# taz.de -- Portugal will 85 Mirós versteigern: Moderne Konkursmasse | |
> Portugals Regierung will Kunstwerke von Joan Miró veräußern. Sie stammen | |
> aus dem Besitz einer bankrotten Bank. Viele Künstler im Land | |
> protestieren. | |
Bild: Der Startpreis für die Miró-Sammlung beläuft sich bei Christie’s auf… | |
Christie’s hat ein ganz besonderes Angebot für reiche Kunstliebhaber. | |
Anfang Februar will das Londoner Auktionshaus 84 Gemälde und eine Skulptur | |
des spanischen Künstlers Joan Miró (1893–1983) versteigern. Verkäufer ist | |
die portugiesische Regierung. Opposition und Künstler versuchen den Verkauf | |
zu stoppen. Sie sammeln Unterschriften. Sozialisten und Kommunisten | |
stellten einen Parlamentsantrag gegen „die Plünderung des nationalen | |
Vermögens“. | |
Die konservativ-rechte Parlamentsmehrheit von Premier Pedro Passos Coelho | |
stimmte den Antrag nieder. „Der Erwerb der Sammlung von Miró hat für den | |
Staat keine Priorität“, heißt es aus dem Kulturministerium, als müsse die | |
Sammlung erst noch erworben werden. | |
Tatsächlich gehören die Kunstwerke seit 2008 der portugiesischen Regierung. | |
Damals übernahm der Staat die bankrotte Portugiesische Handelsbank (BNP). | |
Diese hatte die Mirós zwei Jahre zuvor als Investition von einem | |
japanischen Privatsammler erstanden. Nach der Verstaatlichung der BNP | |
verschwanden die Werke in einem Safe. Ein Teil davon wurde 2009 im Museum | |
of Modern Art in New York ausgestellt. Die Portugiesen bekamen die | |
Sammlung, die Kunstkenner für eine der wichtigsten und größten | |
Miró-Sammlungen außerhalb Barcelonas halten, nie zu sehen. | |
Zwar verhandelte der Chef der BNP, José Oliveira Costa, 2007 mit dem Museum | |
für moderne Kunst – Museu Berardo – in Lissabon. Doch der Bankencrash und | |
die Verhaftung Oliveiras machten die Pläne für eine Ausstellung zunichte. | |
Der Startpreis für die Sammlung beläuft sich bei Christie’s auf 35 | |
Millionen Euro, und das, obwohl das Aktionshaus den Wert vor fünf Jahren | |
noch auf 150 Millionen schätzte. | |
## „Die Sammlung gehört uns“ | |
Die Sammlung habe „das Potenzial, Einkünfte zu erzeugen, die weit über dem | |
Verkaufspreis liegen, denn sie kann den internationalen Tourismus | |
anlocken“, heißt es in einem von den Künstlern rund um das Museum für | |
surrealistische Kunst, Casa da Libertade, in Lissabon geschriebenen Aufruf, | |
den bereits knapp 8.000 Menschen unterzeichnet haben. | |
„Ich verstehe, dass der Staat kein Geld für den Kauf von Kunstwerken hat“, | |
erklärt der Chef des Berardo-Museums, Pedro Lapa. „Aber diese Sammlung ist | |
bereits hier und sie gehört uns. Es muss nicht gekauft werden, sie wurde | |
bereits gekauft. Der portugiesische Staat kann nicht mit Kunst handeln, wie | |
dies ein Banker tun würde“, fügt er hinzu. | |
Selbst in der Logik der Regierung ist der Erlös der Sammlung nicht viel | |
mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Denn die Sanierung der BNP | |
kostete Portugal 700 Millionen Euro. Anschließend wurde das Geldinstitut | |
auf Druck aus Brüssel und des Internationalen Währungsfonds für 40 | |
Millionen an eine Bank aus Angola verkauft. | |
Der portugiesische Staat, der damals bereits unter den EU-Rettungsschirm | |
geflüchtet war, übernahm den nicht sanierbaren Teil der BNP in eine Bad | |
Bank. Portugals Steuerzahler wurden damit Eigentümer von faulen Krediten, | |
die von der Presse auf 7 Milliarden Euro geschätzt werden, und der 85 | |
Mirós. | |
21 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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