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# taz.de -- Obstbauern gegen Kleintiere: Keine Rücksicht auf den Molch
> Der Senat missachtet Flora und Fauna im Süderelberaum zugunsten von
> Straßen und Landwirten, rügt der Naturschutzbund. Die Staatsanwaltschaft
> ermittelt.
Bild: Bedroht, weil Gräben zugeschüttet werden: der Kammmolch.
Der Naturschutzbund Hamburg (Nabu) wirft dem Senat vor, „den Naturschutz
konsequent zu missachten“. Bei der Durchsetzung von Interessen des
Obstanbaus im Süderelberaum würden die Belange von geschützten Tier und
Pflanzenarten keine Rolle spielen. Zugleich verzichte der Senat auf mehr
als vier Millionen Euro aus EU-Töpfen zur Entwicklung des ländlichen
Raumes, mit denen der Naturzerstörung begegnet werden könnte. „Dieses
Nichthandeln ist an Ignoranz nicht mehr zu überbieten“, sagt der
stellvertretende Nabu-Geschäftsführer Bernd Quellmalz.
Im östlichen Teil des Alten Landes sollen neue Flächen für den Obstanbau
hergerichtet werden, um den Landwirten den Verlust an Äckern für zwei
Straßen zu ersetzen (siehe Kasten). Diese vor fünf Jahren mit den
Betroffenen geschlossene Vereinbarung ist aber noch immer nicht in einem
Planfeststellungsbeschluss förmlich geregelt. Deshalb steht nach Ansicht
des Nabu das gesamte laufende Planverfahren „auf der Kippe“. Denn die dabei
vorgesehene Ko-Finanzierung durch die EU für wasserwirtschaftliche
Maßnahmen ist noch gar nicht beantragt und droht deshalb zu verfallen. „In
welchem Umfang die noch verfügbaren Mittel beansprucht werden, ist derzeit
nicht quantifizierbar“, antwortet der Senat auf eine kleine Anfrage der
grünen Abgeordneten Martin Bill und Anjes Tjarks.
Das aber hat auch zur Folge, dass einige Landwirte bereits damit begonnen
haben, ohne Genehmigung die für sie vorgesehenen Flächen zu bearbeiten.
Deshalb hat der Nabu Strafanzeigen wegen des Verdachts auf Verstoß gegen
wasser und naturschutzrechtliche Vorschriften eingereicht, inzwischen haben
die Hamburg Port Authority (HPA) als zuständige Wasserbehörde, das
Bezirksamt Harburg sowie Polizei und Staatsanwaltschaft die Ermittlungen
aufgenommen.
Im Zentrum der Nabu-Vorwürfe steht dabei die Zuschüttung von mehreren
Kilometern Entwässerungsgräben. Dadurch wollen die Landwirte die Nutzfläche
vergrößern. Einen Überblick darüber hat der Senat indes nicht: „Wie viele
Gräben zugeschüttet wurden und wer dafür verantwortlich ist, kann erst nach
Auswertung des Ermittlungsverfahrens beantwortet werden“, erhielten Bill
und Tjarks zur Antwort.
Für den Nabu ist entscheidend, dass „die Vernichtung von wertvollen
Feuchtgrünland und die Zuschüttung von ökologisch hochwertigen Gräben und
Mulden die verbliebenen Lebensräume weiter dezimieren“. Dies gehe zu Lasten
„streng geschützter Amphibienarten wie Moorfrosch und Kammmolch,
gefährdeter Brutvogelarten wie Kiebitz, Bluthänfling und Kleinspecht und
des Schlammpeitzgers, einer europarechtlich geschützten Fischart“, zählt
Quellmalz auf. Der vorgesehene Ausgleich für diese Naturzerstörung sei
völlig unzureichend. Erforderlich sei ein „Lebensraumkorridor“, der die
inselartigen Naturschutzgebiete Westerweiden, Finkenwerder Süderelbe,
Moorgürtel und Fischbeker Heide verbindet. Nur dann könnten gefährdete
Tiere und Pflanzen sich selbständig ausbreiten.
Weder die Wirtschafts noch die Umweltbehörde sahen sich am Montag auf
Anfrage der taz zu einer Stellungnahme in der Lage.
19 Nov 2013
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Hamburg
Obstanbau
Naturschutz
Nabu
Greenpeace-Studie
Landwirtschaft
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