# taz.de -- Die Wahrheit: Donutschwer mit Bär | |
> Unterwegs im Land der eingezäunten Möglichkeiten wird man schnell mal ins | |
> Weiße Haus eingeladen, wo Fressen und Gefressen werden auf der | |
> Tagesordnung steht. | |
Bild: Immer diese amerikanischen Bären, diese Bären ... | |
Bär und ich landen in Nordamerika, genauer gesagt in Südost-Nordamerika. In | |
Houston. Als wir aus dem Flugzeug steigen, muss ich husten. | |
„Dicke Luft“, denke ich. „Nicht nur dicke Luft“, sagt Bär und verrät … | |
dass die USA auch im Verdauungstrakt ein Global Player sind. „Echt? Ich | |
dachte, die Amerikaner streben nach Glück“, sage ich überrascht. Bär | |
schüttelt den Kopf und erklärt mir, dass die Amerikaner nicht nach Glück, | |
sondern viel mehr nach Macht, Fast Food, toten Taliban und deutschen | |
Handydaten streben. Wenige Schritte später sitzen wir in einem ziemlich | |
großen Auto. | |
„Hammer“, denke ich und frage Bär, warum das Auto Hummer heißt, aber Hamm… | |
ausgesprochen wird. „Weil es Hammer aussieht, aber Benzin schluckt wie ein | |
Hummer im Golf von Mexiko“, erwidert Bär. | |
„Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, denke ich, als ich Houstons | |
riesige Skyline sehe. „Das Land der eingezäunten Möglichkeiten“, sagt Bär | |
zwei Stunden später und zeigt auf einen Grenzzaun mitten in der Wüste. | |
Darin haben sich zwei kleine Mexikaner verfangen. Bär summt ein Lied: | |
„Adios Amigos“ von Tony Marshall. Im selben Moment kommt ein richtiger | |
Marschall um die Ecke, zieht seine Schrotflinte und schießt den beiden | |
Zaungästen ins Bein. „Fiesta Mexicana“, ruft Bär und zeigt auf einen | |
schwarzen Lederkoffer, der vor den Mexikanern liegt. „Huch, das kann er | |
doch nicht machen“, sage ich erschrocken. „Das ist voll ungerecht.“ – �… | |
ist Amerika“, sagt Bär. „Hier stirbt die Hoffnung immer zuerst.“ | |
„God bless you“, sagt der Marschall kurz darauf zu uns und reicht Bär den | |
Koffer durchs Fenster. „Blessphemie“, denke ich und beobachte, wie zwei | |
Geier sich an den Mexikanern zu schaffen machen. „Los Wochos“, sagt der | |
Marschall und verrät uns, dass die beiden Taco und Tortilla heißen. Die | |
Geier. „Sind waschechte US-Amerikaner. Die nehmen sich nur die | |
Filetstücke“, erklärt er und spuckt männlich einen Donut auf den staubigen | |
Wüstenboden. „Dann müssten sie eigentlich Hedge und Fonds heißen“, denke | |
ich. | |
## „Made in Germany“-Gespann | |
Drei Tage, 75 Schritte und sechs Kilogramm später, während David Hasselhoff | |
im Autoradio nach Freiheit Ausschau hält, stoppen wir unseren Hammer vor | |
dem Weißen Haus. Nachdem sich Bär eine Gummimaske über den Kopf gezogen | |
hat, blicke ich in das Gesicht von Angela Merkel. „Staatsbesuch“, sagt Bär | |
und reicht mir eine zweite Maske mit verkrampft fröhlichen Gesichtszügen. | |
Es ist das Gesicht von Flinten-Uschi, unserer Verteidigungsministerin. Als | |
„Made in Germany“-Gespann machen wir uns auf den Weg zum Haupteingang. Dort | |
werden wir von zwei buckligen Wachleuten gestoppt. | |
„Who are you?“, wollen sie wissen. „We are Germany“, sage ich und zeige… | |
Bär. „And this is Lord Merkel.“ Bär macht die Kanzlerinnen-Raute. „List… | |
we must talk to your president, it’s urgent. Hitler is alive. He calls | |
himself Sarrazin!“ Die beiden machen große Augen und winken uns durch. | |
„Zwei Dumme, kein Gedanke“, sagt Bär. | |
Zehn Minuten später stehen wir im Oval Office. Auf dem Schreibtisch des | |
Präsidenten klingelt ein rotes Telefon. „Wie im Film“, denke ich und nehme | |
den Hörer ab. „Hier ist Batman“, sagt eine tiefe Stimme. „Wirklich?“, … | |
ich verwirrt. „Ihr Europäer kauft uns auch alles ab“, sagt die Stimme auf | |
einmal in stereo. | |
Als ich zur Seite blicke, steht Barack Obama mit dem Mobiltelefon in der | |
Hand neben mir. Im Hintergrund spielt eine Bluesband die Titelmelodie von | |
„Django Unchained“. Obama beginnt zu weinen. „Was hat er?“, will ich | |
wissen. „Sollte er nicht eigentlich fröhlich lächelnd die Welt retten? So | |
wie Ronald McDonald in der Burger-Werbung. Oder wie die tapferen US-Drohnen | |
in Afghanistan?“ – „Das kann er nicht“, sagt Bär kopfschüttelnd. „In | |
Wirklichkeit ist US-Präsident sein wie Konsole zocken. Alles ist | |
programmiert und du hast im Grunde nur zwei Optionen: Krieg führen und | |
Rohstoffvorkommen ausbeuten. Oder Rohstoffvorkommen ausbeuten und Krieg | |
führen.“ | |
Obama guckt mich irritiert an. Ich gucke irritiert Bär an. „Offensichtlich | |
falsch gedacht“, denke ich und halte fürs Erste die Klappe. Endlich weiß | |
ich, wie sich „Von der Leyen“-Sein anfühlt. Und Weltpolitik im Allgemeinen. | |
Ein Bediensteter bringt Obamas Mittagessen ins Büro. Es gibt gebratenen | |
Geier. „Eine Delikatesse aus dem Süden“, erklärt Barack Obama und beißt | |
hungrig hinein. „So ist wohl das Leben“ denke ich zuletzt. „Fressen und | |
gefressen werden. Mal bist du Geier, mal bist du Grenzzaun. Aber hüte dich | |
verdammt nochmal davor, und das meine ich metaphorisch, hüte dich verdammt | |
nochmal davor, Mexikaner zu sein. Denn dann bist du wirklich am Arsch.“ | |
24 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Sven Stickling | |
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