# taz.de -- Kommentar Redtube-Urteil: Abwarten und weiterstreamen | |
> Bei den Redtube-Abmahnungen korrigieren sich die Kölner Richter. Die | |
> Betroffenen haben nicht viel zu befürchten. Ist nun das Abmahnkartell | |
> dran? | |
Bild: Ob online oder offline: Streaming ist wohl doch nicht illegal. | |
Das Landgericht Köln versucht, seinen Ruf zu retten. Auf Widerspruch von | |
Betroffenen der Redtube-Abmahnungen [1][erklärt es nun] seine eigenen | |
Beschlüsse vom Vorjahr für rechtswidrig und räumt ein, dabei seien die | |
Grundrechte der Internet-User verletzt worden. | |
Die Richter hätten damals nicht erlauben dürfen, den IP-Adressen von | |
angeblichen Nutzern des Porno-Portals Redtube konkrete Namen und | |
Postadressen zuzuordnen. | |
Nun kann man dem Landgericht Köln zugutehalten, dass die Richter dort einer | |
Täuschung aufgesessen sind. Denn in den Anträgen war von „Downloads“ die | |
Rede, nicht von Streaming. Vermutlich hätte sonst kein Kölner Richter die | |
Identifizierung der IP-Adressen erlaubt. Schließlich ist das bloße | |
Streaming von urheberrechlich illegalen Angeboten nach herrschender | |
Auffassung nicht illegal. | |
Trotzdem bleibt natürlich ein Makel am Landgericht Köln hängen. Schließlich | |
war es nicht zwingend, auf den Schwindel hereinzufallen. Nur 62 von 90 | |
Anträgen auf Identifizierung (mit jeweils hunderten bis tausenden | |
Betroffenen) hat das Landgericht Köln stattgegeben. In den übrigen Fällen | |
sind gewissenhafte Richter misstrauisch geworden und haben nachgefragt, | |
weil das Konstrukt der Abmahn-Schwindler an vielen Stellen dubios war. | |
## Kölner Richter systematisch getäuscht | |
Die Vorgänge am Landgericht Köln sind also kein Beleg, dass ein | |
Richtervorbehalt eh nichts bringt, sondern dass er wachsame Richter | |
erfordert. Für die von Abmahnungen Betroffenen ist das nur ein geringer | |
Trost. Sie haben den Ärger und müssen seit Wochen überlegen, wie sie | |
vorgehen, um nicht am Ende die verlangten 250 Euro Abmahnkosten zahlen zu | |
müssen. | |
Nach derzeitigem Stand dürfte es wohl genügen, gar nichts zu tun. | |
Schließlich sind die Verantwortlichen der Schweizer Firma „The Archive“, | |
die angeblich die Rechte an den auf Redtube angebotenen Pornos hält, | |
abgetaucht. Sollte die Regensburger Anwaltskanzlei Urmann & Collegen aber | |
doch versuchen, im Namen von The Archive die Abmahnkosten einzuklagen, so | |
hätte sie wohl schlechte Karten. | |
Zwar besteht auch nach der Kölner Selbstkorrektur kein automatisches | |
Verwertungsverbot der identifizierten IP-Adressen. Es bestehen aber gute | |
Chancen, dass zumindest in den Redtube-Fällen nach Abwägung der Interessen | |
ein Verwertungsverbot angenommen wird. Schließlich geht es hier nicht um | |
Strafverfolgung, sondern um zivilrechtliche Ansprüche. Außerdem hat The | |
Archive die Kölner Richter wohl systematisch hinters Licht geführt. | |
## Nützliche Klarstellungen | |
Da alle Fälle ziemlich identisch sind, muss nun auch nicht jeder Betroffene | |
selbst Widerspruch gegen die Identifizierung seiner IP-Adresse einlegen. Er | |
kann sich vielmehr auf die jetzt vorliegenden Kölner Pilot-Urteile berufen. | |
Und selbst wenn die Identifizierung der IP-Adressen wider Erwarten für | |
verwertbar erklärt würde, so könnten die Abmahnkosten wohl doch nicht | |
erfolgreich eingeklagt werden, weil bei bloßem Streaming ja gar kein | |
Urheberrechtsverstoß vorliegt. Auch insofern sind die neuen Kölner | |
Entscheidungen, die dies klarstellen, nützlich. | |
Angesichts all dieser rechtlichen Hürden sind die vielen zehntausend | |
Abgemahnten in einer starken Position und können nun eher mit Interesse | |
verfolgen, ob und wie es dem Abmahn-Kartell mit Strafverfolgung und | |
Schadensersatzklagen an den Kragen geht. | |
Gemeint sind die Schweizer Firma The Archive und der Berliner Rechtsanwalt | |
Daniel Sebastian, der in Köln die Anträge auf Zuordnung der IP-Adressen | |
gestellt hat sowie ein Gutachter, der die ordnungsgemäße Funktion einer | |
Software bestätigte, die angeblich die IP-Adressen ermittelt hat. Und | |
natürlich die berüchtigten Anwälte von Urmann & Collegen, die zigtausende | |
Abmahnungen versandte. Sie sollten nicht davonkommen. | |
28 Jan 2014 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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