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# taz.de -- Orient-Expertin über Flüchtlingswege: „Das Meer wird zu einem F…
> Die Orient-Expertin Nora Lafi fordert mehr Austausch zwischen Europa und
> dem Maghreb. Denn die Zukunft liege im meditarranen Raum.
Bild: Flüchtlinge aus der Maghreb-Region auf einem Schiff der spanischen Küst…
taz: Frau Lafi, Sie und Ihre Kollegen vom Forschungsprojekt Transmed haben
einen offenen Brief an Frau Merkel und mehrere EU-Politiker geschrieben.
Warum?
Nora Lafi: Auf dem Mittelmeer sterben ununterbrochen Menschen, sterben
Kinder. Das ist ein Desaster für Europa. Das Meer, das einst einen
Kulturraum verband, wird zu einem Friedhof. Wir wollen das nicht mehr
länger hinnehmen.
Ihr Projekt heißt „Transmed“. Worum geht es dabei?
Transmed wurde 2011 initiiert von den Professoren Frank Hoffmann, Gunter
Gebauer und Markus Messling. Inzwischen sind wir 13 Kultur- und
Sozialwissenschaftler aus Europa, Nordafrika und dem Nahen Osten, die alle
zu Themen des Mittelmeerraums forschen. Transmed war durch die Revolutionen
in den arabischen Ländern inspiriert – die Ereignisse dort, aber auch die
Reaktionen vonseiten der EU haben uns sehr beschäftigt. Ausgangspunkt
unserer Initiative war das Jubiläum des Deutsch-Französischen Jugendwerkes
(DFJW).
Das wurde jetzt 50 Jahre alt.
Das Jugendwerk ist ein großer Erfolg. Deutschland und Frankreich empfinden
sich heute nicht mehr als Feinde, in Europa führen die Staaten keine Kriege
mehr gegeneinander. Aber gleichzeitig werden neue Feindbilder aufgebaut,
neue Mauern gebaut: Europa führt Kriege in Nordafrika, in Libyen, jetzt in
Mali. Die „anderen“, vor denen man sich fürchtet, sind heute die im Süden.
Die Erfahrungen des DFJW müssen genutzt werden, um Fremdenfeindlichkeit und
Vorurteile abzubauen – nur heute über das Mittelmeer hinweg.
Wie wollen Sie das erreichen?
Etwa dadurch, dass das Erasmus-Programm ergänzt wird: Das fördert sehr
erfolgreich den Austausch von Studierenden innerhalb Europas. Aber es gibt
derzeit keine Programme, die dasselbe in den Ländern des südlichen
Mittelmeeres ermöglichen – obwohl es ein sehr großes Interesse dafür gibt,
was in den arabischen Ländern geschieht. Deshalb fordern wir die
Einrichtung eines „Ibn Chaldun“-Programms für den akademischen Austausch
rund um das Mittelmeer. Und langfristig weitere Projekte: ein Programm, das
wie das DFJW auch den Austausch von Schülern und Lehrern und jungen
Berufstätigen fördert. Gemeinsame Medienprojekte wie Arte, die unabhängig
und mehrsprachig Kulturaustausch und Information über die Grenzen hinweg
ermöglichen.
Konservative Politiker würden fragen: Kehren die Besucher wieder nach Hause
zurück?
Die wenigsten Menschen verlassen freiwillig den Ort, den sie als Heimat
empfinden, wo ihre Familie ist, wenn nicht die Not sie dazu zwingt. Aber
junge Menschen um die 20 wollen reisen, die Welt erkunden, das ist in
Nordafrika nicht anders als in Europa. Aber anders als den jungen Europäern
verwehrt man ihnen das. Das schafft Ärger und Frustration, und auf dieser
Basis kann man keine freundschaftlichen Beziehungen aufbauen.
Der Kulturaustausch innerhalb Europas war politisch gewollt, er war in ein
politisches und ökonomisches Projekt eingebettet. Gegenüber den arabischen
Ländern gilt das Gegenteil: Europa schottet sich immer mehr ab.
Diese Abschottung ist fatal, auch für Europa. Über Jahrtausende war das
Mittelmeer ein Raum des Austauschs und der Vermischung von Menschen,
Kulturen und Ideen. Wir sind uns sicher: Die Zukunft Europas liegt in
diesem mediterranen Rau.
10 Dec 2013
## AUTOREN
Juliane Schumacher
## TAGS
Maghreb
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Orient
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