# taz.de -- Zentralafrikanische Republik: Rachefeldzüge der christlichen Miliz… | |
> In Bangui werden Geschäfte muslimischer Händler angegriffen, Moscheen | |
> zerstört. Ausländer reisen aus. Eine politische Lösung ist nicht in | |
> Sicht. | |
Bild: Wer kann, verlässt das Land. Andere versuchen, innerhalb Zentralafrikas … | |
BERLIN taz | In seiner letzten öffentlichen Erklärung hatte Michel Djotodia | |
Berichte über seinen bevorstehenden Rücktritt als Präsident der | |
Zentralafrikanischen Republik noch kategorisch dementiert und als | |
„Aufstachelung zum Hass“ bezeichnet. Dann legte er am Freitag auf dem | |
Gipfel im Tschad doch noch sein Amt nieder – und in der Hauptstadt Bangui | |
schuf sich der Hass freie Bahn. | |
Dutzende von Läden muslimischer Händler in Bangui sind seit Freitagabend | |
verwüstet worden und bis Samstagabend barg das Rote Kreuz mindestens sechs | |
Leichen, nachdem oppositionelle christliche Milizen auf Rachefeldzug gegen | |
die muslimische Minderheit gingen, aus der Djotodia stammt. „Wir wollen | |
keine Araber in Zentralafrika“, ließ sich ein Plünderer in Berichten | |
zitieren. „Die Muslime haben uns getötet und misshandelt, jetzt sind wir an | |
der Reihe“, ein anderer. Muslime berichteten gegenüber Reportern, sie | |
hätten in der Nacht SMS-Botschaften „Jetzt seid ihr dran“ erhalten. | |
In drei Stadtteilen wurden Moscheen mit Spitzhacken dem Erdboden | |
gleichgemacht – in einem kuriosen Echo des Wütens radikaler Islamisten in | |
Mali gegen Sufi-Heiligtümer im Sommer 2012. „Ich zerstöre im Namen Jesu“, | |
stand an der einzigen verbliebenen Mauer der zerstörten Moschee im | |
Stadtteil Bimbo, berichtete ein Reporter. | |
Die Oppositionsmilizen feierten den Rücktritt des verhassten Präsidenten, | |
dessen Machtergreifung – mithilfe der mehrheitlich muslimischen | |
Séléka-Rebellen aus dem Nordosten des Landes im März 2013 – sie nie | |
akzeptiert hatten. Die Séléka beging in Bangui Plünderungen und unzählige | |
Morde. | |
## Zufluchtsort Benin | |
Da die Feiernden sich im Laufe der Nacht zunehmend betranken, war es am | |
Samstag für die ausländischen Eingreiftruppen nicht mehr schwierig, für | |
Ruhe auf der Straße zu sorgen. Das französische Militär in Bangui hatte | |
allerdings nicht direkt gegen die Gewaltorgie eingegriffen. Inzwischen sind | |
so gut wie alle in Bangui lebenden Staatsangehörigen anderer afrikanischer | |
Länder, rund 60.000 Menschen, auf der Flucht vor dem xenophoben und | |
intoleranten Klima in der Stadt. | |
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) wollte am Wochenende | |
mit Evakuierungsflügen beginnen. Etwa 27.000 afrikanische Ausländer haben | |
Bangui bereits verlassen. Djotodia ist seit seinem Rücktritt nicht nach | |
Bangui zurückkehrt. Am Samstag flog er aus dem Tschad ins Exil nach Benin, | |
wo bereits seine Familie lebt. Das westafrikanische Benin ist kurioserweise | |
schon immer Zufluchtsort für exilierte Politiker und abgesetzte Präsidenten | |
aus der Zentralafrikanischen Republik gewesen. | |
Sowohl der von Djotodia 2013 gestürzte François Bozizé als auch dessen | |
Vorgänger Ange-Félix Patassé haben dort Zeit verbracht; Bozizé hatte dort | |
als Exilant in den 1980er Jahren eine protestantische Sekte namens „Kirche | |
des himmlischen Christentums“ als Filiale einer Beniner Sekte gegründet, | |
die er auch als Präsident noch weiterführte. Dies hatte dazu beigetragen, | |
den politischen Konflikten in Bangui die jetzige blutige religiöse | |
Dimension zu geben. | |
Die politische Zukunft der Zentralafrikanischen Republik ist völlig offen. | |
Höchster Mann im Staat ist jetzt der Präsident des Übergangsparlaments, | |
Alexandre Nguendet. Er muss nun ein Prozedere zur Wahl eines neuen | |
Übergangspräsidenten finden. Dies wird er nicht ohne internationale Hilfe | |
schaffen. Auch wenn Djotodia weg ist – die Séléka-Rebellen sind noch da. | |
Sie sitzen auch im Übergangsparlament und können mitbestimmen, anders als | |
die christlichen Milizen, die nun auf andere Weise eingebunden werden | |
müssen. | |
12 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## TAGS | |
Zentralafrika | |
Krieg | |
Milizen | |
Zentralafrikanische Republik | |
Gewalt | |
Zentralafrikanische Republik | |
Zentralafrikanische Republik | |
Zentralafrikanische Republik | |
Bangui | |
Zentralafrikanische Republik | |
Zentralafrikanische Republik | |
Mali | |
Zentralafrikanische Republik | |
Zentralafrikanische Republik | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Krise in Zentralafrikanischer Republik: Auf der Flucht vor den Milizen | |
Die muslimische Rebellenallianz Seleka verlässt die Hauptstadt Bangui. Mehr | |
als 30.000 Muslime sind bereits vor Massakern in den Tschad geflohen. | |
Zentralafrikanische Republik: Am Rande des Völkermords | |
Mit neuen Pogromen gegen Muslime in Bangui zeigen die christlichen Milizen | |
Stärke. Sie fordern die neue Präsidentin heraus. | |
Zentralafrikanische Republik: Eine Frau soll Bangui retten | |
Catherien Samba-Panza, die Bürgermeisterin der Hauptstadt, wird für eine | |
Übergangszeit Präsidentin. Keine leichte Aufgabe. | |
Zentralafrikanische Republik: Europa wagt sich vor | |
Vor dem Beschluss über einen EU-Militäreinsatz im Bürgerkriegsland am | |
Montag mehren sich die europäischen Truppenzusagen. Aber nicht aus | |
Deutschland. | |
Zentralafrikanische Republik: Machtvakuum in Bangui | |
Präsident und Regierungschef der Zentralafrikanischen Republik sind | |
zurückgetreten. Französische Panzer rücken in die Hauptstadt Bangui aus. | |
Zentralafrikanische Republik: EU-Schutztruppe für Bangui? | |
Während ein Afrikagipfel über die politische Zukunft des Landes spricht, | |
beginnen in Brüssel erste Beratungen über ein mögliches Eingreifen der EU. | |
Kommentar Flüchtlinge Zentralafrika: Der Hilferuf von Bangui an die Welt | |
In der Zentralafrikanischen Republik rennen viele um ihr Leben – gejagt von | |
Mordmilizen: Ihr Schutz gehört auf die Agenda der Weltpolitik. | |
Flüchtlingsdrama in Zentralafrika: Flughafen der Verzweifelten | |
In der Zentralafrikanischen Republik eskaliert die Gewalt. Millionen | |
Zivilisten brauchen Schutz. Französische und afrikanische Truppen sind | |
machtlos. | |
Zentralafrikanische Republik: Über eine Million auf der Flucht | |
In der Zentralafrikanischen Republik spielt sich neben Syrien das größte | |
Flüchtlingsdrama der Welt ab: Jeder Vierte hat seine Heimat verlassen. |