# taz.de -- Schwarze Initiativen in Europa: Vereint gegen „Afrophobie“ | |
> Schwarze Initiativen aus Europa haben sich in Berlin getroffen. Ihr Ziel: | |
> eine stärkere Vernetzung, um mehr Gehör in Politik und Medien zu finden. | |
Bild: Schon bei der Wohnungssuche kann die Hautfarbe zum Problem werden | |
BERLIN taz | Ein ständiges Ärgernis sind die unvermittelten | |
Polizeikontrollen. In Schweden etwa arbeitet die Polizei seit 2011 eng mit | |
den Strafvollzugs- und Ausländerbehörden zusammen, um illegale Einwanderer | |
besser aufspüren zu können, berichtet die Politologin Rudy Mengesha. Zu | |
ihrer Strategie gehörten Ausweiskontrollen aufgrund äußerer Merkmale. Davon | |
betroffen sind jedoch größtenteils Menschen, die ganz legal im Land leben. | |
Europaweit wächst die Kritik an dieser Praxis des sogenannten „Racial | |
Profiling“. | |
Um diesen Protest zu koordinieren, trafen sich schwarze Aktivistinnen und | |
Aktivisten aus ganz Europa jüngst in Berlin. Ziel des viertägigen Treffens | |
war es, einen Forderungskatalog an die Parteien und „Wahlprüfsteine“ zur | |
bevorstehenden Europawahl zu erarbeiten. Zudem diente es dem Austausch, der | |
Vernetzung und der gegenseitigen Stärkung. Es war das erste Treffen dieser | |
Art – und ein Ausdruck eines neuen Selbstbewusstseins schwarzer Initiativen | |
in Europa. | |
Eingeladen hatte die „Initiative Schwarze Menschen in Deutschland“ (ISD), | |
zusammen mit dem „European Network against Racism“ (Enar). Zum Abschluss | |
luden die Macher zum Pressebrunch, wo sie Auskunft über die Ergebnisse der | |
Konferenz gaben. Dort hatten verschiedene Arbeitsgruppen zu den Themen | |
„Recht“, „Bildung“, „Arbeit“ und „Asyl“ getagt. | |
Ein verbindendes Thema war die Diskriminierung im Alltag. „Über | |
strukturellen Rassismus wird innerhalb der Politik so gut wie gar nicht | |
gesprochen“, kritisierte die Politologin Jamie Schearer von der ISD. | |
„Anders als Sinti und Roma oder Juden sind Schwarze keine anerkannte | |
Minderheit in Europa.“ Deshalb gebe es keine gezielte Förderung und keine | |
Strategien für die Belange schwarzer Europäer. Etwas, das die ISD gerne | |
ändern möchte. | |
## Selbstermächtigung steht im Zentrum | |
Doch die Selbstorganisation schwarzer Initiativen steckt noch in den | |
Kinderschuhen. Der Aspekt der Selbstermächtigung stand deshalb im Zentrum | |
des Treffens. „Durch das Networking fühle ich mich sehr empowered“, befand | |
Rudy Mengesha, die sich in ihrer Heimat Schweden im „Panafrican Movement | |
for Justice“ engagiert. In Schweden gebe es den Begriff „afrophobia“, um | |
die Ablehnung von Menschen mit afrikanischem Hintergrund zu beschreiben, so | |
Mengesha. Diese wirke sich auf alle Lebensbereiche aus, von der Bildung | |
über die Wohnungs- bis zur Arbeitssuche. | |
Schwarze Initiativen fordern deshalb unabhängige Stellen, bei denen sich | |
Betroffene über polizeiliches Fehlverhalten beschweren können, und mehr | |
Vielfalt in den Behörden. Auch die Gesetze gegen Diskriminierung könnten in | |
vielen Ländern konkreter formuliert werden, finden sie. | |
An manchen Stellen gingen die Erfahrungen aber auch stark auseinander. „In | |
Ländern wie Spanien oder Italien hat die Flüchtlingsproblematik eine ganz | |
andere Dimension als in Mitteleuropa“, betonte die Berlinerin Miriam Ajayi. | |
Sie unterstützt die Forderung von Flüchtlingsinitiativen, die Asylregeln | |
der EU ganz abzuschaffen und stattdessen mehr Arbeitserlaubnisse zu | |
erteilen. „Wir wollen nicht um Dinge bitten, sondern das einfordern, was | |
uns zusteht“, erklärte sie selbstbewusst. | |
Politisches Gewicht haben die schwarzen Minderheiten europaweit bisher aber | |
kaum, dafür sind sie allein zahlenmäßig zu klein. Deshalb ging es bei dem | |
Treffen auch vorrangig darum, erst einmal die Community-Arbeit auszubauen | |
und Strukturen zu etablieren, um mehr Druck aufbauen und Einfluss auf die | |
Politik nehmen zu können. | |
21 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Katja Musafiri | |
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