softdrinks sogar mit | |
20 Prozent des Preises besteuern wollen, lehnen die Unternehmen und die | |
Industrieverbände die Zwangsabgabe rundweg ab. | |
## Steuer als Konsumbremse | |
„Coca-Cola ist damit überhaupt nicht einverstanden“, teilte der Marktführ… | |
in Mexiko in einer Stellungnahme mit. Im Kampf gegen das Übergewicht sei | |
vielmehr ein breiter Ansatz nötig, „der zu einem Gleichgewicht zwischen | |
Konsum und Kalorienverbrauch führt und einen aktiven und gesunden | |
Lebensstil fördert“. | |
Nach Einschätzung der Forscher in Yale geht der Konsum von Softdrinks | |
zurück, wenn sie besteuert und damit teurer werden. Bislang erheben 19 | |
Staaten aus gesundheitlichen Gründen eine Zwangsabgabe auf zuckerhaltige | |
Getränke, heißt es in einer Untersuchung des Nationalen Instituts für | |
öffentliche Gesundheit. | |
Fotograf Nájera glaubt nicht, dass eine Preissteigerung einen großen Effekt | |
auf das Konsumverhalten der Mexikaner haben wird: „Das wird überhaupt | |
nichts bewirken. Softdrinks sind wie Handys. Die Leute haben vielleicht | |
nicht genug Geld, um zu essen. Aber für Erfrischungsgetränke und Handys | |
werden sie immer Geld haben.“ | |
17 Oct 2013 | |
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