# taz.de -- Gesundheitsreform in den USA: Obamas „Katrina“-Debakel | |
> Zwei Monate nach ihrem Start scheint die Webseite der von Präsident Obama | |
> initiierten Gesundheitsreform endlich zu laufen. Doch das hat ihn einiges | |
> gekostet. | |
Bild: In den USA endlich zugänglich: Die Vermittlungswebsite healthcare.gov | |
WASHINGTON taz | Mit zwei Monaten Verspätung funktioniert die | |
Gesundheitsreform-Webseite der US-Regierung seit dem 1. Dezember fast so | |
gut wie ursprünglich geplant. Nach Angaben der Krisenmanager und | |
Internet-ExpertInnen, die das Weiße Haus in den letzten Wochen angeheuert | |
hat, ist die Seite fortan 90 Prozent der Zeit online im Einsatz und kann | |
bis zu 800.000 SurferInnen pro Tag bedienen. | |
Eile ist geboten: Denn schon am 23. Dezember läuft die Einschreibefrist für | |
jene ab, die am 1. Januar 2014 eine neue Krankenversicherung brauchen. Und | |
bis März möchte die Regierung, dass sieben Millionen zusätzliche | |
Versicherungen über die Webseite abgeschlossen werden. | |
Der Start der Webseite [1][healthcare.gov], auf der Menschen in den USA | |
erstmals die Preise und Leistungen verschiedener Krankenversicherungen | |
vergleichen und die Höhe der Zuschüsse sehen können, die ihnen zustehen, | |
war eine Pannenserie. Die meiste Zeit war die Webseite abgestürzt und nicht | |
zugänglich. In der übrigen Zeit schmiss sie SurferInnen heraus. Sendete | |
unerklärliche Fehlermeldungen. Und nahm kaum Anträge auf Versicherungen an. | |
Ende Oktober, nach einem Monat Laufzeit hatten nur knapp 27.000 Personen es | |
geschafft, eine Versicherung zu bekommen. | |
Der politische Schaden ging weit über die technischen Probleme hinaus: Die | |
RepublikanerInnen, die von Anfang an versucht haben, Obamas | |
Gesundheitsreform zu verhindern, nutzten das kalamitöse Funktionieren der | |
Webseite als zusätzliches politische Argument. | |
## Versperrter Weg | |
Und eine wachsende Gruppe von demokratischen Kongressabgeordneten, die die | |
Reform bis dato verteidigt hatten, drohten Obama, dass sie ihm ihre | |
Unterstützung entziehen würden. Obama büßte Popularität ein. Und | |
JournalistInnen verglichen sein Healthcare.gov-Debakel mit George W. Bushs | |
Management des Sturms Katrina. | |
Ursprünglich war es das Ziel der Gesundheitsreform, einer Mehrheit der 48 | |
Millionen Nicht-Versicherten in den USA eine Krankenversicherung zu | |
verschaffen. Stattdessen versperrte die Internetbörse seit Anfang Oktober | |
Versicherungswilligen den Zugang zu Versicherungen. | |
Erschwerend kam hinzu, dass gleichzeitig die Versicherungsgesellschaften | |
rund vier Millionen alte Krankenversicherungen kündigten, weil die alten | |
Verträge den neuen Bedingungen der Gesundheitsreform nicht mehr genügen. | |
Unter dem Eindruck der Internet-Pannen musste Obama mehrere in der | |
Gesundheitsreform vorgesehene Fristen verlängern. | |
Die ComputerexpertInnen haben haben von den bekannten 600 Start-Fehlern der | |
Webseite bislang 400 repariert. Am Montag benutzten nach Regierungsangaben | |
mehr als 750.000 Personen die Seite – anscheinend ohne Komplikationen. | |
Jeff Zients, ehemals Wirtschaftsberater im Weißen Haus, den Obama als | |
Krisenhelfer für Healthcare.gov erneut angeheuert hat, spricht von einem | |
Unterschied wie „Tag und Nacht“ zwischen Oktober und heute. Er kündigt an, | |
dass die verbleibenden Probleme in den nächsten Wochen behoben werden. | |
## Versicherungen klagen über lückenhafte Daten | |
Doch am „hinteren“ Ende der Webseite, wo die Versicherungen sitzen, | |
scheinen die Probleme weiterhin massiv zu sein. Am Montag beklagten | |
SprecherInnen von Versicherungen, dass sie nur lückenhafte Daten über ihre | |
neuen Versicherten erhalten. Und sie sprechen von dem Risiko, dass | |
Menschen, die sich jetzt elektronisch einschreiben, im Januar beim Arzt | |
feststellen, dass sie gar nicht versichert sind. | |
Es war ambitiös, den Zugang zu der Gesundheitsreform allein über das | |
Internet zu gestalten. Aber 14 US-Bundesstaaten, die kleinere Webseiten für | |
diesen Zugang eingerichtet haben, waren damit relativ erfolgreich. Schon im | |
ersten Monat schafften ihre Seiten 80.000 neue Versicherte. Die | |
Pannen-Seite der US-Bundesregierung aber ist für die Menschen in 36 | |
Bundesstaaten zuständig, all jene Staaten, wo die lokalen Regierungen | |
nichts tun, um die Gesundheitsreform umzusetzen. | |
Seit Oktober hat die US-Regierung zusätzlich Telefonzentralen für den | |
Zugang zu Krankenversicherungen eingerichtet. Außerdem hält die Gruppe | |
„Enroll America“ im Dezember – oft gegen den Widerstand örtlicher | |
PolitikerInnen – landesweit Tausende von Börsen ab, um Informationen und | |
Versicherungen unter das Volk zu bringen. | |
Seit die Webseite besser funktioniert, konzentrieren die RepublikanerInnen | |
ihre Kampagne auf andere Teile der Gesundheitsreform. Unter anderem | |
interessieren sie sich neuerdings für den Datenschutz, der dadurch in | |
Gefahr sei. Sie prognostizieren, dass viele Versicherte ihre bisherigen | |
ÄrztInnen nicht behalten können. Und dass die Beiträge steigen werden. | |
3 Dec 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.healthcare.gov | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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