Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Fred und der Troll
> Was passiert, wenn ein nicht gerade überbelichteter junger Mann am
> hellichten Tag auf einen hungrigen Zwerg trifft?
Fred ist ein zwanzigjähriger junger Mann mit dem Verstand eines
Viertklässlers. Er ist freundlich, hilfsbereit, einfach ein guter Typ und
bei den Bewohnern in Giffendorf sehr beliebt. Als er im zweiten Anlauf
schließlich seinen Sonderschulabschluss schafft, sind seine Eltern sehr
stolz auf ihn und schenken ihm ein Mofa. Sogar einen Ausbildungsplatz
können sie ihm bald besorgen. Der lokale Hufschmied hat sich nach
anfänglichem Zögern bereit erklärt, ihn in seiner Kunst zu unterweisen.
Fred kann gut mit Tieren. Offenbar betrachten sie ihn als einen der Ihren.
Bevor er aber die Lehrstelle antritt, will er „sich noch bisschen baumeln
lassen“, wie er sich ausdrückt, „nach der scheißeverfickten Schule“.
Die Eltern machten sich Sorgen. Sie lassen ihn nicht gern unbeaufsichtigt
zu Hause. Ein Zehnjähriger mit den Kräften eines Erwachsenen, noch dazu
eines gut trainierten Handballers, kann viel Blödsinn anstellen. Also
verabreden sie Kontrollanrufe. Er soll sich regelmäßig bei der Mutter im
Büro melden. Manchmal vergisst er es, dann ruft sie an. Aber nach einer
Woche spielt sich alles ein, und die anfänglichen Bedenken der Eltern
weichen einem Zutrauen in ihren „Großen“, das sie erneut mit Stolz erfüll…
„Klasse, wie du das hier allein managst, Kumpel!“, lobt ihn sein Vater.
„Papa, was ist ’managst‘?“, fragt Fred.
Bald sind keine Kontrollanrufe mehr nötig. Fred daddelt viel auf dem
Computer herum, ist Stammgast bei Youporn, und wenn seine Eltern abends
heimkommen, hat er den Tisch gedeckt. Aber dann meldet er sich eines
vormittags völlig verstört bei seiner Mutter. Weil er in seiner Aufregung
die Worte durcheinanderwirbelt, versteht sie nicht gleich, was er ihr sagen
will. Sie müsse sofort nach Hause kommen. Er habe einen Troll gefangen.
„Aber Fred, weißt du das denn nicht? Es gibt doch gar keine Trolle, das
sind bloß Fabelwesen, Geschöpfe der Fantasie.“ – „Was ist ein Fabelwese…
fragt Fred. „Die sind nicht echt!“ – „Aber meiner ist echt!“, ruft er
aufgebracht.
Jetzt ist ihr alles klar. Er macht sich einen Jux mit ihr. Gerührt geht sie
darauf ein und erklärt ihm, dass man einen Troll immer gut füttern müsse,
sonst werde er böse. Sie bedauert sehr, dass sie ihn sich nicht sofort
ansehen könne. Er müsse noch bis Dienstschluss warten, aber dann käme sie
sogleich auf ihrem fliegenden Besen angebraust.
„Hahaha, Mama. Fliegende Besen gibt es doch gar nicht!“ Trolle schon! Wie
sich die Mutter vergewissert, als der Sohn ihr den Heizungskeller
aufschließt und einen Spaltbreit öffnet. „Nicht zu weit, sonst versucht er
wegzulaufen“, flüstert Fred. Dort an die Wand gelehnt sitzt ein
Kleinwüchsiger im Zwergenkostüm. Er trinkt eine Tasse Kaffee und bedient
sich bei den Schnittchen, die Fred ihm vorsichtig hingeschoben hat, damit
er nicht böse wird.
Als die Mutter den Mann unter vielen Entschuldigungen freilässt und ihm
eine saftige Spende für seinen am Dorfplatz kampierenden Zirkus mit auf den
Weg gibt, beginnt Fred bitterlich zu weinen. Er hätte den kleinen Burschen
gern behalten.
19 Nov 2013
## AUTOREN
Frank Schäfer
## TAGS
Zirkus
Provinz
Familie
Männer
Männer
Mann
Auto
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Chefchens Rache
Der Generationenkonflikt schreckt vor nichts zurück. Nicht einmal vor dem
wohl behüteten Anekdotenschatz einer Familie.
Die Wahrheit: Endlich Nichttänzer
Irgendwann im Leben jedes Mannes kommt der Moment, in dem er erkennen muss:
Männer können sich nicht bewegen, jedenfalls nicht so gut wie Frauen.
Die Wahrheit: Lange Haare, kurzes Metall
Immer Ärger mit der Frisur: Die Metal-Szene ist auch nicht mehr das, was
sie mal war.
Die Wahrheit: Schnappt Shorty!
Männer werden nie erwachsen. Sie spielen einfach zu gern. Und am liebsten
spielen sie mit kleinen Männern.
Die Wahrheit: Einen Fleischkoffer stehen lassen
Eine überzeugende Mehrheit der maskulinen Bevölkerung hegt ein inniglich
freundschaftliches, wenn nicht gar zärtliches Verhältnis zu seinen
Darmwinden.
Die Wahrheit: Das mit dem Auto ist egal
Drei Anläufe brauchte er damals für den Führerschein, und drei Autos fuhr
er anschließend zu Schrott. Zur Freude seines Vaters.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.