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# taz.de -- Traditionelle Medizin in China: Kakerlaken-Extrakt „Kangfuxin“
> Chinesische Pharmafirmen lassen Medikamente aus Kakerlaken registrieren.
> Das Geschäft boomt. Auch die Schabenzüchter verdienen gut.
Bild: Schaben können auch gesund sein, allerdings als Extrakt
PEKING dpa | Züchter Zhang Jianjun steht ganz ruhig in einem dunklen Raum.
Aber um ihn herum ist alles in Bewegung. Kakerlaken laufen auf dem Boden
neben seinen Füßen, an den Wänden links und rechts neben ihm und sogar an
der Decke. Alltag für den Fachmann in China, denn seine Arbeit ist das
Heranziehen von Insekten. „Meine Farm erstreckt sich über 400
Quadratmeter“, sagt er. Wie viele Schaben insgesamt auf seinem Gelände
rumlaufen, weiß er nicht – es sind einfach zu viele. „Die kann niemand
zählen.“
Grund für das florierende Geschäft mit den Insekten sind Pharmaunternehmen.
Präparate von Schaben werden als traditionelles Heilmittel in China
verwendet. Aus Kakerlaken wird beispielsweise ein Extrakt gewonnen, das
unter dem Namen „Kangfuxin“ vertrieben wird.
Bis zu dreimal täglich sollen Patienten das Mittel trinken oder auf die
Haut auftragen. Dann soll es die Immunabwehr stärken, Entzündungen hemmen
und sogar gegen chronische Magenbeschwerden helfen. Ein Kakerlaken-Pulver
soll angeblich gegen Brustkrebs helfen und wird in der Schönheitsindustrie
gegen Falten benutzt.
Die Mittel werden eine Wirkung erzielen, wie der Dozent der
Medizinhochschule in der ostchinesischen Stadt Nanjing, Pu Sheban, sagt.
Schließlich hätten auch die Behörden ihr Okay für die Präparate gegeben.
## Kakerlaken als Heilmittel
Vier Pharmaunternehmen verkaufen seit 2010 Medikamente unter dem Namen
„Kangfuxin“. Chinas staatliche Nahrungsmittel- und Medikamentenbehörde
hatte die Lizenzen erteilt. „Kakerlaken sind in der Traditionellen
Chinesischen Medizin als Heilmittel bekannt“, sagt Pu.
Seit der staatlichen Freigabe boomt das Geschäft. Die Nachfrage nach
Kakerlaken schießt zurzeit in ungeahnte Höhen, wie chinesische Medien
schreiben. Demnach produzieren Züchter in China bisher jährlich 1000 Tonnen
Kakerlaken. Aber ihr Angebot befriedigt bei weitem nicht die Nachfrage. Die
Industrie rund um die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) verlange
schon jetzt laut Schätzungen etwa 3000 Tonnen im Jahr.
## Manche Insekten büchsen aus
Schnell huschen die flachen Insekten mit ihren kräftigen Beinen und langen
Fühlern über die Wände bei Züchter Zhang in der ostchinesischen Provinz
Jiangsu. „Für ein Pfund bekomme ich 55 Yuan“, sagt Zhang, was umgerechnet
etwa 6,60 Euro sind. Freunde von ihm wollten auch in das Geschäft
einsteigen, sagt er. Es lockt das große Geld. Besonders steril gezüchtete
Schaben für die Pharmaindustrie können bis zu 1200 Yuan (rund 140 Euro) pro
Pfund einbringen.
Einen großen Haken haben die Schaben-Farmen in China jedoch: Immer wieder
entkommen Insekten. Zuletzt konnte eine Million Kakerlaken aus einer
Zuchtstätte im ostchinesischen Jiangsu flüchten. Seit Wochen versuchen die
Nachbarn endlich über das Ungeziefer Herr zu werden – schwierig, denn die
Insekten sind sehr widerstandsfähig.
21 Oct 2013
## AUTOREN
Stephan Scheuer
## TAGS
China
Medizin
Pharmaindustrie
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