| # taz.de -- Die Wahrheit: Schnappt Shorty! | |
| > Männer werden nie erwachsen. Sie spielen einfach zu gern. Und am liebsten | |
| > spielen sie mit kleinen Männern. | |
| Werd endlich erwachsen! Eine berechtigte Forderung, an deren Erfüllung ein | |
| Mann sich zeitlebens abarbeitet, ohne nennenswertes Ergebnis. Er weiß um | |
| die Aussichtslosigkeit seiner Bemühungen. Deshalb sind Komödien über die | |
| ewige Adoleszenz des Mannes wie „City Slickers“, „Grown Ups“ oder | |
| „Hangover“ auch so erfolgreich. Sie gießen sein Scheitern stellvertretend | |
| in eine komisch-heroische Form, von deren Glanz wenigstens ein paar | |
| Strahlen auch ihn illuminieren. Manchmal braucht es allerdings Hollywood | |
| gar nicht, mitunter ist das Leben besser. | |
| Vor Jahren gab ein guter Freund eine Einweihungsparty, er hatte seinen | |
| alten Bundeswehr-Buddy eingeladen, und der brachte kurioserweise seinen | |
| ganzen Freundeskreis mit. Einer hieß Shorty, und das nicht ganz zu Unrecht. | |
| Er war wirklich kurz, höchstens einsfünfzig, und dabei auch noch dünn wie | |
| eine Espe, soff aber wie ein Großer. | |
| Nach zwei, drei Stunden Druckbetankung nahmen die anderen ihn auf den Arm. | |
| Und zwar im Wortsinn. Sie trugen ihn als so eine Art Accessoire, wie früher | |
| die Punks ihre Ratte. Unterm Arm, auf den Schultern, ein jeder nach seiner | |
| Façon. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen, Shorty hat ab zwölf Uhr | |
| abends den Boden nicht mehr berührt. Sie wechselten sich ab. Jeder kam mal | |
| dran. | |
| „Kannst du Shorty vielleicht ’ne Weile nehmen? Ich muss nämlich schiffen.�… | |
| – „Oh, nöö, gib ihn Matze, der hatte ihn heute noch gar nicht.“ – „… | |
| gerade bei Susanne zugange!“ – „Okay, aber du nimmst ihn wieder, wenn du | |
| zurück bist!“ | |
| ## „Shorty ist übel“ | |
| So ging das die ganze Zeit. Und Shorty, schon ziemlich angetrunken, hat | |
| sich nicht gewehrt, es schien ihm da oben gut zu gefallen. Jedenfalls am | |
| Anfang. | |
| Irgendwann jedoch riss einer schreiend das Fenster auf. „Shorty ist übel, | |
| da hilft nur frische Luft.“ Die anderen lachten, ahnten offenbar ganz | |
| genau, was jetzt kam. Man hängte ihn mit dem Kopf zuerst aus dem Fenster. | |
| Es war nur der zweite Stock, aber immerhin. Da wurde Shorty aber doch | |
| fuchsteufelswild und echauffierte sich entsprechend. „Wenn ich wieder im | |
| Zimmer bin, kriegst du einen Einlauf, du Drecksau! Ich mach dich alle!“ Da | |
| war das Gelächter natürlich noch größer. | |
| Nach einer Weile holten sie ihn wieder herein. Shorty schubste den | |
| Verantwortlichen, schimpfte noch ein bisschen und stand beleidigt herum. | |
| Aber nach zehn Minuten redete die Gruppe schmeichelnd auf ihn ein. „Hey, | |
| Shorty, altes Haus! Nicht mehr sauer sein! Komm schon!“ Und so weiter. Und | |
| Shorty zog erst die Stirn kraus, zögerte, aber dann nahm er auch schon | |
| Anlauf und sprang dem nächstbesten in den Huckepack. Und so ging das Spiel | |
| weiter und weiter. „Okay, ich nehme ihn erst mal, aber Schorse soll ja | |
| nicht glauben, dass er sich drücken kann.“ | |
| Ihre Frauen, übrigens auch die Frau von Shorty, standen dabei, ungerührt, | |
| vielleicht auch ein bisschen resignativ. Aber es sagte keine etwas dazu. | |
| Und sie taten gut daran. Denn wer diesen grandiosen Kerlen allen Ernstes | |
| Infantilität vorwirft, hat höchstens recht. Aber verdammt noch mal gar | |
| nichts begriffen. | |
| 12 Nov 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Frank Schäfer | |
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