# taz.de -- Afghanistans Loja Dschirga: Feilschen um Verbleib von US-Truppen | |
> Auf Wunsch von Präsident Hamid Karsai debattiert die Große | |
> Ratsversammlung über den Verbleib von US-Truppen nach dem Nato-Abzug | |
> 2014. | |
Bild: Protest von Studenten im ostafghanischen Dschalalabad am 19. November geg… | |
BERLIN taz | Ab Donnerstag beraten in Kabul 2.500 Delegierte einer | |
„Konsultativen Loja Dschirga“ über den Entwurf eines Bilateralen | |
Sicherheitsabkommens (BSA) zwischen Afghanistan und den USA. Der erste Tag | |
dient der Orientierung. Professoren, Zivilgesellschaftsaktivisten und | |
andere Experten sollen Arbeitsgruppen von je 50 Teilnehmern zunächst über | |
den Entwurf informieren. | |
Die Loja Dschirga ist eine traditionelle afghanische Volksversammlung aller | |
ethnischen und sozialen Gruppen. Sie triff sich laut Verfassung in „für die | |
Nation“ lebenswichtigen Situationen. Das ist mit dem bevorstehenden Abzug | |
der Nato-Kampftruppen 2014 gegeben. | |
Erst am letzten Samstag hatten der Nationale Sicherheitsberater Dadfar | |
Rangin Spanta und Verteidigungsminister Bismillah Mohammadi das Parlament | |
über den Entwurf informiert, über den seit mehr als einem Jahr hinter | |
verschlossenen Türen verhandelt wurde. | |
Das BSA soll Grundlage für die weitere Stationierung einer verringerten | |
Zahl von US-Soldaten am Hindukusch sein, wenn Ende 2014 das Mandat der | |
Nato-geführten Schutztruppe Isaf ausläuft. | |
## Bilateraler Streit um zwei Punkte | |
Beide Regierungen sind an einer weiteren Truppenstationierung interessiert. | |
Doch bis gestern waren noch zwei Hauptpunkte strittig: die Immunität der | |
US-Soldaten gegenüber afghanischer Gerichtsbarkeit und ihr Recht, bei | |
Gefahr im Verzug ohne Beteiligung afghanischer Soldaten in Häuser | |
Einheimischer eindringen zu können. | |
Die USA wollen militärisch präsent bleiben, um in der Region mit ihren | |
Atommächten Pakistan, Iran und Indien handlungsfähig zu sein und in | |
Afghanistan die Rückkehr der Taliban an die Macht zu verhindern. | |
Spanta teilte im Parlament mit, die USA dürften die Kontrolle über den | |
Stützpunkt Bagram bei Kabul behalten und kleinere Einheiten auf acht | |
weiteren afghanischen Basen stationieren. | |
Insgesamt ging Spanta von 10.000 bis 16.000 US-Soldaten aus. Zurzeit sind | |
noch etwa 60.000 US- sowie etwa 17.000 verbündete Soldaten im Land. Hinzu | |
kommen 85.500 private Sicherheitskräfte des Pentagon. | |
Afghanistans Präsident Hamid Karsai, der im April aus dem Amt scheiden | |
wird, weiß, dass es seiner Regierung an Stabilität und Ressourcen mangelt, | |
die nur von außen kommen können. Afghanistans Streitkräfte kosten 4,1 | |
Milliarden Dollar im Jahr, von denen das Land 500 Millionen aufbringen | |
soll. | |
## Geld gibt es wohl nur bei Zustimmung zum Abkommen | |
Zwei Milliarden Dollar hat Washington zugesagt. Der Rest soll von | |
Alliierten – darunter Deutschland – kommen. Aber der US-Kongress wird die | |
Mittel nur freigeben, wenn die Dschirga dem Abkommen zustimmt. | |
Das ist angesichts der beiden noch offenen Streitpunkte aber nicht sicher. | |
Beide sind nach einer Reihe von Übergriffen amerikanischer Soldaten gegen | |
Zivilisten stark emotionalisiert. | |
Während Karsai schon früher signalisiert hatte, einer Immunität | |
zuzustimmen, lehnte er Hausdurchsuchungen als Verletzung afghanischer | |
Souveränität bisher strikt ab. Das ist auch der Grund, warum Karsai | |
überhaupt die Dschirga einberuft: Er braucht Rückendeckung bei so einer | |
heiklen Entscheidung. | |
Radikalislamistische Parteien, islamische Studentenverbände und | |
nationalistische Jugendorganisationen lehnen das Abkommen ab. Teile der | |
politischen Opposition sind gegen die Dschirga, wenn auch nicht gegen die | |
Truppenstationierung. | |
Da auch die Amerikaner kaum Zugeständnisse machen werden, könnte sogar der | |
Beginn der Dschirga noch infrage stehen, wenn es keinen Entwurf gibt, den | |
man diskutieren kann. Das Votum wird erst für Samstag erwartet, so dass | |
noch Zeit zum Verhandeln ist. | |
21 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Thomas Ruttig | |
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