| # taz.de -- Militärdiktatur in Argentinien: Die Schwarzen Listen der Junta | |
| > Am Rio de la Plata sind Geheimakten gefunden worden, die den Terror der | |
| > Militär-Junten dokumentieren. Sie enthalten Namenslisten von | |
| > Oppositionellen. | |
| Bild: Sie kämpfen für Aufklärung: Die Mütter vom Plaza de Mayo. | |
| BUENOS AIRES taz | 30 Jahre nach dem Ende der Militärdiktatur sind in | |
| Argentinien Geheimdokumente der Militärjunta gefunden worden. Der Fund ist | |
| von „einem enormen historischen Wert“, erklärte Argentiniens | |
| Verteidigungsminister Agustín Rossi. | |
| Die Unterlagen wurden bereits vergangenen Donnerstag bei Aufräumarbeiten im | |
| Keller eines Gebäudes der Luftwaffe entdeckt. Man habe nicht danach | |
| gesucht, räumte Rossi ein. Vielmehr kam der Hinweis vom Chef der Luftwaffe, | |
| Mario Callejo, so der Minister. Die Dokumente sollen jetzt geordnet und | |
| dann der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Zudem muss die Justiz prüfen, | |
| ob sie zur Aufklärung der Menschenrechtsverbrechen beitragen. | |
| Insgesamt wurden 1.500 Aktenordner mit Schwarzen Listen von Regimegegnern, | |
| sechs Mappen mit den Protokollen aller Treffen der Militärjunta von 1976 | |
| bis 1983 sowie ein Register mit den Anfragen von Angehörigen an die Junta | |
| nach den Verschwundenen gefunden. Unter den Dokumenten sind auch Pläne und | |
| Vorgaben, wie die Diktatur bis zum Jahr 2000 weitergeführt werden sollte, | |
| und Anleitungen dafür, wie auf internationale Kritik am Verschwinden von | |
| Regimegegnern zu reagieren sei. | |
| Auf den Schwarzen Listen stehen die Namen von über 300 Künstlern, | |
| Intellektuellen und Journalisten, darunter der Schriftsteller Julio | |
| Cortázar, die Sängerin Mercedes Sosa, der Historiker Osvaldo Bayer und die | |
| Kinderbuchautorin María Elena Walsh. | |
| ## Mehr als 10.000 Opfer | |
| Das Militär hatte am 24. März 1976 die Macht übernommen. Unter der Diktatur | |
| wurden nach einem offiziellen Bericht über 10.000 Menschen entführt und | |
| ermordet. Menschenrechtsorganisationen sprechen von 30.000 Opfern. Darunter | |
| sind viele Verschwundene. Die Leichen dieser Opfer wurden von Militärs an | |
| geheimen Orten verscharrt oder ins Meer geworfen. Zwei Amnestiegesetze | |
| sowie einzelne Begnadigungsdekrete garantierten lange die Straflosigkeit. | |
| Seit der Aufhebung der Amnestiegesetze 2005 ist die juristische Verfolgung | |
| wieder in Gang gekommen. | |
| Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation CELS wurde seither gegen | |
| insgesamt 2.071 Personen ermittelt. 309 Angeklagte wurden inzwischen zu | |
| teilweise hohen Haftstrafen verurteilt, 35 wurden freigesprochen. Derzeit | |
| laufen 285 Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren – zum Ärger vieler Militärs | |
| und Rechtskonservativer. | |
| Rossi präsentierte den Fund am Montag im Verteidigungsministerium nicht | |
| zufällig in Anwesenheit der Mütter der Plaza de Mayo und hochrangiger | |
| Militärs. „Präsidentin Cristina Kirchner hat mir gesagt, wir müssen | |
| anfangen, eine neue Beziehung zwischen den Streitkräften und der | |
| Gesellschaft im Rahmen eines nationalen Projektes aufzubauen.“ Der Hinweis | |
| von Luftwaffenchef Mario Callejo auf den Fund sei bereits Teil dieser neuen | |
| Beziehung. | |
| Auch aus wirtschaftlichen Gründen will die Regierung die Annäherung – sie | |
| will das Eisenbahnnetz für den Gütertransport wiederaufbauen. Der Agrarplan | |
| der Regierung sieht vor, die Produktion von Getreide- und Ölsaaten in den | |
| kommenden Jahren in einem Umfang zu steigern, dessen Volumen auf der Straße | |
| schlicht nicht transportiert werden kann. Mit chinesischem Kapital sollen | |
| neue Eisenbahnstrecken gebaut werden. Dazu plant die Regierung den Einsatz | |
| der Armee. | |
| 5 Nov 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Jürgen Vogt | |
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