# taz.de -- Urlaubsangebote für Behinderte: Kiel im Rolli, Hannover am Stock | |
> Die Tourismusbranche entdeckt Menschen mit Behinderung als neue | |
> Zielgruppe. | |
Bild: Mit dem Rollstuhl an den Strand: Die Tourismusbranche hat Menschen mit Be… | |
Mit einem Fingerzeig das Menü bestellen ist im Hotel „Windschur“ in St. | |
Peter-Ording an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste kein Problem: | |
Viele der Beschäftigten beherrschen die Gebärdensprache, weil sie selbst | |
gehörlos sind. Das Haus, das vom Theodor-Schäfer-Berufsbildungswerk in | |
Husum betrieben wird, bildet Jugendliche mit Behinderungen aus und wirbt | |
ausdrücklich um den „körperlich eingeschränkten Gast“, der einen | |
„selbstbestimmten Aufenthalt auf hohem Niveau“ erwarten darf. | |
Kein Einzelfall: Angesichts steigender Zahlen von Menschen mit | |
Behinderungen hat die Tourismusbranche im Norden diese Zielgruppe entdeckt. | |
Hinzu kommen Ältere, deren körperliche oder geistige Kräfte nachlassen. So | |
hat im Dezember in Großenbrode am Fehmarnsund ein Hotel für Demenzkranke | |
und deren Angehörige eröffnet, und die Hallig Hooge bietet seit einigen | |
Jahren eine Navigationshilfe für Sehbehinderte. | |
Wer aber einen Urlaub mit Rollstuhl oder Blindenstock plant, klickt sich | |
zurzeit durch viele Seiten im Netz. Auch am Urlaubsort können unliebsame | |
Überraschungen wie Holperpflaster oder Kneipen ohne Behindertentoilette | |
warten. Die Tourismusagentur Schleswig-Holstein (TASH) hat im Frühjahr 2013 | |
das Projekt „Barrierefreier Tourismus in Schleswig-Holstein“ gestartet, das | |
nun eine Zwischenbilanz zieht. Ein Ziel ist eine bundesweite Datenbank, in | |
der Reisende mit Behinderung leichter und vergleichbar herausfinden können, | |
welche Orte für sie infrage kommen. | |
„Es gibt einige vorbildliche Hotels und Restaurants. Im bundesweiten | |
Vergleich hat Schleswig-Holstein noch Nachholbedarf“, sagte die | |
Projektkoordinatorin der TASH, Fenja Gengelazky. Auf den ersten Blick ist | |
das Nachbarland Niedersachsen aber ähnlich hilflos: So verweist die | |
offizielle „Reiseland Niedersachsen“-Website auf einen gedruckten | |
Stadtführer für Hannover, der unter anderem Angebote für Blinde und | |
Sehbehinderte auflistet – die allerdings einen Sehenden brauchen, der ihnen | |
die Texte vorliest. Immerhin hat die Landeshauptstadt ihre Broschüre für | |
Reisende mit Behinderung in leichte Sprache übersetzt. | |
## Eltern-Kind-Reisen nach Dänemark | |
In der Praxis kümmern sich meist die Betroffenen selbst oder ihre | |
Angehörigen darum, dass sie trotz schwerer Behinderungen Urlaub machen | |
können. Annemarie Keckstein, deren Tochter seit einem Unfall im Wachkoma | |
liegt, organisiert seit 2008 Eltern-Kind-Reisen nach Dänemark. Der Verein | |
„Unterwegs ohne Grenzen“ hat fast 2.000 Häuser in Kiel von der Arztpraxis | |
bis zum Kino auf Rollstuhl-Tauglichkeit getestet und in einem Stadtführer | |
aufgelistet. | |
Dabei wäre es eigentlich einfach, Behinderten einen Zugang zu bieten, sagt | |
Angelika Köster-Krohn, Geschäftsführerin des Landesverbandes für körper- | |
und mehrfachbehinderte Menschen in Schleswig-Holstein. Anbieter könnten in | |
Ferienspaßprogrammen, bei Sport- oder Musikveranstaltungen darauf | |
hinweisen, dass Teilnehmer mit Behinderungen willkommen sind. „Heute trauen | |
viele sich oft gar nicht nachzufragen“, so Köster-Krohn. „Einfach um nicht | |
schon wieder einen Korb zu kassieren.“ | |
28 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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