# taz.de -- Lockerung der Filibuster-Regelung: US-Demokraten wagen Tabubruch | |
> Die Demokraten im US-Senat haben die sogenannte Filibuster-Regel | |
> gelockert. Damit soll die Blockadepolitik der Republikaner erschwert | |
> werden. | |
Bild: Obama reicht es: Seit seinem Amtsantritt wurden fast 30 seiner Kandidaten… | |
WASHINGTON afp | Aus Frust über die Blockadehaltung der Republikaner haben | |
die Demokraten im US-Senat in einem beispiellosen Schritt die sogenannte | |
Filibuster-Regel gelockert. Das Verfahren ermöglicht der Minderheit in der | |
Kongresskammer, ungeliebte Entscheidungen mit Dauerreden zu verhindern oder | |
zumindest aufzuschieben. Die Demokraten im Senat sorgten am Donnerstag | |
dafür, dass bei den meisten Personalfragen ein Filibuster künftig mit | |
einfacher Mehrheit ausgehebelt werden kann. | |
Das Vorgehen der Demokraten stellt einen Tabubruch dar. Der Filibuster | |
erscheint zwar als kuriose Eigenart des politischen Systems der USA, gilt | |
als Machtinstrument für die Minderheit aber eigentlich als unantastbar. Die | |
Regelung basiert auf dem unbegrenzten Rederecht, das Volksvertretern im | |
Senat zusteht. Dieses Recht haben Senatoren in der Geschichte immer wieder | |
dazu genutzt, unliebsame Gesetze zu torpedieren oder eine Nominierung zu | |
verhindern. | |
Für die parlamentarische Guerilla-Taktik bürgerte sich der Begriff | |
Filibuster ein, der sich von einem französischen Wort für Freibeuter – | |
„flibustier“ – ableitet. Seit einer Änderung der Verfahrensregeln vor | |
einigen Jahren reicht heute schon die bloße Androhung einer | |
Marathonansprache, um den Gesetzgebungsprozess lahmzulegen. Um die Blockade | |
zu brechen, mussten traditionell 60 der hundert Senatoren für ein Ende des | |
Filibusters votieren. | |
Die Demokraten von Präsident Barack Obama haben im Senat die Mehrheit, | |
allerdings liegen sie unter der Schwelle von 60 Stimmen. Die Republikaner | |
wiesen zuletzt mehrere von Obama vorgeschlagene Kandidaten für hohe | |
Richter- und Behördenposten per Filibuster zurück. | |
Der demokratische Mehrheitsführer Harry Reid ließ die Blockaderechte der | |
Minderheit nun in einem komplexen Vorgang beschneiden: Zunächst machte Reid | |
am Donnerstag von einem Sonderrecht namens „nukleare Option“ Gebrauch, das | |
Verfahrensänderungen mit einfacher Mehrheit ermöglicht. Anschließend | |
billigte der Senat mit 52 zu 48 Stimmen die neuen Filibuster-Regeln. | |
## Die Republikaner kochten vor Wut | |
Nicht betroffen von den neuen Filibuster-Regeln sind allerdings | |
Nominierungen für Richter des Supreme Courts und die allgemeine | |
Gesetzgebung, für die weiter die 60-Stimmen-Hürde gilt. Die Republikaner | |
kochten dennoch vor Wut. „Das ist eine Machtergreifung“, sagte Senator | |
Lamar Alexander. „Das ist ein weiteres parteipolitisches Manöver, das der | |
Demokratischen Partei erlaubt, das zu tun, was sie will.“ Der | |
Republikaner-Führer im Senat, Mitch McConnell, erinnerte daran, dass die | |
Demokraten sich einer Änderung der Regeln stets widersetzt hätten, als sie | |
noch in der Minderheit gewesen seien. | |
Obama warf den Republikanern dagegen eine „rücksichtslose“ Blockadepolitik | |
vor. „In den vergangenen fünf Jahren haben wir ein noch nie dagewesenes | |
Muster der Blockade im Kongress gesehen“, sagte der Präsident. Der Schritt | |
sei notwendig gewesen, damit er und seine Nachfolger ihren | |
„verfassungsmäßigen Pflichten“ nachkommen könnten. | |
Obama beklagte, dass seit seinem Amtsantritt im Januar 2009 fast 30 | |
Kandidaten für hohe Richter- und Behördenposten per Filibuster verhindert | |
worden seien. In den sechs Jahrzehnten zuvor seien insgesamt nur 20 | |
Nominierungen auf diese Art gescheitert. | |
„Mit der Abstimmung heute haben wir gezeigt, dass wir auf der Seite der | |
Problemlöser stehen“, sagte Reid. Der Spitzendemokrat im Senat erklärte, | |
dass in der 230-jährigen Geschichte der USA insgesamt 23 Vorschläge für | |
Richterstellen an Bundesbezirksgerichten abgeblockt worden seien – davon | |
seien allein 20 Fälle in Obamas Präsidentschaft gefallen. | |
22 Nov 2013 | |
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