# taz.de -- Bundeswehr bildete Somalier aus: Training in den Tropen | |
> Drei Jahre lang bildete die Bundeswehr somalische Soldaten in Uganda aus. | |
> Nun zieht die Mission nach Somalia. Die Deutschen dürfen nicht mit. | |
Bild: Hauptmann Malte (r.) mit seinem Azubi. | |
BIHANGA taz | Hauptmann Malte packt seine Kisten: Uniform, Wäsche, | |
Zeitschriften, Bücher, Sportsachen. Viel hatte der 35-jährige Zeitsoldat | |
der Bundeswehr in seinem Auslandseinsatz im ostafrikanischen Uganda nicht | |
dabei. Seit August war er mit fünf Kameraden im Militärtrainingslager | |
Bihanga in Westuganda stationiert. Jetzt wird die Mission abgewickelt. Am | |
Mittwoch geht’s zurück ins kalte Deutschland. | |
Hauptmann Malte hat in den vergangenen sechs Monaten in Uganda somalische | |
Soldaten im Umgang mit Zivilisten ausgebildet. Anhand von Rollenspielen im | |
freien Feld hat er den somalischen Rekruten beigebracht, „dass man nicht | |
sofort auf alles schießt, was sich bewegt“. Das habe ihm wahnsinnig Spaß | |
gemacht, nickt Malte mit leuchtenden Augen. „Wir haben viele positive | |
Reaktionen bekommen, was unsere Methoden anbelangt, die waren nur | |
Frontalunterricht gewöhnt“, sagt Malte. | |
Der große, kräftige Mann mit den blauen Augen und dem Rauschebart dreht | |
sich noch einmal in seiner Stube um. Nur noch wenige Habseligkeiten liegen | |
herum. Zahnbürste und Computer brauche er noch, die Dutzenden leeren | |
Colaflaschen wandern in den Müll. | |
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verlässt Fallschirmjäger Malte | |
Uganda. Es war der siebte Auslandseinsatz für ihn. Darunter sei Uganda eine | |
Art „Bonbon“ gewesen: „Hier in Bihanga gibt es zwar keine Kneipen, keine | |
Disco, keinen Supermarkt, dafür ist es angenehm ruhig und so gut habe ich | |
noch nie geschlafen“, lacht Malte durch seinen Rauschebart. | |
Vor seiner Stube zwitschern knallgelbe Sperlinge im Baum. Zwischen den | |
relativ neuen Baracken, der Kantine und den Duschräumen blühen rote, lila | |
und pinke Blumen. Palmen und Mangobäume wachsen in die Höhe. Jenseits des | |
Hindernisparcours und des Schießstandes geht die Sonne wie ein roter | |
Feuerball hinter den grünen Hügeln unter. | |
## Freizeitbeschäftigung: „Pizzaabend“ | |
Die Trainingsmission in den Tropen – ein Sahnehäubchen nach den | |
gefährlichen Einsätzen in Bosnien und Afghanistan. Selbst von der | |
gefürchteten Malaria seien die Ausbilder verschont geblieben. | |
Neben den Schlafbaracken, die 2010 errichtet worden waren, weht am Eingang | |
der Krankenstation die deutsche Flagge. Auch hier herrscht geschäftiges | |
Treiben: Die gesamte Krankenhausausrüstung, die modernste in ganz Uganda, | |
muss sorgfältig in grüne Kisten verpackt werden. Nur die Notversorgung, | |
also der Defibrillator, das Beatmungsgerät, Pflaster, Sportsalbe und | |
Kopfschmerztabletten liegen noch griffbereit im Regal. | |
Der Wochenplan hängt noch an der Wand: „Italienischer Pizzaabend“ ist als | |
Freizeitbeschäftigung für das vergangene Wochenende eingetragen – eine | |
Abschlussparty, denn so schnell werden die Deutschen ihre französischen, | |
irischen, spanischen und italienischen Kameraden nicht wieder sehen. | |
## Gut gelaufen, sagen die Europäer | |
Während diese nach dem Weihnachtsurlaub in ihrer Heimat nach Somalia | |
weiterreisen, um dort das Training der somalischen Offiziere | |
