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# taz.de -- Britische Amnestie für IRA-Kämpfer: Geheim begnadigt
> 187 ehemalige IRA-Terroristen wurden in der Amtszeit Tony Blairs
> begnadigt. Nun droht die Regionalregierung in Belfast daran zu
> zerbrechen.
Bild: Verfahren eingestellt: John Downey soll für den Tod von vier Soldaten ve…
DUBLIN taz | Die Vergangenheit hat Nordirland wieder einmal eingeholt. Die
Regionalregierung in Belfast droht zu zerbrechen. Der Grund dafür ist ein
geheimer Deal der britischen Regierung mit der Irisch-Republikanischen
Armee (IRA), der jetzt ans Licht gekommen ist. Demnach garantierte die
damalige Labour-Regierung von Tony Blair untergetauchten, aber noch nicht
verurteilten IRA-Mitgliedern schriftlich, dass sie keine Strafverfolgung zu
befürchten haben. Insgesamt wurde 187 Republikanern seit 2005 Immunität
zugesichert.
Man unterließ es allerdings, Scotland Yard davon zu informieren. Deren
Beamte verhafteten voriges Jahr John Downey, einen IRA-Mann aus der
nordwestirischen Grafschaft Donegal. Der 62-Jährige wollte vom Londoner
Flughafen Gatwick in den Urlaub nach Griechenland fliegen.
Ihm wird vorgeworfen, für den Bombenanschlag im Londoner Hyde Park
verantwortlich zu sein, bei dem 1982 vier Soldaten und sieben Pferde ums
Leben kamen. Richter Nigel Sweeney stellte das Verfahren im Old Bailey
vorigen Freitag jedoch ein, als Downey seinen Amnestiebrief vorlegte.
Veröffentlicht wurde das Urteil erst am Dienstag, nachdem die
Staatsanwaltschaft auf eine Berufung verzichtet hatte.
Nordirlands Premierminister Peter Robinson von der Democratic Unionist
Party (DUP) droht mit seinem Rücktritt. Damit würde die gesamte, aus fünf
Parteien bestehende Regierung stürzen. Robinson berief für Freitag das
Belfaster Parlament zu einer Notstandssitzung ein. Er verlangt nicht nur
eine Untersuchung der Fälle, sondern die Rücknahme der
Immunitätserklärungen.
## Amnestie gegen Regierungsbeteiligung
Das wird jedoch Sinn Féin, der politische Flügel der IRA, nicht hinnehmen.
Robinson sagte, er habe erfahren, dass einigen IRA-Leuten sogar das
königliche Privileg eines Gnadenakts zugestanden worden sei, was einer
Unschuldserklärung gleichkäme. „Wir stehen nicht am Rande einer Krise“,
sagte er. „Wir sind mitten drin. Das ist eine Krise.“
Auch im Jahr 2005 steckte Nordirland in der Krise. Die Bildung einer
Mehrparteienregierung drohte zu scheitern, weil die IRA ihr Waffenarsenal
nicht ausmustern wollte. Um sie dazu zu bewegen, sicherte die damalige
Labour-Regierung offenbar heimlich die Amnestie für untergetauchte
IRA-Mitglieder zu.
Sie galt aber nicht für die protestantisch-loyalistischen Organisationen.
Die haben sich inzwischen auch zu Wort gemeldet. Sie fordern, dass die
Amnestie auf ihre Mitglieder sowie auf Polizisten und Soldaten der
britischen Armee, die in zahlreiche Morde und Anschläge verwickelt waren,
ausgeweitet wird.
Premierminister David Cameron bezeichnete die Entscheidung des Gerichts,
das Verfahren gegen Downey einzustellen, als „absolut schockierend“. Er
sagte: „Ich verstehe die tiefe Wut der Menschen im ganzen Land über die
furchtbaren Ereignisse von 1982 und darüber, dass die dafür verantwortliche
Person nun nicht vor Gericht gestellt wird.“
Die Nordirland-Ministerin Theresa Villiers sagte, die Einstellung des
Verfahrens könnte „sehr schwerwiegende Folgen“ auf die Stabilität in
Nordirland haben. „Diese Regierung befürwortet keine Amnestie für
Terroristen“, sagte sie. Tatsache ist aber, dass die Tory-Regierung
ebenfalls 38 IRA-Mitgliedern Schutz vor Strafverfolgung zugesichert hat.
Der jüngste Amnestiebrief wurde 2012 ausgestellt.
28 Feb 2014
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
IRA
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