| # taz.de -- Energiewende: Gegenwind für die Windstromleitung | |
| > Rot-grün regierte Nordländer beklagen Blockade der Stromtrasse nach | |
| > Süden. Aber auch in betroffenen Gemeinden regen sich erste Proteste. | |
| Bild: Von Wilster (Kreis Steinburg) in den Kreis Holzminden (und dann weiter bi… | |
| HMABURG taz | Manche nennen sie die Hauptschlagader der Energiewende: Eine | |
| neue Stromtrasse soll in Nord-Süd-Richtung fast die ganze Republik | |
| durchqueren, um norddeutschen Windstrom von Schleswig-Holstein über | |
| Niedersachsen nach Bayern zu transportieren. Dort soll er ausgleichen, was | |
| wegfällt, wenn 2022 mehrere süddeutsche Atomkraftwerke stillgelegt sind. | |
| Den jetzt vorliegenden Planungen zufolge startet die 800-Kilometer-Trasse | |
| bei Wilster in der Elbmarsch, läuft westlich an Elmshorn vorbei, quert die | |
| Elbe zwischen Wedel und Stade und läuft dann vorbei an Rotenburg, Verden | |
| und Walsrode. Östlich wird die sie – bei Burgdorf – an Hannover | |
| vorbeigeführt, um hinter Holzminden auf nordrhein-westfalisches Gebiet | |
| abzubiegen. Über Hessen geht es dann nach Bayern zum Endpunkt | |
| Grafenrheinfeld. | |
| ## Bayerische Blockade | |
| Kaum hatten die Netzbetreiber Tennet und TransnetBW am Mittwoch die Pläne | |
| für den Verlauf der Energieautobahn namens Südlink vorgelegt, formiert sich | |
| auch schon politischer Protest gegen das Milliarden-Projekt. Rechnen die | |
| Betreiber selbst mit zahlreichen Einwendungen betroffener Anlieger rechnen, | |
| gibt es zunächst im anlaufenden Trassenstreit Rückenwind von den | |
| Landesregierungen im Norden – und Gegenwind aus Bayern. | |
| In München hatte sich CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) – mit | |
| Blick auf die bevorstehenden Europa- und Kommunalwahlen – an die Spitze der | |
| Anti-Netz-Bewegung gestellt: Er forderte ein Planungsmoratorium für diese | |
| und zwei weitere Trassenpläne: Es solle geprüft werden, ob die neuen Netze | |
| nicht doch vielleicht überdimensioniert seien. | |
| „Wer die Energiewende will, muss auch neue Stromnetze umsetzen“, schickt | |
| dagegen Niedersachsen Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) Grüße gen Berlin | |
| und Bayern. Um sogleich einzuschränken: Das dürfe nicht „zu Lasten der | |
| Bevölkerung“ passieren. Sein Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) fordert | |
| gar ein „Machtwort“ von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und | |
| Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) gegen die bayerischen | |
| Blockade-Pläne. „Wer heute den Ausbaustopp fordert, stellt den Atomausstieg | |
| infrage und sabotiert die Energiewende“, so Wenzel an. Seehofers | |
| Querschüsse kosteten nur Zeit und Geld und brächten die Energiewende in | |
| Misskredit. | |
| Schleswig-Holsteins Regierungschef Torsten Albig (SPD) sprach sich derweil | |
| wider jeden Opportunismus aus: „Wir müssen den Menschen doch ehrlich und | |
| mit Arsch in der Hose sagen, dass der Ausstieg aus der Atomenergie auch | |
| Folgen hat.“ Seinem Umweltminister Robert Habeck (Grüne) zufolge sind die | |
| Gleichstrom-Autobahnen „die Energiewendeprojekte schlechthin“. Sie schüfen, | |
| so Habeck, überregional Versorgungssicherheit auf Basis erneuerbarer | |
| Energien schaffen. Eine unnötige Verzögerung bei ihrem Ausbau „verlängert | |
| nur die Lebensdauer von Atom- und Kohlekraftwerken“. | |
| Während auf Landesebene in Schleswig-Holstein und Niedersachsen also Dampf | |
| gemacht wird für die lange Leitung, kündigt sich auch im Norden Widerstand | |
| an: auf kommunaler Ebene dort, wo die Trasse verläuft. | |
| Als einer der Ersten meldete Peter Bohlmann (SPD), Landrat der Stadt Verden | |
| zu Wort: Da die Leitung den bekannten Plänen zufolge die Gemeinde | |
| Kirchlinteln durchkreuzt, will er, dass sie „zumindest“ unter die Erde | |
| kommt. „Mehr Erdkabel“ fordert auch Minister Wenzel: Er betont, die | |
| Verbindung müsse „möglichst weit entfernt von Siedlungen geführt“ werden. | |
| ## „Mehr Erdkabel“ | |
| Da Problem dabei: Erdkabel sind teurer als Hochspannungsleitungen auf | |
| Stelzen. Je mehr Metall verbuddelt wird, umso schneller laufen die | |
| Finanzplanungen aus dem Ruder. Es ist das erste Mal, dass ein Netzbetreiber | |
| seine Pläne für den Netzausbau in einer so frühen Planungsphase offenlegt | |
| und damit Bürgerbeteiligung einfordert. „Jemand muss anfangen zu sagen, da | |
| kann es lang gehen“ begründet Tennet-Geschäftsführer Lex Hartmann das | |
| Vorpreschen. | |
| „Der vorgeschlagene Trassenkorridor ist die Variante, die aus Sicht des | |
| Vorhabenträgers die Belange von Mensch und Natur ebenso wie die technischen | |
| und sicherheitsrelevanten Kriterien am besten berücksichtigt“, heißt es in | |
| einer Tennet-Stellungnahme. Hartmann ergänzt, die Masten würden 60 bis 70 | |
| Meter hoch werden, die Kosten lägen im „unteren einstelligen | |
| Milliardenbereich“. | |
| Dabei haben die Netzbetreiber gewaltigen Zeitdruck, wollen sie bis zum Ende | |
| des Atomausstiegs ihre lange Leitung gebaut haben: 2016 soll das | |
| Baugenehmigungsverfahren starten, 2022 das Netz in Betrieb gehen. | |
| 6 Feb 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Marco Carini | |
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