weiterzuführen, werden die Deutschen nach Hause geschickt. Eine doofe | |
Situation, denn bislang stellten die Deutschen den Kommandanten des | |
Trainingslagers. | |
Auf der Veranda mit der Lager-eigenen Kneipe und dem Billardtisch ziehen | |
die Bundeswehrsoldaten nach dem Abendessen beim Bier Bilanz. Gut sei es | |
gelaufen, vor allem der Zusammenhalt unter den europäischen Trainern sei | |
hervorragend gewesen. Ein Beweis, dass auch eine europäische Streitkraft | |
praktisch funktioniere. | |
Auch die Ausbildung der Somali sei ein „voller Erfolg“, so der deutsche | |
Bihanga-Kommandant Oberstleutnant Thomas Spurzem: „Als die hierherkamen | |
waren es Kämpfer, die eine Waffe in der Hand hatten und um sich schossen. | |
Wir haben Struktur reingebracht und erklärt, wie man als Einheit | |
funktioniert.“ Darauf könne man jetzt in Somalia aufbauen. | |
## „Ich will mein Volk beschützen“ | |
Am nächsten Morgen, der somalische Leutnant Ahmed Nur hat seine Stiefel | |
poliert. Die Uniform sitzt ordentlich um die dürren Hüften des 22-Jährigen. | |
Aufgeregt wartet er mit seinen Kameraden im Schatten eines Mangobaumes, um | |
sich zur Parade aufzustellen. Er ist bereits zum zweiten Mal im ugandischen | |
Trainingslager. 2012 hatte er hier seine Grundausbildung absolviert. Jetzt | |
wurde er als Zugführer wieder hergeschickt, um seine Führungsfähigkeiten zu | |
stärken. | |
Nur ist glücklich, nach Hause zu fliegen: „Das macht uns stolz, wenn wir | |
als Armee unser Land endlich wieder selbst verteidigen können“, sagt er. | |
Warum er Soldat geworden sei? „Es gibt sonst nicht so viele Berufe in | |
Somalia und ich will mein Volk beschützen“, sagt er. | |
Drei Propellerflugzeuge landen auf einer sandigen Landepiste, die als | |
Flugplatz genutzt wird. Portugiesische, irische und somalische Generäle, | |
EU-Vertreter, Botschafter und ein Abgesandter der US-Navy steigen aus. Sie | |
alle nehmen auf der Tribüne Platz. Nur der ugandische Kommandant des Heeres | |
fehlt noch. | |
## Strammstehen in der Mittagssonne | |
Mit Pauken und Trompeten bläst die ugandische Militärkapelle den Takt an. | |
Im Stechschritt marschieren die rund 150 somalischen Soldaten hinterher, | |
gefolgt von ihren europäischen Ausbildern. In Reih und Glied stehen sie in | |
der Mittagssonne stramm. Reden werden geschwungen, ein Pfarrer und ein Imam | |
murmeln Gebete. Auch Hauptmann Malte salutiert und betet in den Reihen. | |
Endlich landet ein ugandischer Militär-Hubschrauber, mitten im Gebüsch. Die | |
Leibwächter des Heereschefs David Muhoozi bahnen ihrem General einen Weg | |
durch das Gestrüpp. Mit Steinen und Stöcken werfen sie nach einer | |
Affenhorde, die sich spielerisch nähert. Kurz bevor die Parade zur | |
somalischen Hymne abmarschiert nimmt auch General Muhoozi auf der Tribüne | |
Platz. Jetzt kann es offiziell losgehen. | |
Dann zückt Hauptmann Malte die Mappe mit den Trainingsurkunden. Mann für | |
Mann schreitet er die Reihen seiner Schützlinge entlang. Auch dem | |
somalischen Leutnant Nur schüttelt Malte lächelnd die Hand: „Herzlichen | |
Glückwunsch“, sagt er als er Nur seine Auszeichnung übergibt. Dieser nickt | |
und lächelt stolz. Dann wird im Stechschritt abmarschiert. | |
10 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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