| # taz.de -- Fifa-Präsidentschaftswahl: Schmeichlers Offensive | |
| > Jérôme Champagne geht mit einem antielitären Programm in das Rennen um | |
| > die Fifa-Präsidentschaft. Aber will er wirklich Boss werden? | |
| Bild: Huhu, ich will auch mitmachen: Jérôme Champagne | |
| Eine Orange Karte soll es bald geben, eine Bestrafung irgendwo zwischen | |
| Gelber Karte und Platzverweis. Eine Denkpause von ein paar Minuten will | |
| Jérôme Champagne, der am Montag angekündigt hat, bei der anstehenden Wahl | |
| zum Fifa-Präsidenten im Juni 2015 zu kandidieren, den Spielern verpassen, | |
| die sich das Trikot beim Torjubel ausziehen und vergessen haben, dass sie | |
| gerade eine Gelbe Karte gesehen haben. | |
| Dies ist gewiss ein Vorschlag, mit dem Champagne, ein Fußballdiplomat, der | |
| einst ganz eng mit dem derzeitigen Amtsinhaber Sepp Blatter | |
| zusammengearbeitet hat, die Herzen etlicher Fußballfans gewinnen kann. Er | |
| schlägt außerdem vor, dass künftig nur noch der Kapitän das Recht haben | |
| soll, mit dem Schiedsrichter zu sprechen, und will die Dreifachbestrafung | |
| für torverhindernde Fouls im Strafraum abschaffen. | |
| Elfmeter, Platzverweis und Sperre seien zu viel, meint der Herr Kandidat, | |
| der ganz genau wissen wird, dass er mit diesen Ideen vielleicht Fanherzen | |
| gewinnen kann, aber lange noch keine Wahl zum Fifa-Präsidenten gewinnen | |
| wird. | |
| In dem Bewerbungsschreiben, das Champagne an die 209 Verbände, die in der | |
| Fifa organisiert sind, geschickt hat, geht es dann auch um das Große und | |
| Ganze, um die zukünftige Rolle der Fifa. Die soll gestärkt werden. Den von | |
| den Ligen aus England, Spanien, Deutschland und Italien dominierten | |
| europäischen Fußball möchte Champagne derart umformen, dass nicht mehr ein | |
| paar superreiche Klubs den ganzen Weltfußball dominieren, indem sie ihre | |
| Kader mit den besten Spielern aus aller Herren Kontinente bestücken. | |
| Er will einer Ausländerbeschränkung zu einem Comeback verhelfen und die | |
| Nationalmannschaften stärken. Das würde den Fußballverbänden zugutekommen, | |
| deren Macht durch die Kommerzklubs immer schwächer geworden sei. So manchem | |
| eitlen Funktionär könnte das schmeicheln. Champagne will die „Entwicklung | |
| der Wettbewerbe hin zum Elitären“ umkehren, wie es in seinem | |
| Bewerbungsschreiben heißt, und der „wachsenden Privatisierung des Fußballs | |
| zum Schaden der Verbandsstrukturen“ entgegentreten. | |
| ## Gut vernetzt in Afrika | |
| Damit kann Champagne bei den Verbänden, die sich als Opfer der Macht- und | |
| Geldkonzentration wähnen, gewiss punkten. Auch in den anderen Kontinenten | |
| dürfte die Kritik am überkommerzialisierten Fußball in Europa gut ankommen. | |
| In Afrika ist Champagne ohnehin gut vernetzt. Nachdem er als | |
| stellvertretender Generalsekretär der Fifa zunächst auf einen Beraterposten | |
| abgeschoben und 2010 entlassen wurde, war er unter anderem als Berater des | |
| kongolesischen Klubs TP Mazembe erfolgreich, der es 2010 als erster | |
| afrikanischer Klub in das Finale einer Klub-WM geschafft hat. | |
| Zunächst muss der 55-jährige Franzose, der für seine Heimatland als | |
| Diplomat gearbeitet hat, die erste Bewerbungshürde nehmen. Nach den | |
| Fifa-Statuten darf nur kandidieren, wer von fünf Verbänden unterstützt | |
| wird. Welche das sein könnten, keiner weiß es bis jetzt. | |
| Vielleicht tritt er ja auch gar nicht an, um zu gewinnen. Auf die Frage, ob | |
| er sich denn gegen den seit 1998 regierenden Sepp Blatter, der sich noch | |
| nicht entschieden hat, ob er sich als 78-Jähriger noch einmal zur Wahl | |
| stellen wird, ein Chance ausrechnet, verneinte er dies. Ist der ehemalige | |
| Blatter-Intimus nur ins Rennen gegangen, um Uefa-Boss Michel Platini, dem | |
| größten Anti-Sepp unter den wichtigen Fußballfunktionären, ein paar Stimmen | |
| zu klauen? | |
| Auch Platini werden Ambitionen auf das höchste Fußballamt nachgesagt. Ein | |
| Dreierwahlkampf wäre vor allem interessant, wenn sich Champagne mit einer | |
| seiner Ideen schon vor der Abstimmung durchsetzen könnte. Er fordert mehr | |
| Transparenz in der Fifa und plädiert für TV-Duelle der | |
| Präsidentschaftskandidaten. | |
| 21 Jan 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Rüttenauer | |
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