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# taz.de -- Kommentar Russland: Alle Wege führen nach Sotschi
> Die Boykottankündigungen aus dem Westen bringen nichts. Die Devise sollte
> stattdessen sein: Zeigt euch in Sotschi demonstrativ mit den Bedrohten.
Bild: Eher ein Grund zum Fernbleiben: Sotschi-Nippes.
Wladimir Putin ist schon in Siegerlaune. Dieses Jahr ist für den Kremlchef
famos gelaufen. Soeben hat er die Ukraine eingetütet und den Europäern en
passant gezeigt, wo der Hammer hängt. Sie sind aus Sicht des Präsidenten
ohnehin Schwächlinge und Vertreter einer untergehenden Kultur.
Längst bereitet sich Putin auf den nächsten Höhenflug vor. In Sotschi wird
er sich als Pantokrator aller Russen feiern und von den Medienlakaien in
die Welt versenden lassen. Sollte er da böse sein, wenn ein paar Gesandte
des „faulenden Europa“ den Spielen demonstrativ fernbleiben?
Auf den ersten Blick haben Boykottankündigungen und diplomatisches
Downgrading niemanden in Moskau beunruhigt. Dass es öffentlich nicht
thematisiert wird, macht jedoch stutzig. Sonst ist Kremlchef Putin dankbar
für jede antiwestliche Steilvorlage.
Es könnte Hochmut, Gleichgültigkeit oder auch die Gewissheit im Kreml sein,
dass der Westen beim business as usual bleibt und die Beziehungen keinen
Schaden nehmen. Allenfalls ein kleines Zugeständnis an die europäische
Befindlichkeit könnte die nun in Aussicht gestellte Haftentlassung von
Pussy-Riot-Künstlerinnen und Greenpeace-Aktivisten sein. Der Protest
schrumpft auf ein symbolisches Maß.
Für autoritäre Regime sind Großereignisse wie die Olympischen Spiele
Vehikel, um sich von ihrer besten Seite zu zeigen. Das war schon das Motiv,
als sich Russland bewarb und dem Kreml die Spiele 2007 zugesprochen wurden.
Auch damals trug Putin keine weiße Weste. Stattdessen nahm er die Erfahrung
mit, dass Moral auch im Westen eine knappe Ressource ist.
Den Spielen fernzubleiben zeugt von hehrer Haltung. Boykott hätte aber nur
Effekt, wenn er politische und wirtschaftliche Konsequenzen mit sich
brächte. Treten ein paar Würdenträger nicht an, ist bestenfalls ihnen damit
gedient. In Russland wird es kaum einer bemerken. Wenn doch, würde Putins
Propaganda daraus einen aus dem Westen gesteuerten antirussischen Feldzug
drechseln.
Die Devise sollte sein: Alle Wege führen nach Sotschi. Die erste Garde der
Politik müsste sich darum reißen, mit offenem Visier in einen Wettstreit
mit dem Kremlchef zu treten und sich demonstrativ mit Schwulen, politisch
Verfolgten, Lesben und bedrohten NGOs in aller Öffentlichkeit zu zeigen.
Das wäre dem Regime eine Lektion. Die erfordert aber Mut.
19 Dec 2013
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
## TAGS
Sotschi
Olympische Winterspiele 2022
Boykott
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Pussy Riot
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