# taz.de -- Gewalt in Hamburg: Hilflosigkeit und Aktionismus | |
> Das polizeiliche Gefahrengebiet in Hamburg bleibt bestehen. Vor dem | |
> Parlament gelingt es nicht, die Krawalle zwischen Polizei und Autonomen | |
> aufzuklären. | |
Bild: Damit fing es an: Jagdszenen im Schanzenviertel am 21. Dezember 2013. | |
HAMBURG taz | Die sofortige Aufhebung des „Gefahrengebiets“ rund um das | |
Hamburger Schanzenviertel fordern die dortigen Grünen: Seine Einrichtung | |
sei ein Akt „politischer Hilflosigkeit, die mit aktionistischen | |
polizeilichen Maßnahmen übertüncht werden soll“, kommentiert Antje Möller, | |
innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bürgerschaftsfraktion. | |
„Das schränkt die Rechte der Bevölkerung in dem betroffenen Gebiet | |
erheblich ein“, sagte Möller am Dienstag. „Wir müssen aber zu einer | |
vernünftigen politischen Diskussion zurückfinden.“ Innenbehörde und | |
Polizeiführung hätten auf einer Sondersitzung des Innenausschusses am Abend | |
zuvor keine überzeugenden Begründungen für ihr Vorgehen geliefert. | |
## Kein Umdenken | |
Innensenator Michael Neumann und Polizeipräsident Wolfgang Kopitzsch (beide | |
SPD) hatten in der viereinhalbstündigen Sitzung im Rathaus vor mehr als 100 | |
Zuhörern das größte je in einer deutschen Stadt ausgewiesene Gefahrengebiet | |
verteidigt. Seit Samstagmorgen darf die Polizei verdachtsunabhängig | |
Personen „anhalten, befragen, ihre Identität feststellen und mitgeführte | |
Sachen in Augenschein nehmen“, so der Gesetzestext. Dadurch würde weitere | |
Gewalt verhindert, so Neumann. | |
Seit dem Wochenende wurden mehr als 400 Menschen überprüft sowie | |
Schlagwerkzeuge, Böller und Hasskappen sichergestellt. Anlass waren die | |
Krawalle im Schanzenviertel am 21. Dezember sowie ein angeblicher Angriff | |
auf Polizeibeamte der Davidwache an der Reeperbahn am 28. Dezember. Dass es | |
diese Attacke gar nicht gegeben habe, hatte der Anwalt des besetzten | |
Stadtteilzentrums Rote Flora, Andreas Beuth, am Montag erklärt. | |
Die Polizeiführung hingegen beharrte vor dem Innenausschuss auf ihrer | |
Darstellung. Lediglich ein Detail müsse korrigiert werden: Ein Beamter sei | |
nicht direkt an der Davidwache schwer verletzt worden, sondern „von dem | |
flüchtenden Mob“ in einer etwa 200 Meter entfernten Seitenstraße. | |
## Wahrheit aus der „Bild“ | |
Dem CDU-Abgeordneten Ralf Niedmers gelang es immerhin, dem Ganzen eine | |
humoristische Seite abzugewinnen: Er kritisierte die Linken-Abgeordnete | |
Christiane Schneider unter Berufung auf die Bild-Zeitung. Darin habe „ein | |
hochrangiger Journalist“ berichtet, wie Schneider bei der Demonstration am | |
21. Dezember aus dem Schwarzen Block heraus „Haut ab, ihr Bullen“ rief. Und | |
Bild berichte „bekanntlich immer wahrheitsgemäß“, sagte Niedmers unter | |
höhnischem Gelächter aus dem Publikum. | |
Schneider fand das gar nicht witzig: Sie kündigte rechtliche Schritte gegen | |
das Boulevardblatt an: Dessen „Darstellung ist falsch, das kann ich | |
nachweisen“. Auch dem Abgeordneten Niedmers drohte Schneider mit dem | |
Rechtsweg – sollte er die „verleumderischen Äußerungen“ wiederholen. | |
SVEN-MICHAEL VEIT | |
7 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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