| # taz.de -- Syrienkonferenz in Genf: Der Traum von der Feuerpause | |
| > Die Friedenskonferenz hat begonnen. Regierung und Opposition sitzen | |
| > endlich im 1. Stock des UNO-Palasts. Und ab Samstag sogar in einem Raum. | |
| Bild: Kämpfer der Freien Syrischen Armee in Aleppo | |
| GENF taz | Das wäre doch mal was: Nach fast dreijährigem Bürgerkrieg | |
| vereinbaren die syrischen Konfliktparteien am Verhandlungstisch erstmals | |
| eine eintägige, auf Aleppo begrenzte Feuerpause, um die humanitäre | |
| Versorgung der notleidenden Bevölkerung zu ermöglichen. Selbst ein | |
| Minimalfortschritt bei den Genfer Syrienverhandlungen bereits an diesem | |
| Wochenende wäre eine Sensation. Sie würde weltweit mit großer Erleichterung | |
| aufgenommen. | |
| In den Medienberichten aus Genf wäre von einem „Durchbruch“ die Rede. Einem | |
| „ersten Erfolg“, der dann auch die nächsten Schritte des Friedensplans | |
| vorstellbarer machen würde, den der erste Syrienunterhändler von UNO und | |
| Arabischer Liga, Kofi Annan, bereits im Frühjahr 2012 vorgelegt hatte: | |
| dauerhaften Waffenstillstand, ungehinderten Zugang der Hilfsorganisationen | |
| im ganzen Land, Gefangenenaustausch, Aufhebung der Medienzensur, und | |
| schließlich auch eine Vereinbarung der syrischen Konfliktparteien über die | |
| politische Zukunft ihres Landes. | |
| Bislang ist es Annans Nachfolger Lakhdar Brahimi aber noch nicht einmal | |
| gelungen, die Regierungsdelegation aus Damaskus und die Vertreter des | |
| oppositionellen Syrischen Nationalrates (SNC) zu direkten Gesprächen an | |
| einen Tisch zu bekommen. | |
| Auch am Freitag saßen die beiden Delegationen immer noch in zwei getrennten | |
| Räumen im ersten Stock des Genfer UNO-Palasts. Dazwischen pendelte Brahimi | |
| wie bereits am Donnerstag hin und her, um die jeweiligen Positionen zu | |
| übermitteln und Chancen für erste Annäherungen auszuloten. Am Samstag | |
| sollen sie sich nun in einem Raum treffen. Aber man konnte sich weder auf | |
| eine Tagesordnung noch auf einen Ablauf künftiger Gespräche einigen. Die | |
| Oppositionsdelegation machte zur Vorbedingung für direkte Gespräche, dass | |
| die Regierungsdelegation zunächst die Vereinbarung der 1. Genfer Konferenz | |
| von Ende Juni 2012 „unterzeichnet“. | |
| ## Assad geht gar nicht | |
| Diese Vereinbarung sieht die Bildung einer „Übergangsregierung mit vollen | |
| Kompetenzen“ in Damaskus vor, deren Mitglieder von den Konfliktparteien „in | |
| gegenseitigem Einverständnis“ bestimmt werden sollen. „Das heißt, dass | |
| Präsident Assad unter keinen Umständen einer Übergangsregierung angehören | |
| kann“ , erklären unisono die Opposition und die USA. | |
| Nach der von Russland unterstützten Interpretation der syrischen Regierung | |
| ist mit der Vereinbarung von Genf 1 allerdings maximal „die Erweiterung der | |
| Regierung Assad zu einer Einheitsregierung unter Einbeziehung der | |
| Opposition“ gemeint, wie Vizeaußenminister Faisal Mekdad am Freitag in Genf | |
| erklärte. | |
| Eine Unterzeichnung der Genf-1-Vereinbarung lehnte Mekdad jedoch ab, und er | |
| drohte für den Fall, dass die Opposition weiter direkte Gespräche | |
| verweigert, mit der Abreise der gesamten Regierungsdelegation. Zumindest | |
| hielten sich beide Delegationen bislang an Brahimis Gebot, im UNO-Gebäude | |
| keine Flaggen oder andere offiziellen Symbole mitzuführen, die von der | |
| jeweils anderen Seite nicht anerkannt werden und diese provozieren könnten. | |
| Beide Konfliktparteien haben jeweils 16 Personen zu den Verhandlungen nach | |
| Genf entsandt. Unter Führung des langjährigen Außenministers Walid | |
| al-Muallim, vormals Botschafter Syriens in Washington, sind in der | |
| Regierungsdelegation Syriens New Yorker UNO-Botschafter Baschar Dschaafari, | |
| Assads Medienberaterin Luna al-Schibl, die Anglistikprofessorin Buthaina | |
| Schaaban, Muallims Vize al-Mekdad und Informationsminister Omran al-Sohbi. | |
| Letzterer kam erst nach Beginn des Bürgerkrieges in sein Amt und sorgte | |
| dafür, dass die Oppositionskräfte nach der Sprachregelung Assads in den | |
| Staatsmedien zumeist als „Terroristen“ bezeichnet werden. | |
| ## Geeint nur durch den Westen | |
| Bislang trat die syrische Regierungsdelegation in der Schweiz geschlossen | |
| auf. Allerdings fiel auf, dass Außenminister Muallim nach seiner harschen, | |
| völlig kompromisslosen Rede bei der Auftaktkonferenz in Montreux am | |
| Mittwoch und seinem rüden Verhalten gegenüber dem Konferenzvorsitzenden, | |
| UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon nicht bei der anschließenden | |
| Pressekonferenz seiner Delegation erschien. Stattdessen trat Botschafter | |
| Dschaafari in Montreux vor die Medien. | |
| Der syrischen Oppositionsdelegation gehören 16 Regimegegner verschiedener | |
| politischer und ideologischer Ausrichtung an. Sie eint kaum mehr als die | |
| Unterstützung, die sie aus dem Westen erhalten, sowie ihre grundsätzliche | |
| Bereitschaft, sich überhaupt auf Verhandlungen mit der Regierung | |
| einzulassen. Die meisten Delegierten sind Führungsmitglieder der vom | |
| Westen, der Türkei und einigen Golfstaaten unterstützten Nationalen | |
| Syrischen Allianz. Darunter sind neben NSA-Präsident Ahmed al-Dscharba | |
| mehrere kurdische Politiker, zwei Frauen sowie zwei Vertreter der Freien | |
| Syrischen Armee. Zur Delegation gehört auch der christliche Alt-Linke | |
| Michel Kilo. | |
| Was immer in Genf vereinbart werden wird, könnte von den drei | |
| islamistischen Gruppen sabotiert werden, die nicht am Verhandlungstisch | |
| vertreten sind, auf dem Schlachtfeld in Syrien aber immer mehr an Boden und | |
| Einfluss gewinnen und einen fundamental-islamistischen Staat anstreben. Und | |
| das sind unter anderem die beiden Al-Qaida-nahen Organisationen „Irakischer | |
| Staat im Irak und in Syrien (ISIS)“ sowie die von Katar und anderen | |
| Golfstaaten unterstützte Al-Nusra-Front und schließlich die „Islamische | |
| Front“, ein Zusammenschluss mehrerer islamistischer und salafistischer | |
| Milizen, die nicht al-Qaida nahestehen und von Saudi-Arabien unterstützt | |
| werden. | |
| 24 Jan 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Zumach | |
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