# taz.de -- Kolumne Liebeserklärung an ...: ... den Görlitzer Park | |
> Wie geht Deutschland mit Flüchtlingen um? Der Streit dauert an, zum | |
> Glück. Doch einige Einheimische haben ganz andere Probleme. | |
Bild: Männer, die sich im Park noch wohl fühlen können. | |
„Ich kann nachts nicht mehr durch den Park fahren!“, tönt es dieser Tage | |
empört aus Berliner Stuben und Redaktionen. Dem schwarzen Mann sei Dank. Er | |
lehrt die Weißen nicht nur das Fürchten, das wäre ja nichts Neues. Diesmal | |
hat er seine weißen Geschlechtsgenossen auf ein lange ignoriertes Problem | |
aufmerksam gemacht. Die Rede ist vom ältesten Grünflächengewerbe der | |
Menschheit: dem Handel mit bösen Suchtmitteln. | |
Für die meisten Frauen und Schwule ist es eine Selbstverständlichkeit, | |
schattiges Grün zu umgehen. Das ist nicht schön, aber es gibt Wichtigeres. | |
Für die sich bedroht fühlende weiße Männer-Spezies indessen drängt das | |
Problem neu auf die Agenda. | |
Weswegen sie, so liberal sie sind, nach der Ordnungskraft rufen. Der Park | |
muss gesäubert werden, und das mit dem illegalen Flüchtlingscamp auf dem | |
nahe gelegenen Berliner Oranienplatz muss auch aufhören. Wir wollen unseren | |
Park wieder und unsere Plätze, tagsüber und auch nachts. Wird die | |
Bewegungsfreiheit des Normsubjekts eingeschränkt, hört der Spaß auf. | |
## | |
Ob wir diese Herren glücklich machen können, wenn wir die Leute, denen das | |
Asylgesetz das Arbeiten verbieten, wieder in die Heime sperren? Ob dann der | |
Park wieder nur von Frauen und Schwulen umfahren werden muss, wenn’s | |
schattig wird – also alles wieder normal ist? Ob dann die vielen Touristen | |
keine Drogen mehr kaufen, sondern sich am O-Saft erfreuen? Ich wäre da | |
unsicher. | |
Natürlich besteht Handlungsbedarf, denn es gibt ein Problem und auch ein | |
Leiden in Deutschland – ja, auch im Görlitzer Park. Den weißen | |
Mittelschichtsmann betrifft es nicht. Aber der hätte jetzt die prima | |
Gelegenheit, nicht nur buchstäblich, sondern auch im übertragenen Sinn neue | |
Wege zu gehen und sich in Empathie zu üben. Der Kreuzberger Bürgermeisterin | |
und dem schwarzen Mann sei Dank. | |
22 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Ines Kappert | |
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